Die letzten Zeugen - Das Buc
Texte für LehrerInnen



Pädagogische Vermittlung des Themas Holocaust im Unterricht

Wir dürfen Ihnen hier zwei Texte anbieten, die uns von www.erinnern.at
zur Verfügung gestellt wurden.


Gedanken zur pädagogischen Vermittlung des Themas Holocaust im Unterricht


Text von Dr. Noa Mkayton, Jahrgang 1966, Leiterin des Desk für deutschsprachige Länder an der
International School for Holocaust Studies/Yad Vashem, Jerusalem.

Die Beschaffenheit des historischen Ereignisses Holocaust torpediert von vornherein jeden Versuch, ihn für Lernende kognitiv wie auch emotional zugänglich zu machen. Die Ermordung von sechs Millionen jüdischen Bürgerinnen und Bürgern inmitten europäischer Zivilisation ist buchstäblich unfassbar. Im Prozess der pädagogischen Vermittlung wählen wir die historischen Fakten aus und erstellen ein Narrativ, das dem Geschehenen sowohl Linie wie auch Bedeutung
verleiht. Es liegt dabei in der Verantwortung des Pädagogen, das Mosaikbild der Geschichte so authentisch wie möglich zusammenzulegen und manipulative Zugriffe zu vermeiden. Methodologisch konzentrieren wir uns auf die Vermittlung des gleichsam Unvermittelbaren durch das Medium einer individuellen Geschichte. Der Holocaust setzt sich zusammen aus den persönlichen Geschichten von Menschen – Geschichten von Opfern, Tätern und Zuschauern
bzw. Mitläufern.

1. Die Welt des jüdischen Opfers

In der pädagogischen Arbeit der International School for Holocaust Studies/Yad Vashem steht
die Personengruppe der Opfer, und hier wiederum das jüdische Opfer, im Zentrum der
Betrachtung. Dabei verfolgen wir ein doppelseitiges Anliegen: Den Lernenden sollen
Einzelschicksale präsentiert werden, um ihnen damit den emotionalen Zugang zu eröffnen und
die Möglichkeit zu ebnen, Empathie mit dem Opfer aufzubauen. Die Opfer hingegen sollen in
einen Raum kollektiver Erinnerung gestellt werden, der sie als Menschen birgt, als
Persönlichkeiten mit einer eigenen Vergangenheit, als Teil eines sozialen Netzes, mit Familie,
mit Neigungen und Abneigungen, Begabungen und Wünschen.
Um dies zu erreichen, betrachten wir im Unterricht

a. das Leben der Opfer, bevor sie zu solchen wurden, also vor dem Einsetzen der Verfolgung, Erniedrigung, Entmenschlichung und Ermordung:
Abgesehen davon, dass die Lernenden auf diese Weise das spätere Opfer im Vollbesitz seiner
menschlichen Würde kennenlernen und ihm daher den natürlichen Respekt entgegen bringen
können, den unser Gesellschaftssystem im weitesten Sinne dem Anderen gegenüber vorsieht,
ergibt sich durch das Studium der jüdischen Welt vor dem Holocaust ein nützlicher
pädagogischer Nebeneffekt: Die Lernenden werden gewahr, dass „die Juden“ eine durchaus
heterogene, vielfältige, facettenreiche Gruppe waren, die sich nicht in Kategorien wie
„fromm“, „wohlhabend“ und dergleichen einordnen lassen. Juden kamen und kommen aus
allen sozialen Schichten, verfügen über einen individuell gewählten Zugang zu ihrer Religion
und gehören den unterschiedlichsten beruflichen Sparten vom Arbeiter und Handwerker bis
zum Akademiker an.

b. das Leben der Juden während des Holocaust:
Auch für die Periode zwischen 1933 und 1945, in der die Juden Europas Opfer schrittweiser
Ausgrenzung und Demütigung und schließlich der physischen Vernichtung im Zuge der
sogenannten „Endlösung“ wurden, steht im Fokus unseres Interesses der jüdische Mensch als
denkende, handelnde, reagierende Person. Jüdisches Leben während der Jahre der
Verfolgung, und nicht jüdisches Sterben, steht im Mittelpunkt der Beschäftigung mit dem
Thema Holocaust im Unterricht.
Aus dieser Schwerpunktsetzung entstehen folgenden Leitfragen:
- Leben im Chaos
Welche Überlebensstategien entwickelten die Juden währdend der Zeit der Verfolgung? Wie
reagierten sie auf die einzelnen Maßnahmen der Enthumanisierung, denen sie ausgesetzt
waren? Wie sah ihr Leben von einem Tag zum anderen aus? Gab es für Juden so etwas wie
ein Alltagsleben während des Holocaust?
- Mensch bleiben
Mit welchen moralischen Dilemmata waren die Juden konfrontiert?
Die uns erhaltenen Dokumente und Zeugenaussagen führen uns vor Augen, wie die
Verfolgten auf verschiedenen Ebenen versuchten, ihre menschliche Würde zu bewahren, ein
Kulturleben aufrecht zu erhalten, religiöse Traditionen fortzuführen, innerjüdische Selbsthilfe
zu organisieren, sich im Widerstand – sei es auf ideeller, sei es auf praktischer Ebene – zu
engagieren und die Erziehung der jüngeren Generation zu gewährleisten.
Dem heutigen Betrachter dieser Dokumente wird der Blick in eine andere Welt eröffnet, eine
künstliche geschaffene, bewusst enthumanisierte Welt, die allen natürlichen
Lebensbedürfnissen zuwiderlief und als Interimsphase auf dem Weg in die endgültige
Vernichtung des europäischen Judentums geplant war. Entscheidungen, die die Männer,
Frauen und Kinder in dieser Welt trafen, sind unter keinen Umständen mit heutigen
Maßstäben zu messen. Unsere pädagogische Absicht ist hier vielmehr, aufzuzeigen, wie sich
die Menschen im Ghetto den moralischen Dilemmata stellten und in welche innere
Zerrissenheit sie gerieten, als sie verstehen mussten, dass sie in einer Welt ohne wirkliche
Alternative lebten, einer Welt der „choiceless choice“ (Laurence Langer).
Der Zugang, der den Schülerinnen und Schülern mit diesem Lernansatz eröffnet wird, soll
letztlich ein Verständnis dieser tragischen Konstellation und einen von Empathie getragenen
Blick auf die Opfer ermöglichen.

c. Überlebende des Holocaust nach 1945:
Der Überlebenskampf der Shearit Hapleita, des „Restes der Geretteten“, wie sie sich selbst
nannten, endete nicht in den Tagen der Befreiung im Frühling 1945. Die Überlebenden
mussten mit ihren traumatischen Erinnerungen ebenso zurecht kommen wie mit der
Zerstörung ihrer Lebenswelt. Die meisten jüdischen Überlebenden hatten kein Zuhause mehr,
in das sie zurückkehren konnten. Viele Familien waren nahezu komplett ausgelöscht. In
Osteuropa stießen Überlebende vielerorts erneut auf Hass und Ablehnung, es kam sogar zu
weiteren Pogromen.
- Wie war es ihnen überhaupt möglich, das Leben zu wählen?
- Wie wurde mit Rachegefühlen umgegangen?
- Welchen Beitrag leisteten und leisten Überlebende des Holocaust für die Gesellschaft?
- Welche Botschaft geben Überlebende an die Nachfolgegenerationen weiter?

2. Täter, Zuschauer, Retter

Der Holocaust ist eine Geschichte der Menschheit. Menschen haben dies Menschen angetan. Die
Täter waren also Menschen. Die Verbrechen, die sie begangen haben, waren möglich, weil
einzelne Menschen mit ihren Entscheidungen und Handlungen gemeinsam die Bedingungen für
die Ermordung der europäischen Juden geschaffen haben. Diese Tatsache hat moralische und
pädagogische Konsequenzen. Das Morden unbeschreiblichen Ausmaßes, der Wille der
nationalsozialistischen Volksgemeinschaft, die europäischen Juden bis auf den Letzten zu
vernichten, werfen die Frage nach dem moralischen Handlungsrahmen der Täter auf. Wie
konnten Menschen den Punkt erreichen, an dem sie Teil dieses Mordprozesses wurden? Wie
konnten sich menschliche Moralvorstellungen in kurzer Zeit so verkehren oder verschieben? Der
Versuch, diesen Prozess – in welchem die Täter Entscheidungen trafen und handelten – zu
begreifen, bedeutet keinesfalls, Täter und Taten zu rechtfertigen. Wenn Schüler und
Schülerinnen lernen, Täter als Menschen zu betrachten, anstatt sie zu dämonisieren, rückt
gleichzeitig die Verantwortung für das je eigene Handeln in ihr Bewusstsein.
Die zahlenmäßig größte Personengruppe des Holocaust, die der Zuschauer bzw. Mitläufer, ist
pädagogisch von hohem Wert, insofern sie auch den empirischen Hintergrund für die meisten
Retterinnen und Retter bildet, Personen, die bewusst aus dem indifferenten Bereich des
Abwartens und Zuschauens heraustraten, um sich den Opfern an die Seite zu stellen und ihnen zu
helfen. Mitläufer und (vermeintlich) passive Zuschauer repräsentieren die Position der
überwiegenden Mehrheit der Menschen, zur Zeit des Holocaust wie auch in unseren Tagen. Dies
ist so, weil es eine natürliche Neigung des Menschen ist, sich selbst der Nächste zu sein. Diese
Pädagogische Philosophie Yad Vashem Seite 3 / 3
Neigung ist zugleich die ethische Legitimation des Mitläufers, und genau hierin liegt wiederum
ein Dilemma.
Es ist daher eine ethische Anforderung an Lehrerinnen und Lehrer, einen Weg zu finden, den
Lernenden deutlich zu machen, dass diese Norm des selektierenden Mitfühlens falsch ist. Eine
Gesellschaft, die fordert, menschliche Werte zu achten und zu wahren und sogar zu verteidigen,
ist gleichzeitig verpflichtet, Modelle zu entwickeln und zu präsentieren, die zu dem Phänomen
des Mitläufers eine moralische Alternative bieten können.
Ein solches Muster bieten in der Zeit des Holocaust jene Menschen, die von Yad Vashem als
„Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet wurden. Viele dieser „Gerechten“ begannen ihren
Weg als Mitläufer.
Vom pädagogischen Standpunkt aus interessiert uns in diesem Zusammenhang vor allem der
Wendepunkt, der uns letztlich den Beweis liefert, dass die Norm keineswegs zwingend ist, denn
eine Veränderung der eigenen Handlungsweise ist zu vielen Zeitpunkten möglich.
Der Mitläufer erkennt plötzlich ein menschliches Wesen, er wird sich der anderen Welt bewusst,
die außerhalb seiner eigenen (noch) existiert. Mit dieser Begegnung mit einem Gesicht, mit der
plötzlich empfundenen Empathie für dieses eine, individuelle Gesicht ist das Mitläufertum
vorbei.
Die Sinne öffnen sich, man hört, man fühlt, man sieht – und die Passivität, das normativ erlernte
Verhalten der Mehrheit greift nicht mehr.
Im Augenblick dieser Wende scheitert der von den Nazis gewollte Prozess der
Enthumanisierung. Für den „Gerechten“ verwandelt sich das anonyme Gesicht „des Juden“
plötzlich in ein individuelles, vielleicht sogar anrührendes. All das macht deutlich, dass der
Mensch die Wahl hat. Die Wahl zwischen blind und taub bleiben - oder sehen, die Sinne für den
Zustand eines Menschen öffnen, mit emotionaler Intelligenz handeln. All dies macht auch
deutlich, dass es keinen historischen Determinismus gibt, dass niemand als Mitläufer oder als
Täter geboren wird, sondern es verschiedene Momente und Situationen gibt, in denen wir
zwischen alternativen Handlungsweisen wählen können.
Für junge Lernende bietet meist weder der gute Held, der ikonenhafte Retter, noch der
vollständig Böse, der zum monströsen Unmenschen stilisierte Täter, ein Identifikationsangebot.
Daher sollten wir Pädagogen nicht abstraktes Helden- bzw. Antiheldentum vermitteln, sondern
die Einsicht, dass ein Mensch sich zu vielen verschiedenen Zeitpunkten dem Gesicht, dem
Schicksal, dem Leid eines anderen öffnen und damit eine Wende der Geschichte – zumindest der
Geschichte eines Einzelnen – herbeiführen kann.
Die Natur der Fragen und Probleme, mit denen wir die Welt des Holocaust pädagogisch zu
erschließen versuchen, macht deutlich, dass wir die Antworten nicht allein von den Historikern
erwarten dürfen. Ein interdisziplinärer Ansatz ist notwendig, um das breite Spektrum der
jüdischen Reaktionen auf Erniedrigung und Verfolgung adäquat erfassen zu können. Dabei
können und sollten neben geschichtswissenschaftlichen Grundlagen auch literarische Texte,
Werke der Bildenden Künste oder Musik herangezogen werden.


Gespräche mit ZeitzeugInnen im Unterricht


Text von Maria Ecker

Vorbemerkung: Die folgenden Hinweise für Gespräche mit ZeitzeugInnen im
Unterricht basieren auf meinen Erfahrungen in der Arbeit mit Überlebenden des
Holocaust in Israel, USA und Österreich. In den vergangenen Jahren habe ich
außerdem eine Reihe an lebensgeschichtlichen Interviews mit ZeitzeugInnen geführt,
workshops mit Überlebenden und SchülerInnen an österreichischen Schulen
organisiert und begleitet, sowie bei Fortbildungsveranstaltungen referiert und dort
mit LehrerInnen über ihre Erfahrungen diskutiert.

Vorneweg: Die Erinnerungen und Erzählungen von Menschen, die während des
Nationalsozialismus und Holocaust verfolgt wurden, haben eine einzigartige
Qualität. Ihre Gesichter und Stimmen machen die menschliche Dimension des
Verbrechens buchstäblich greifbar. Eine Einladung von ZeitzeugInnen in den
Unterricht bietet außerdem die (oft einmalige) Gelegenheit, ihnen Fragen zu stellen,
und mit ihnen in einen Dialog zu treten.

Erfahrungsgemäß sind für LehrerInnen, die ZeitzeugInnen in den Unterricht
einladen, folgende Hinweise hilfreich:

ein Gespräch mit ZeitzeugInnen im Unterricht bedarf gründlicher Vor- und
Nachbereitung

Bezüglich der organisatorischen Vorbereitung ist vor allem das gegenseitige
Abstecken der zeitlichen Rahmenbedingungen wichtig: wie viel Zeit steht insgesamt
zur Verfügung? Wie viel Redezeit hat der Zeitzeuge/die Zeitzeugin? Wie viel Zeit
soll für Fragen und Diskussion bleiben?
Was die inhaltlichen Voraussetzungen betrifft, sollten die SchülerInnen jedenfalls
über ein Grundwissen zum Nationalsozialismus und Holocaust verfügen. Aber auch
eine vorbereitende Beschäftigung mit dem Leben des Zeitzeugen/der Zeitzeugin
(biographische Eckdaten) hat sich als günstig erwiesen. So können schon vor dem
eigentlichen Besuch mit den SchülerInnen Fragen an den Zeitzeugen/die Zeitzeugin
formuliert werden. Jene Fragen, die bei der Erzählung offen bleiben, können dann
den Einstieg in die Diskussionsphase erleichtern.
Nachbereitend ist es vor allem wichtig, die Lernenden mit dem Gehörten und mit
etwaigen auftretenden Fragen nicht allein zu lassen. Möglicherweise besteht noch
Klärungsbedarf, was den Inhalt der ZeitzeugInnen-Berichte betrifft. Außerdem
werden die SchülerInnen auf die Erzählungen über Verfolgung, Vertreibung und
Verlust ganz unterschiedlich reagieren. Manche begegnen diesen Erfahrungen
vielleicht mit nur mäßigem Interesse, andere sind möglicherweise tief beeindruckt.
In der Nachbereitung geht es darum, den Lernenden Reflektionsmöglichkeiten
anzubieten: was hat die Begegnung mit dem Zeitzeugen/der Zeitzeugin ausgelöst
(oder auch nicht)? Je nach Rahmenbedingungen, Klassensituation und persönlichen
Vorlieben der SchülerInnen bieten sich verschiedenste Ausdrucksformen an: Reden,
Schweigen, Zeichnen, Schreiben, Bewegung.

Auch das „Davor“ und „Danach“ der Lebensgeschichte einbeziehen

Ruth Klüger, in Wien geboren, und aufgrund ihrer jüdischen Herkunft aus
Österreich vertrieben, meinte einmal über ihre Verfolgungserfahrung: „Das ist
natürlich ein Stück meines Lebens, aber es ist bei weitem nicht so wichtig, wie viele
Dinge, die vorher kamen (...) Und nachher kam noch vieles, was gut und schön und
aufregend war, das auch enorm wichtig war, aber eine einschneidende Epoche in
meinem Leben waren eben diese Hitler-Jahre.“ (Ruth Klüger in der Radiosendung „Im Gespräch“ (Ö1), 30.3.2000.)
Für die Begegnung mit den ZeitzeugInnen bedeutet dies, das Gespräch nicht auf die Verfolgungserfahrung zu
reduzieren, sondern auch gezielt das „davor“ und „danach“ einzubeziehen.
Erwiesenermaßen entspricht das auch dem Bedürfnis der SchülerInnen, die immer
wieder ihr Interesse an der vollständigen Lebensgeschichte bekunden. Auch
diesbezüglich können Fragen über die Kindheit und Jugend vor dem „Anschluss“
Österreichs, sowie über das Leben nach 1945 schon in der Vorbereitungsphase
formuliert werden. Außerdem wird durch einen solchen Zugang deutlich, dass der
Nationalsozialismus und Holocaust kein isoliertes Kapitel der Geschichte darstellt,
Kontinuitäten werden sichtbar.

• ZeitzeugInnen erzählen ihre Geschichte, nicht die Geschichte

Weil sie die Geschichte des Nationalsozialismus und Holocaust selbst erlebt haben,
kommt den ZeitzeugInnen eine hohe Autorität zu, ihre Erzählungen haben auch
deshalb – das sei nochmals betont - eine einzigartige Qualität. Diese Besonderheit zu
begreifen, und sich den Schilderungen gleichzeitig mit kritischem Respekt zu
nähern, ist die vielleicht sensibelste Herausforderung in der Arbeit mit
ZeitzeugInnen-Berichten. Der kritische Umgang besteht zunächst darin, die
Erzählungen als das zu hören, was sie sind: ein Rückblick auf eine individuelle
Lebensgeschichte – ein Rückblick, der oft Jahrzehnte zurückreicht. Dass in der
Rückschau Ereignisse manchmal vereinfacht, verzerrt oder überhöht erinnert
werden, wissen wir alle nur zu gut. Besteht diesbezüglich in der
Nachbereitungsphase Klärungsbedarf, sollen verzerrte Erinnerungen nicht tabuisiert,
sondern thematisiert werden. Eine Übung, die SchülerInnen dazu anregt, ihr eigenes
Gedächtnis zu prüfen, kann etwaige Fehlleistungen – praktisch selbsterklärend –
veranschaulichen.

Erfahrungsgemäß haben SchülerInnen – wie auch LehrerInnen – oft recht genaue
Vorstellungen davon, wie eine „Überlebensgeschichte“ auszusehen hat. Eine
Erzählung, die dem nicht entspricht (weil sie zum Beispiel nicht so „grauenvoll“ ist
wie erwartet, oder in einem scheinbar nicht adäquaten Stil vorgetragen wird) kann
da irritieren. Auch hier geht es darum, den SchülerInnen ein Verständnis dafür zu
vermitteln, dass die ZeitzeugInnen ihre persönliche, individuell erlebte (und
individuell „verarbeitete“) Geschichte wiedergeben, und diese nicht stellvertretend
für die Geschichte an sich steht.