RUDOLF MOSER |
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Der Kriminalpolizist, der Jüdinnen vor der Deporation nach Auschwitz rettete
Rudolf Moser, der im Polizeigefängnis in Innsbruck arbeitete, brachte verfolgte jüdische Mädchen bei seiner Bekannten Maria Stocker unter – und rettete sie so vor der Ermordung im KZ.
Der Innsbrucker Polizeiinspektor Karl Dickbauer und sein Kollege Anton Dietz wurden im Sommer beauftragt, einen Transport für Häftlinge des Innsbrucker Gefängnisses nach Auschwitz vorzubereiten. Unter den 88 Häftlingen befanden sich fünf polnische Jüdinnen - Lorraine Justmann-Visnicky, Mirjam Fuchs, Paulina Janaszewicz, Regina Litmann-Rundbaker und Ruth Litman-Eisenberg. Sie waren am 13. März 1944 von der Gestapo verhaftet worden, nachdem sie sich als christlich-polnische Fremdarbeiterinnen ausgegeben hatten. Die fünf Mädchen waren bereits für eine Deportation in ein KZ vorgesehen und baten den im Gefängnis arbeitenden Meister Wolfgang Neuschmidt um Hilfe. Um die Deportation der Mädchen zu verhindern, teilte Neuschmidt seinem Vorgesetzten Karl Dickbauer mit, dass die Mädchen dringend für den Küchendienst im Gefängnis benötigt werden.Der Polizist Erwin Lutz war im Sommer 1944 Küchenchef im Innsbrucker Gefängnis. Er unterstütze Wolfgang Neuschmidt und nahm die Mädchen bei sich in der Küche als zusätzliche Arbeitskräfte auf. Lutz sorgte für anständige Nahrung der Mädchen und behandelte sie gut. Als der Verschickungsbefehl eintraf, überredeten Neuschmidt und Lutz ihren Vorgesetzten, die Papiere der Mädchen verschwinden zu lassen. Polizeiinspektor Dickbauer ließ sich nicht lange Bitten und beseitigte die Papiere. Die Mädchen wurden nicht in den Transport nach Auschwitz eingeschlossen und wurden weiterhin in der Gefängnisküche beschäftigt.
Zusammen mit dem Innsbrucker Kriminalpolizisten Rudi Moser beschloss Erwin Lutz die Mädchen zu retten.
Lorraine Justman-Visnicki und Mirjam Fuchs gelang es in der Nacht mit Hilfe der Polizeiinspektoren Anton Dietz und Dickbauer, aus dem Gefängnis zu entkommen. Lutz bot ihnen als ersten Zufluchtsort seine Wohnung in der Ahorndorfstraße 3 an.
Der Kriminalpolizist Rudi Moser hatte sich vor der Flucht der Jüdinnen an Maria Stocker mit der Bitte gewandt, die beiden Mädchen in ihrer Wohnung aufzunehmen und zu verstecken. Maria war sich dessen bewusst, welche Gefahr es für sie bedeutete, zwei jüdische Flüchtlinge aus dem Gefängnis in ihrer Wohnung zu verbergen. Dennoch willigte sie sofort ein. Als die beiden Mädchen in ihrer Wohnung eintrafen, umarmte sie sie mit den Worten: "Gott sei Dank, ihr seid hier, meine lieben Kinder".
Nach einigen Wochen stellte sich heraus, dass die Gestapo die Spuren der beiden Jüdinnen verfolgte. Sie mussten die Wohnung wechseln. Als am 18. Jänner 1945 der Befehl eintraf, alle Insassen des Gefängnisses ins KZ Bergen-Belsen zu transportieren, zögerte Dickbauer nicht, bei der Flucht der Mädchen aus dem Gefängnis behilflich zu sein.
Wanda Bottesi und ihre Mutter Maria Petrykiewicz hatten im Sommer 1944 Lorraine Justman-Visnicki und Mirjam Fuchs in ihre Wohnung in der Ing. Etzelstraße 28 aufgenommen und wochenlang versteckt. Wanda, von Beruf Kosmetikerin, färbte den Mädchen die Haare, um ihnen ein anderes Aussehen zu verleihen. Polizeiinspektor Anton Dietz, ein Bekannter Wandas, hatte den versteckten Mädchen gefälschte Papiere besorgt. Sie waren auf die Namen Christine Chruscik und Wanda Stolorezyk ausgestellt und gaben sich als polnische Christinnen aus. Dietz hatte angegeben, dass die beiden polnischen Christinnen ihre Papiere auf ihrem Weg von Polen nach Österreich verloren hätten. Mit den neuen Identitätsausweisen erhielten die Mädchen durch einen Bekannten im Innsbrucker Arbeitsamt Arbeitskarten als christlich-polnische Fremdarbeiterinnen.
Wanda schmuggelte Lorraine Visnicki und Mirjam Fuchs ins Salzburger Dorf St. Martin, wo sie als polnische Fremdarbeiterinnen arbeiten konnten.
Die drei anderen jüdischen Mädchen, die im Innsbrucker Gefängnis waren, wurden auf ähnliche Weise gerettet. Ruth Litman-Eisenberg hätte in ein Arbeitslager für Ausländer in der Nähe von Innsbruck überführt werden sollen, als Neuschmidt sie mit gefälschten "arischen" Papieren versorgte, konnte sie in St. Martin Arbeit finden. Auch Paulina Janaszewicz und Regina Litman-Rundbaker kamen nach St. Martin und arbeiteten dort bis zum Kriegsende.
Quelle: Meisels (1996) "Die Gerechten Österreichs"
Siehe auch Gutman et al. (2005) "Lexikon der Gerechten unter den Völkern: Deutsche und Österreicher"