Die letzten Zeugen - Das Buc
  • Jaqueline Thier, Schülerin, traf als Botschafterin der Erinnerung im Oktober 2007
  • die Überlebende Bertha Leverton in London.
Finden Sie hier die Lebensgeschichte  und  einen Bericht über Bertha Levertons Vortrag im Jewish Culture Centre.

I came alone

Die Lebensgeschichte von Bertha Leverton


Am 26.Oktober besuchten wir das Jewish Culture Centre. Dort lernten wir Bertha Leverton kennen, welche für uns einen Vortrag hielt.
 
Bertha Leverton, damals noch Berta Engelhart, flüchtete als sie beinahe 16 Jahre alt war mit dem Kindertransport von München nach England.
 
Sie erzählte uns, dass zirka 10.000 Kinder mit dem Kindertransport nach England flüchten konnten. Eine sehr geringe Zahl wenn man bedenkt, dass damals in etwa 6 Millionen Menschen in Europa ermordet wurden. Allein 3 Millionen davon stammten aus Polen und der Ukraine, wo es eine hohe Anzahl an Anhängern des Nationalsozialismus gab.
 
Nach der Kristallnacht am 9. November 1938 wurde in England verhandelt und bereits am 1.Dezember kam der 1. Kindertransport aus Berlin und der 2. am 10. Dezember aus Wien in England an. War der Vater bereits verstorben und die Kinder im Alter unter 16, konnte man seine Kinder für den Kindertransport anmelden.
In England angekommen kamen die Kinder vorerst in Sammellager oder wurden in Hostels untergebracht. Jedes Kind durfte einen Koffer mitnehmen und natürlich packten die Eltern die besten Gewänder der Kinder ein. Bertha erzählte uns, dass die Kinder überhaupt nicht wie arme Refugees ausgesehen haben.
Auch Nicolas Winton erwähnte sie. Dieser brachte damals gemeinsam mit zwei oder drei Freunden ca. 700 Kinder von der Tschechoslowakei nach England.
 
Bertha Leverton verfasste bereits mehrere Bücher. In „I Came Alone“ hat sie Geschichten von etwa 240 Überlebenden niedergeschrieben. Eine dieser Geschichten hat sie uns erzählt. Damals kam ein Kind im Alter von 18 Monaten in ein Kinderheim in England. Der Mutter gelang es in diesem Kinderheim als Pflegerin arbeiten zu dürfen. Doch durfte sie sich nicht zu ihrem Kind bekennen und es nicht bevorzugen. Erst als das Hostel nach Jahren aufgelöst wurde konnte sie sich ihrem Kind gegenüber zu erkennen geben und es mit nach Hause nehmen.
 
Bertha selbst lebte jahrelang bei einer christlichen Familie in England. Ihre eigene Familie konnte erst 1940, dank eines Mannes namens Schleicher, bei Graz über die Grenze fliehen. Vorerst flüchteten ihre Eltern und Geschwister nach Portugal und schließlich, als Bertha 21 war, traf sie ihre Familie endlich wieder und zog mit dieser nach Birmingham.
In dem Buch „I came alone“ schrieb sie als Schlusssatz folgendes: „Ich kann Eines, dass nicht viele „Kinder“ können...ich kann ein Grab besuchen!“
 
In ihrem Vortrag betonte Bertha immer wieder, dass die Eltern die wahren Helden sind. Sie waren es, die ihre Kinder ins Ungewisse geschickt haben, um sie zu retten. Ungewiss was sie dort erwarten wird und ob sie sie jemals wiedersehen würden.
 
Dann machte Bertha Leverton einen großen Sprung in der Zeit. 49 Jahre später betrachtete sie ein Foto ihrer damals 16-Jährigen Enkelin. Ihre Enkelin hat eigentlich keine Ahnung über die Geschehnisse in der Vergangenheit und der Rest der Bevölkerung fängt bereits an zu vergessen was damals passiert ist.
Sie beschließt eine Reunion zu machen. Sie schreibt an eine jüdische Zeitung und plötzlich wandert ihr Schreiben um die ganze Welt. In einer Sportshalle in Harrow treffen sich dann 50 Jahre später über 1000 „Kinder“. Auch heute nennen sich die Kinder, die damals mit dem Kindertransport flüchten konnten, noch „die Kinder“.
 
Bertha erzählte uns die Geschichte von Susi Bechhöfer. Bei diesem Treffen sagte eine Frau namens Susi Bechhöfer sie wisse nicht wer sie sei. Sie kam damals an ihrem 3. Geburtstag nach England.  Eine Frau welche damals Krankenschwester im Kinderheim in Berlin war sagte sie habe ihre Mutter, welche in einem KZ ermordet wurde, gekannt.  Und mit Hilfe dieser Frau traf Susi an ihrem 53. Geburtstag ihre Tante in NY wieder.
 
Doch dies war nicht das einzige Treffen. Bei diesen R.O.K (Reunion of Kindertransport)  trägt jede Person ein Schild auf dem der jeweilige Name, der alte Name, der Herkunftsort sowie der jetzige Wohnort stehen. Es gibt mehrere Tafeln - für jeden Ort eine.
Es kommen „Kinder“ aus jeder Einkommensschicht zusammen. Doch ob man zur armen, mittleren oder reichen Gesellschaft gehört macht bei diesen Treffen keinen Unterschied. Alle sind per Du und sprechen Englisch miteinander.
 
55 Jahre später folgte dann das 2. Treffen in Israel. 500 Kinder aus allen Teilen der Welt kamen zusammen. Am letzten Abend gab es ein großes gemeinsames Abendessen. Bei diesem erzählte eine Frau ihre Geschichte. Sie war 17 als ihre 7-Jährige Schwester für den Kindertransport angemeldet wurde. In der Nacht vor der Flucht weinte die Kleine bitterlich. Als ihre Mutter kommt, sagt sie sie habe Bauchweh. Die Mutter kümmert sich um sie. Später sagt die Kleine zu ihrer Schwester sie habe gar kein Bauchweh sondern nur
Angst. Das 17-Jährige Mädchen erzählt dies seiner Mutter. Diese meldet die Kleine daraufhin vom Kindertransport ab. Bis heute macht sich die junge Frau Vorwürfe, da ihre Schwester wenig später ermordet wurde.
 
Über 1200 Menschen, darunter auch Sir Nicolas Winton, trafen dann 60 Jahre später in der Local Hall in England zusammen. Auch das 70-Jahre-später-Treffen ist bereits in Planung.  Dann erzählte sie uns noch von der AJR (Association of Jewish Refugees). Von dort aus schreibt sie alle 2-3 Monate einen Rundbrief an alle Kinder.
 
Wir haben Bertha gefragt ob sie jemals wieder in Deutschland war. Nach Jahren ist sie, gemeinsam mit ihrer Mutter, wegen Wiedergutmachung nach München zurückgekehrt. Die Synagoge, welche in der Kristallnacht abgebrannt war, war wiederaufgebaut worden und sieht wieder genauso aus wie die Alte. Während der gesamten Gebetszeremonie musste Bertha bitterlich weinen.
 
Weiters sagte sie uns, dass sie zwar mit jungen Menschen wie uns reden kann, aber mit alten Menschen nichts zu tun haben will. „Wo wart ihr alle?“, fragte sie, denn heute fühlt sich keiner Verantwortlich für die Vergangenheit.  Sie zitiert einen Witzmacher aus München. „Der Hitler hat immer gesagt 99% seien für ihn, aber wo ich auch hingeh- ich treff immer nur das eine Prozent!“

Wir fragen sie was sie für eine Antwort auf die Frage „Wo wart ihr alle?“ hat. Sie kann es sich nicht erklären, weiß aber, dass es auch heute noch viele Anti-Semiten gibt. „Antisemitismus ist eine gefährliche Krankheit! davon müsst ihr euch unbedingt absondern“, sagt sie. Doch Bertha erzählt auch, dass es viele Juden in England gegeben hat, welche keine geflüchteten Kinder aufgenommen haben. Daraufhin mussten viele Kinder bei christlichen Familien wohnen und konnten oft ihren jüdischen Glauben nicht weiter ausüben.
 
Wichtig zu erwähnen wäre noch, dass Bertha immer wieder betont hat, dass wir nicht schuld daran sind was passiert ist. Unsere Großeltern tragen vielleicht Schuld, aber wir müssen uns dafür nicht verantwortlich machen.
 
 
Bertha Leverton’s Vortrag hat mich sehr beeindruckt. Ich kenne nicht viele ältere Leute die wie sie durchs Leben gehen. Obwohl ihre Jugendzeit nicht unbedingt schön verlaufen ist, hat sie denke ich das Beste aus ihrem Leben gemacht und das sieht man ihr auch an.
Ich finde es toll, dass sie sich Zeit für uns genommen hat, da ich viele Sachen über die Kindertransporte erfahren habe, von denen ich zuvor nichts wusste. Es war einiges alles andere als schön anzuhören, dennoch bin ich froh sie kennen gelernt zu haben. Während des Vortrags und auch danach hab ich darüber nachgedacht, wie es wäre wenn meine Eltern mich in ein mir fremdes Land schicken würden und bei einigen Geschichten musste ich auch an meine Schwester denken. Doch egal wie lange ich versuchte es mir vorzustellen, es ist einfach nicht möglich. Wie Bertha gesagt hat...wir können es uns einfach nicht vorstellen!


Bertha Levertons Vortrag im Jewish Culture Centre



Am 26.Oktober besuchten wir das Jewish Culture Centre. In diesem lernten wir Bertha Leverton kennen, welche für uns einen Vortrag hielt.
Bertha Leverton, damals noch Berta Engelhart, flüchtete als sie beinahe 16 Jahre alt war mit dem Kindertransport von München nach England.

Sie erzählte uns, dass zirka 10.000 Kinder mit dem Kindertransport nach England flüchten konnten. Eine sehr geringe Zahl wenn man bedenkt, dass damals in etwa 6 Millionen Menschen in Europa ermordet wurden. Allein 3 Millionen davon stammten aus Polen und der Ukraine, wo es eine hohe Anzahl an Anhängern des Nationalsozialismus gab.
Nach der Kristallnacht am 9. November 1938 wurde in England verhandelt und bereits am 1.Dezember kam der 1. Kindertransport aus Berlin und der 2. am 10. Dezember aus Wien in England an. War der Vater bereits verstorben und die Kinder im Alter unter 16, konnte man seine Kinder für den Kindertransport anmelden.
In England angekommen kamen die Kinder vorerst in Sammellager oder Hostels untergebracht. Jedes Kind durfte einen Koffer mitnehmen und natürlich packten die Eltern die besten Gewänder der Kinder ein. Bertha erzählte uns, dass die Kinder überhaupt nicht wie arme Refugees ausgesehen haben.
Auch Nicolas Winton erwähnte sie. Dieser brachte damals gemeinsam mit zwei oder drei Freunden ca. 700 Kinder von der Tschechoslowakei nach England.
Bertha Leverton verfasste bereits mehrere Bücher. In „I Came Alone“ hat sie Geschichten von etwa 240 Überlebenden niedergeschrieben. Eine dieser Geschichten hat sie uns erzählt. Damals kam ein Kind im Alter von 18 Monaten in ein Kinderheim in England. Der Mutter gelang es in diesem Kinderheim als Pflegerin arbeiten zu dürfen. Doch durfte sie sich nicht zu ihrem Kind bekennen und es nicht bevorzugen. Erst als das Hostel nach Jahren aufgelöst wurde konnte sie sich ihrem Kind gegenüber zu erkennen geben und es mit nach Hause nehmen.
Bertha selbst lebte jahrelang bei einer christlichen Familie in England. Ihre eigene Familie konnte erst 1940, dank eines Mannes namens Schleicher bei Graz über die Grenze fliehen. Vorerst flüchteten ihre Eltern und Geschwister nach Portugal und schließlich, als Bertha 21 war, traf sie ihre Familie endlich wieder und zog mit dieser nach Birmingham.
In dem Buch „I came alone“ schrieb sie als Schlusssatz folgendes: „Ich kann Eines, dass nicht viele „Kinder“ können...ich kann ein Grab besuchen!“

In ihrem Vortrag betonte Bertha immer wieder, dass die Eltern die waren Helden sind. Sie waren es, die ihre Kinder ins Ungewisse geschickt haben, um sie zu retten. Ungewiss was sie dort erwarten wird und ob sie sie jemals wieder sehen würden.
Dann machte Bertha Leverton einen großen Sprung in der Zeit. 49 Jahre später betrachtete sie ein Foto ihrer damals 16-Jährigen Enkelin. Ihre Enkelin hat eigentlich keine Ahnung über die Geschehnisse in der Vergangenheit und der Rest der Bevölkerung fängt bereits an zu vergessen was damals passiert ist.
Sie beschließt eine Reunion zu machen. Sie schreibt an eine jüdische Zeitung und plötzlich wandert ihr Schreiben um die ganze Welt.
In einer Sportshalle in Harrow treffen sich dann 50 Jahre später über 1000 „Kinder“. Auch heute nennen sich die Kinder, die damals mit dem Kindertransport flüchten konnten, noch „die Kinder“.
Bertha erzählte uns die Geschichte von Susi Bechhöfer. Bei diesem Treffen sagte eine Frau namens Susi Bechhöfer sie wisse nicht wer sie sei. Sie kam damals an ihrem 3. Geburtstag nach England.
Eine Frau welche damals Krankenschwester im Kinderheim in Berlin war sagte sie hat ihre Mutter welche in einem KZ ermordet wurde gekannt.
Und mit Hilfe dieser Frau traf Susi an ihrem 53. Geburtstag ihre Tante in NY wieder.
Doch dies war nicht das einzige Treffen. Bei diesen R.O.K (Reunion of Kindertransport)
trägt jede Person ein Schild auf dem der jeweilige Name, der alte Name, der Herkunftsort sowie der jetzige Wohnort stehen. Es gibt mehrere Tafeln-für jeden Ort eine.
Es kommen „Kinder“ aus jeder Einkommensschicht zusammen. Doch ob man zur armen, mittleren oder reichen Gesellschaft gehört macht bei diesen Treffen keinen Unterschied. Alle sind per Du und sprechen Englisch miteinander.
55 Jahre später folgte dann das 2. Treffen in Israel. 500 Kinder aus allen Teilen der Welt kamen zusammen. Am letzten Abend gab es ein großes gemeinsames Abendessen. Bei diesem erzählte eine Frau ihre Geschichte. Sie war 17 als ihre 7-Jährige Schwester für den Kindertransport angemeldet wurde. In der Nacht vor der Flucht weinte die Kleine bitterlich. Als ihre Mutter kommt, sagt sie sie habe Bauchweh. Die Mutter kümmert sich um sie.
Später sagt die Kleine zu ihrer Schwester sie habe gar kein Bauchweh sondern nur Angst. Das 17-Jährige Mädchen erzählt dies seiner Mutter. Diese meldet die Kleine daraufhin vom Kindertransport ab. Bis heute macht sich die junge Frau Vorwürfe, da ihr Schwester wenig später ermordet wurde.
Über 1200 Menschen, darunter auch Sir Nicolas Winton, trafen dann 60 Jahre später in der Local Hall in England zusammen. Auch das 70-Jahre-später-Treffen ist bereits in Planung.
Dann erzählte sie uns noch von der AJR (Association of Jewish Refugees). Von dort aus schreibt sie alle 2-3 Monate einen Rundbrief an alle Kinder.

Wir haben Bertha gefragt ob sie jemals wieder in Deutschland war. Nach Jahren ist sie, gemeinsam mit ihrer Mutter, wegen Wiedergutmachung nach München zurückgekehrt.
Die Synagoge, welche in der Kristallnacht abgebrannt war, war wiederaufgebaut worden und sieht wieder genauso aus wie die Alte. Während der gesamten Gebetszeremonie musste Bertha bitterlich weinen.
Weiters sagte sie uns, dass sie zwar mit jungen Menschen wie uns reden kann, aber mit alten Menschen nichts zu tun haben will. „Wo wart ihr alle?“, fragte sie, denn heute fühlt sich keiner Verantwortlich für die Vergangenheit.
Sie zitiert einen Witzmacher aus München. „Der Hitler hat immer gesagt 99% seien für ihn, aber wo ich auch hingeh- ich treff immer nur das eine Prozent!“
Wir fragen sie was sie für eine Antwort auf die Frage „Wo wart ihr alle?“ hat. Sie kann es sich nicht erklären, weiß aber, dass es auch heute noch viele Anti-Semiten gibt. „Antisemitismus ist eine gefährliche Krankheit! davon müsst ihr euch unbedingt absondern“, sagt sie.
Doch Bertha erzählt auch, dass es viele Juden in England gegeben hat, welche keine geflüchteten Kinder aufgenommen haben. Daraufhin mussten viele Kinder bei christlichen Familien wohnen und konnten oft ihren jüdischen Glauben nicht weiter ausüben.
Wichtig zu erwähnen wäre noch, dass Bertha immer wieder betont hat, dass wir nicht schuld daran sind was passiert ist. Unsere Großeltern sind tragen vielleicht Schuld, aber wir müssen uns dafür nicht verantwortlich machen.

Bertha Leverton’s Vortrag hat mich sehr beeindruckt. Ich kenne nicht viele ältere Leute die wie sie durchs Leben gehen. Obwohl ihre Jugendzeit nicht unbedingt schön verlaufen ist, hat sie denke ich das Beste aus ihrem Leben gemacht und das sieht man ihr auch an.
Ich finde es toll, dass sie sich Zeit für uns genommen hat, da ich viele Sachen über die Kindertransporte erfahren habe, von denen ich zuvor nichts wusste. Es war einiges alles andere als schön anzuhören, dennoch bin ich froh sie kennen gelernt zu haben. Während des Vortrags und auch danach hab ich darüber nachgedacht, wie es wäre wenn meine Eltern mich in ein mir fremdes Land schicken würden und bei einigen Geschichten musste ich auch an meine Schwester denken. Doch egal wie lange ich versuchte es mir vorzustellen, es ist einfach nicht möglich. Wie Bertha gesagt hat...wir können es uns einfach nicht vorstellen!