Die letzten Zeugen - Das Buc

LEO TSCHöLL


 
 

LEO TSCHöLL

wirkte in Ungarn, Kosice and Budapest

Eine Fälscher-Werkstätte und eine verlassene Villa für geflüchtete Juden

Dr. Leo Tschöll versteckte die Juden Robert Offner und Sabtaj Nemet, die 1944 aus dem Ghetto in Kosice geflüchtet waren, bei sich zuhause und stellte das von ihm gegründete Patentamt den beiden als Fälscherwerkstatt zu Verfügung. In Budapest verhalf Dr. Leo Tschöll 30 Juden zu einem Versteck in einer verlassen Villa. Auch organisierte er Schutzpässe, mit denen es ungarischen Juden gelang zu emigrieren.

Der Wiener Dr. Leo Tschöll war seit seiner Jugend antifaschistisch eingestellt. 1938, nach dem Anschluss, entschied er, Österreich zu verlassen und wanderte nach Jugoslawien aus, wo er in Belgrad ein eigenes Unternehmen aufbaute. Aber auch hier konnte er auf die Dauer nicht bleiben und als die Deutschen 1941 Jugoslawien besetzten, begab er sich nach Budapest. Er gründete erneut eine eigene Firma und hatte einen Besitz in Gödöllö.

1944 kamen die antisemitischen Pfeilkreuzler unter der Regierung Szalasis an die Macht und die Lage der ungarischen Juden verschlechterte sich. Sie waren einer ständigen Todesgefahr ausgesetzt, und viele wandten sich an Dr. Tschöll um Hilfe.

Er gewährte mehreren Juden auf seinem Besitz in Gödöllö Unterschlupf und versteckte sie vor den Pfeilkreuzlern, den ungarischen Nazis. Nach der Besetzung Ungarns durch die Deutschen, stellte er dem Sohn eines jüdischen Vertreters seiner Firma eine Druckerei zur Verfügung. Sie konnten so hunderte Dokumente für Juden fälschen, und ihnen damit ihr Leben retten.

Einer der von Dr. Leo Tschöll geretteten Juden, Hermann, erzählt, dass er bis 1944 in einem Arbeitslager in Ungarn war.  Es gelang ihm mit einigen Freunden aus der zionistischen Jugendbewegung aus dem Lager nach Budapest zu fliehen. Einem natürlichen Instinkt folgend, wandte er sich an Dr. Tschöll, den er als 14jähriger Junge in Kaschau kennengelernt hatte. Dr. Tschöll bot ihm sofort an, bei ihm zu wohnen, obwohl er wusste, dass der Bittsteller keinen gültigen Ausweis besaß, und dass seine Unterstützung ihm selbst zum Verhängnis werden könnte. Als er gemeinsam mit seinen Freunden aus der Jugendbewegung eine antifaschistische Untergrundzelle gründeten, nahm Dr. Tschöll aktiven Anteil an ihrer Tätigkeit. Ausweise und Schutzpässe wurden für die Mitglieder der Zelle in seiner Wohnung angefertigt. Er versorgte sie auch mit Lebensmitteln und es gab keinen jüdischen Flüchtling, dem er nicht Unterkunft in seiner kleinen aus eineinhalb Zimmern bestehenden Wohnung anbot. Hermann wurde verhaftet und entkam nur durch ein Wunder. Seine Kollegen und Dr. Tschöll wurden ebenfalls festgenommen und verhört. Hermann lebt heute in Israel.

Sogar als Dr. Tschöll Lebensgefahr drohte, setzte er seine Judenrettung uneingeschränkt fort. Er erhielt die Funktion eines Spezialkuriers des Schweizer Roten Kreuzes und des Vatikans und rettete in seiner Mission vielen Juden das Leben. Im Laufe dieser Tätigkeit gelang es ihm, mehrere Juden mit gefälschten Papieren aus Lagern zu befreien, sie bei Freunden und Bekannten unterzubringen und sie vor der Deportation nach Auschwitz zu retten.

Im Dezember wurden die illegalen Aktivitäten Tschölls aufgedeckt. Er tauchte unter.

Erst 1956 kehrte Leo Tschöll wieder nach Wien zurück. 

Quelle: Meisels (1996) "Die Gerechten Österreichs"
Siehe auch Gutman et al. (2005) „Lexikon der Gerechten unter den Völkern: Deutsche und Österreicher“

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