Die letzten Zeugen - Das Buc

MAXIMILIAN LERNER


 
 

Diese Geschichte wurde im Projekt "Die Letzten Zeugen" erstellt.

Meine Begegnung mit Maximilian Lerner

Lia Böhmer, 17, Schülerin am Erich-Fried-Gymnasium in Wien 9, ist als Botschafterin der Erinnerung in New York dem Überlebenden Maximilian Lerner, 82, begegnet, der 1938 aus Wien vertrieben wurde, 1943 in der US-Army zurück nach Europa gekommen ist und heute in Manhattan lebt.

Diese erste Begegnung war für mich ein sehr aufregendes Erlebnis. Trotz des wenigen Kontaktes, den ich vor der Reise mit ihm hatte, war ich sehr aufgeregt, ihn endlich kennen zu lernen…

Als erstes sah ich Maximilian im „Museum of Jewish Heritage“ in New York, wo er uns trotz seines Alters, eine wundervolle und wirklich spannende Führung durch das Museum gegeben hat. Diese war noch dazu auf Deutsch, obwohl er seit vielen, vielen Jahren kein Deutsch mehr gesprochen hatte und ständig behauptete, er könnte es nicht mehr sprechen.
Sein ganzes Auftreten und die Art und Weise, wie er uns über diese schreckliche Zeit erzählt hat, war echt beeindruckend. Die ganze Atmosphäre, die in den Gruppen herrschte während uns durch die Räume der Ausstellung führte war echt spannend und berührend. Alle waren gefesselt und sehr interessiert.

Mein zweites Treffen mit Max, hatte ich am gleich darauf folgenden Tag.
Er hatte mich in seine Wohnung eingeladen, wo ich (nachdem ich mich mit der U-Bahn noch nicht auskannte) mit einem Taxi hinfuhr. Dort angekommen dachte ich zuerst, ich sei irgendwie falsch. Das Haus, in dem er mit seiner lieben Frau wohnt, ist ein riesiges Gebäude mit Portier. Weil ich solche Wohnhäuser nicht gewohnt war, hielt ich es erst für ein Hotel und rief Max verwirrt an und bat ihn um Hilfe. Nachdem ich es endlich geschafft hatte, in Maximilians Wohnung zu kommen, hat er mir gleich alles gezeigt. Von den unzähligen Fotos, die an den Wänden hingen, bis zur fantastischen Aussicht aus dem 28. Stock, eines war toller als das zuvor. Besonders imponierte mir die Aussicht aus seinen Fenstern…

Anschließend nahm er mich in sein Arbeitszimmer mit, wo er ein Fotoalbum rausholte und mir Fotos von sich als „Held“ zeigte.
Dazu erzählte er mir von seinem ursprünglichen Leben in Wien, als er ins Akademische Gymnasium ging. Nach seiner Flucht nach Amerika ist Max zur US-Armee gegangen, mit der er dann zurück nach Europa kam, um dort gegen die Nazis zu kämpfen. Ganz stolz zeigte er mir ein Foto, wo er in Uniform auf den Trümmern des braunen Hauses, der Parteizentrale der NSDAP, stand.
Er erzählte mir auch vom „saubersten Boden in Wien“. Das war der Platz vor seiner Schule, den er, als die Nazis nach Wien kamen, mit all seinen jüdischen Mitschülern, Lehrern und sogar dem Direktor mit Zahnbürsten putzen musste.

Nachdem er mir alle Fotos aus seinem Album gezeigt hatte, sind wir ins Wohnzimmer gegangen, wo ich ihm die kleinen Geschenke gab, die ich ihm mitgebracht hatte.
Besonders freute er sich über das Fotoalbum mit Bildern vom Akademischen Gymnasium, aber vor allem war er begeistert von den Fotos, die ich von seiner alten Heimat, der Löwengasse 39, gemacht hatte. Er hatte das Haus nämlich seit seiner Flucht nicht mehr von innen gesehen und war beinahe zu Tränen gerührt.


Während Max und ich da so saßen, kam auch seine Frau nach Hause. Eine wirklich entzückende Frau!
Gleich nach ihrer Ankunft zuhause, kam sie auf mich zu und begrüßte mich herzhaft. Nachdem wir kurz alle drei geplaudert hatten, kam sie auf die Idee, mich in ihr Stammlokal zum Essen einzuladen und anschließend mit mir eine Autotour durch die Stadt zu unternehmen, um mir alles zu zeigen.

Während des Essens redeten wir über viele verschiedene Sachen.
Das Ehepaar erzählte mir von ihren vielen Kindern, die verstreut in Amerika leben. Mit leuchtenden Augen redete Max von seiner Familie. Beginnend mit dem einen Enkel, der gerade sein Diplom zum Abschluss des Colleges bekam und zu dessen Feier sie am nächsten Tag aufbrachen, bis zum anderen Enkel, der gerade die High School beendet und den sie auch besuchen fahren werden, um ihm zu gratulieren.

Kurz und gut, dieses gesamte Erlebnis war echt einzigartig und wirklich berührend. Diese beiden Menschen, denen man heute kaum noch ansieht, was sie erlebt haben, haben ein unglaublich großes und warmes Herz! Sie sind wirkliche Lebenskünstler und vor allem Genießer! Sie reisen sehr viel und sind sehr interessiert was passiert. Ich wette, dass keiner diese beiden für älter als 50 schätzt. Weder in ihrem Aussehen noch und vor allem nicht in ihrem Lebensstil. Er arbeitet noch immer freiwillig im Museum of Jewish Heritage und ist teilweise bestimmt aktiver und fitter als ich!

Jetzt möchte ich Maximilians Leben noch mal ganz schnell zusammenfassen:

Maximilian Lerner, geboren am 4.9.1924 in Wien. Er lebte mit seinen Eltern in der Löwengasse 39/2a, 1030 Wien. Nach einem bestandenen Aufnahmetest, besuchte er das Akademische Gymnasium auf dem Beethovenplatz in Wien.

Nachdem die Nazis in Österreich eingefallen waren, flüchtete er mit seiner Familie, bestehend aus Mutter, Vater und Schwester, zuerst nach Paris, wo die Familie den Krieg überstehen wollte. Doch als sie sahen, dass es hier auch nicht mehr sicher war, sprich nach der Nacht des Novemberpogroms, flüchteten sie über Nizza nach Spanien, von dort aus nach Portugal und von dort aus ging es mit einem Schiff ab ihn die USA.

Die komplette „Reise“ dauerte 2 ½ Jahre; am 25.April 1941 kam die Familie Lerner in Amerika an.
Zu diesem Zeitpunkt war Max alt genug, um der US-Armee beizutreten, zog weitere 2 ½ Jahre später mit ihr in den Krieg und kehrte somit nach Europa zurück.
Sein Vorteil war es, dass er Deutsch sprach. So wurde er als Spitzel nach Deutschland geschickt und konnte, mit einer Naziuniform gekleidet, einige Deutsche festnehmen.
All seine Erlebnisse hat Max vor einigen Jahren in seinem Buch festgehalten.
Es heißt „The Expendable Spy“ und beinhaltet seine ganz persönliche Geschichte!

Ganz zum Schluss will ich mich bei allen Bedanken, die mir diese tolle Reise ermöglicht haben! Ich hab die gesamte Woche wirklich genossen und hatte echt viel Spaß!!
Außerdem will ich mich bei der Familie Lerner bedanken, die mich so nett empfangen hat und hoffe, dass sie sich melden wenn sie nach Wien kommen.

Vielen, vielen Dank und dickes BUSSI an alle!!

Lia Böhmer, Erich-Fried-Gymnasium, Wien, 2007

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