STANISLAW
geb. 1922-05-29 |
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Diese Geschichte wurde im Projekt "Die Letzten Zeugen" erstellt.
Stanislaw Leszczynski wurde am 29.5.1922 in Lodz in Polen geboren. 1943 wurde er ins KZ Mauthausen deportiert, danach musste er im KZ Gusen Zwangsarbeit verrichten, ehe er am 5.Mai 1945 befreit wurde. Stanislaw Leszczynski lebt heute in Polen.
Jeder von uns, der das KZ überlebt hat, verdankt das Kameraden
Der Schüler Andreas Bauer hat die Lebensgeschichte von Stanislaw Leszczynski recherchiert und die Überlebenden des KZ Mauthausen im ehemaligen Lager persönlich getroffen.
Reden von Stanislaw Leszczynski, überlebender des KZ Mauthausen, und Andreas Bauer, Schüler, als Teilnehmer des Projekts der Befreiungsfeier im ehemaligen KZ Mauthausen am 9.Mai 2004:
„Ich heiße Stanislaw Leszczynski. Als Überlebender der Konzentrationslager Mauthausen und Gusen bin ich an diesen Ort zurückgekommen, um die Wahrheit über die hier begangenen Verbrechen zu berichten und über jene Menschen zu erzählen, die sich als Häftlinge für ihre Mithäftlinge aufgeopfert haben. Jeder von uns, der das Lager überlebt hat, verdankt das Verlassen dieser Hölle solchen Kameraden.Wir haben um jeden Tag, um jede Stunde Überleben gekämpft, immer mit dem Gedanken an die Liebsten. Aber ohne die Hilfe von Kameraden wäre dieser Kampf hoffnungslos gewesen. Ich selbst war mehrmals dem Krematorium nahe. Die Erinnerung an jene, die mir halfen, wird mich bis an mein Lebensende begleiten:
Michal Rocniak – dank ihm habe ich die Quarantäne in Mauthausen überlebt, obwohl ich schon fast tot war. Tadzio Woytowicz – der sein Brot mit mir teilte, obwohl er selbst hungerte. Ein mir unbekannter Hilfskapo, der mich vom Leichenwagen herunterzog. Piotr Naruszewicz
– im Krankenrevier, der jedes Paket mit mir teilte und ich dann wieder mit meinem Bruder, was uns das Leben ermöglicht hat. Und noch so viele andere.
Jeder der hier anwesenden Kameraden hatte solche Hilfsengel. Auch sie haben dieses Stück Erde geheiligt.
Wenn sich nun Schüler aus Österreich mit diesen Lebensgeschichten auseinander setzen, dann kann das mithelfen, dass aus der geheiligten Erde von Mauthausen eine Atmosphäre der Solidarität zwischen den Völkern, des gegenseitigen Respekts und der gegenseitigen Liebe erwachsen.
Ich wurde von meinem lieben, jungen Freund Andreas nach meiner Lebensweisheit gefragt: Nun, ich habe lange nachgedacht und möchte mit meiner Hoffnung antworten:
Ich glaube, dass die Asche der 100 000 Kameraden, die hier verstreut wurde, ein goldener Same ist, aus dem Triebe wachsen, als Warnzeichen für die nächste Generation. Damit sich eine ähnliche menschliche Tragödie – die Erniedrigung des Menschen – nie mehr wiederholt.“
"Mein Name ist Andreas Bauer. Ich bin 14 Jahre alt und besuche das Realgymnasium Perchtoldsdorf. Ich recherchiere die Lebensgeschichte von Stanislaw Leszczynski und freue mich sehr, dass ich ihn heute auch persönlich kennen lernen darf. Stanislaw lebt in Polen, in Warschau, er ist heute 82 Jahre alt.
Als er 17 Jahre war, wurde er mit seiner Familie von der Gestapo verhaftet. Seine Mutter kam nach Auschwitz, sein Vater wurde später beim Aufstand im Warschauer Ghetto erschossen. Stanislaw und sein um ein Jahr jüngerer Bruder wurden an einem eisigen Februartag des Jahres 1943 als politische Häftlinge nach Mauthausen und später nach Gusen deportiert. Im Lager angekommen, mussten sie sich nackt ausziehen, wurden kahlgeschoren und verloren sofort ihren Namen und ihre Würde. Stanislaw war ab diesem Zeitpunkt nur noch eine Nummer, die Nummer 878.
Mit diesem Tag begann der Kampf ums Überleben. Stanislaw stand sehr oft vor dem Tod durch Verhungern, er versuchte wie alle anderen Gefangenen, sich im Winter an Mithäftlingen zu wärmen, schuftete im Steinbruch, wurde halbtot geschlagen, und sein bereits leblos scheinender Körper wurde auf den Leichenwagen gelegt, der ins Krematorium von Mauthausen rollte.
Warum er trotzdem überlebt hat? Er weiß es nicht: „Vielleicht war es Zufall“, sagt er, „oder Glück, oder Gott, in jedem Fall die Hilfe vieler Kameraden.“
Ich bin stolz, die Geschichte von Stanislaw dokumentieren zu dürfen."
Andreas Bauer, BG und BRG Perchtoldsdorf, 2004