- Bettina Sagmeister, Schülerin, ist als Botschafterin der Erinnerung in Newcastle der
- Überlebenden Edith Kronenberger begegnet, die als Teenager Österreich verlassen musste.
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Mit 14 Jahren alleine nach Großbritannien
Die Lebensgeschichte von Edith Kronenberger niedergeschrieben von Bettina SagmeisterBei meinem Aufenthalt in London, den ich vom 24. Oktober bis zum 31. Oktober genießen durfte, hatte ich die große Ehre Frau B. E. Kronenberger näher kennen lernen zu dürfen. Schon seit einigen Monaten kommunizierte ich mit ihr. Wir schrieben uns Briefe, die sich oft über sieben Seiten erstreckten. Über jeden Brief freute ich mich, da Frau Kronenberger auf mich einen sehr sympathischen Eindruck machte und ich war äußerst erfreut, dass ich sie nun auch persönlich kennen lernen durfte.
Da Frau Kronenberger außerhalb von London, in Whitley Bay, wohnt, fuhr ich mit einer Mitarbeiterin aus New York mit der Enkelin meiner Überlebenden dorthin. Whitley Bay liegt außerhalb von Newcastle, nicht weit entfernt von der schottischen Grenze. Dort verbrachte ich auch die Nacht und am nächsten Tag ging es per Flugzeug zurück nach London und damit zurück zur Truppe.
Frau Bertha Edith Kronenberger wurde am 26. November 1924 als Kind eher älterer Eltern geboren. Zum Zeitpunkt ihrer Geburt war die Mutter Regine 42 und der Vater Richard 44 Jahre alt. Vor dem ersten Weltkrieg lebten ihre Eltern in der Schweiz, da aber der Vater als Unteroffizier diente und deshalb militärpflichtig war, musste die Mutter ihre Stelle als Opernsängerin in St. Gallen aufgeben und sie kehrten nach Österreich zurück.
Edith hat ihre Kindheit zum größten Teil als schön in Erinnerung. Sie wohnte als Einzelkind mit ihren Eltern und dem Großvater mütterlicherseits in einer eher kleinen Wohnung in Leopoldsstadt (Castellezgasse). Oft spielte sie mit anderen Kindern im nahe gelegenen Augarten. Als sie knappe 6 Jahre alt war, besuchte das Mädchen die Grundschule, die sie mit einer Prüfung für die Mittelschule abschloss. Die Mittelschule besuchte Edith bis 1938, wo der Anschluss an das Deutsche Reich per Wahl beschlossen werden sollte. Doch dieser Wahl kam der Einmarsch der Nazis zuvor und die Schule, die das Mäderl besuchte, wurde von jüdischen Professoren und von jüdischen Schülern „befreit“. In dieser Zeit wurde auch ihr Vater auf der Straße angegriffen und übelst zugerichtet. Diesen Angriff auf ihren Vater wollte sie ihren Brieffreundinnen in Frankreich und Amerika schildern, doch die Nazis fanden ihre Briefe bei einer Hausdurchsuchung und nahmen das Kind mit. Sie versprachen ihr eine „Nacht, die du niemals vergessen wirst“. Aber Frau Kronenberger hatte Glück und wurde gleich wieder zu ihren Eltern zurückgeschickt.
Da ihren Eltern nach der Kündigung ihres Vaters nicht so viel Geld zur Verfügung stand, dass sie alle nach Großbritannien auswandern konnten, schickten sie ihr Kind alleine mit dem Kindertransport dorthin. So kam das Mäderl mit 14 Jahren und 5 Monaten nach Großbritannien, um dort ein neues Leben anzufangen. Nachdem der Vater 10 Bittbriefe an Namensvettern mit dem Nachnamen Weiss verfasst hatte, um dem Kind den Pfand zu bezahlen, damit es überhaupt in Großbritannien einreisen durfte, meldeten sich einige, die konnten jedoch nicht den verlangten Geldbetrag bezahlen. Aber es meldete sich auch ein anderer Herr, der von dem armen Kind gehört hatte und er zahlte den Pfand, den man hinterlegen musste, damit das Kind dem Staat nicht zur Last fällt. In Großbritannien ging es Frau Kronenberger besser. Sie kam in eine nette Gastfamilie und wurde Kinder- und Hausgehilfin bei einem Ehepaar, die zwei kleine Kinder hatten.
Als 17-Jährige trat Frau Kronenberger in die Armee ein und lernte die Kunst des Kochens. Nachdem sie 4 Jahre in der Armee verbracht hatte, verhalf man der jungen Frau zu einer Stelle für eine Büroarbeit.
Mit 26-27 Jahren besuchte Frau Kronenberger eine Universität und machte ein Diplom in „Sozialstudien“. Bei einem Vortrag lernte sie ihren späteren Ehemann kennen, mit dem sie 3 Söhne hat. Doch diese Ehe hielt nicht sehr lange und das Ehepaar ließ sich scheiden. Mehrere Jahre später heiratete Frau Kronenberger ein zweites Mal. Leider verstarb der Ehemann vor mehr als 10 Jahren. Seitdem lebt die Frau alleine in dem Haus in Whitley Bay, das sich in der Nähe des Meeres befindet. Das Haus ist voll mit Büchern, da dies eines ihrer großen Hobbys ist. Aus dem Haus kann Frau Kronenberger leider nicht alleine, da sie wegen Artrose nur sehr langsam gehen kann und da sie sich durch ihren Oberarm, den sie sich im Februar bei einem Sturz verletzt hat, nicht selber anziehen und versorgen kann. Aber ihr mittlerer Sohn Matthew, den ich als sehr sympathischen Mann kennen gelernt habe, unterstützt sie und hilft ihr, um im Alltag zurecht zu kommen. Da Frau Kronenberger nicht mehr so viel herumreisen kann, ist sie aber noch lange nicht von der Gesellschaft ausgeschlossen. Gern hat die ältere Dame Leute rund um sich herum und gerne empfängt sie Menschen in ihrem Haus.
Ich habe Frau Kronenberger als sehr netten und sympathischen Menschen kennen gelernt und hoffe, dass der Kontakt zu ihr noch lange besteht !
Außerdem möchte ich mich auf diesem Weg noch einmal recht herzlich bei ihr für die nette Aufnahme in ihrem Haus und für die geselligen Gespräche bedanken.
Erfahrungsbericht
Nachdem mein Geschichtelehrer verkündete, dass einer aus meiner Klasse mit „A letter to the stars“ eine Woche nach London fliegen darf, freuten sich alle, die an diesem Projekt teilgenommen hatten. Als dann auch noch herauskam, dass ich die Glückliche sein werde, die fliegen darf, freute ich mich riesig. Denn ich war die einzige aus meiner Klasse, die bei dem Projekt teilgenommen hatte und schon 16 Jahre alt war.
Natürlich war ich total nervös, da ich ja niemanden kannte und auch nicht genau wusste, was mich erwartet. Doch ich habe mich sofort mit Katrin zusammengerufen und mich mit ihr total super verstanden. Auch bei dem Seminar in Wien fand ich gleich neue Freunde, mit denen ich mich super verstand.
Am 24. Oktober war es dann soweit: wir flogen nach London!! Ich konnte es noch immer nicht realisieren. Erst als ich mit vollgestopften Koffern am Flughafen stand und mein Ticket löste, wurde mir klar, dass ich in einigen Stunden in London sein würde! Hinzu kam auch noch meine Flugangst, da ich noch nie geflogen bin. Aber auch Katrin hatte Flugangst und somit war ich auch hier wieder nicht alleine.
In London angekommen, begann eine wunderschöne Woche mit vielen Erlebnissen, die ich nie mehr vergessen werde und vielen Emotionen.
Ich habe meine Überlebende getroffen, habe bei ihr schlafen dürfen und ein sehr nettes und angenehmes Gespräch mit ihr geführt. Außerdem wird mir London mit all seinen Sehenswürdigkeiten immer in Erinnerung bleiben. Zudem war ich in der österreichischen Botschaft, die ich äußerst imposant fand und durfte auch das Imperial War Museum besuchen, das mich sehr interessiert hat.
Ich freue mich schon total auf das Projekt im Mai, wo ich mit meinen Freundinnen aus meiner Klasse teilnehmen werde und hoffe, dass meine Überlebende kommen kann