Die letzten Zeugen - Das Buc

MARIAN KRETSCH


 
 

Diese Geschichte wurde im Projekt "Die Letzten Zeugen" erstellt.

Die neue Generation hatte eine neue Welt in Österreich geschaffen.

Marian Kretsch berichtet über ihre Eindrücke und Erlebnisse während ihres Besuchs in Wien im Mai 2008.

Während meiner Woche in Wien und auch während meines dreitägigen Aufenthaltes am Semmering, hatte ich unzählige unerwartete, spontane Begegnungen mit WienerInnen und anderen ÖsterreicherInnen. Ich war besonders ergriffen von der Wärme ihres Empfanges und von dem Eifer mit einem Holocaust Überlebenden über die Geschehnisse zu sprechen - ihr Entsetzen, und das Unverständnis, dass so etwas geschehen kann. Es war sehr berührend, heilend, und beruhigend zu sehen, dass die neue Generation eine neue Welt in Österreich geschaffen haben.

Es gibt zu viele Erlebnisse aus dieser Woche, aber eines ist mir besonders in Erinnerung geblieben, eines das zwei Menschen eine besondere Freude gemacht hat:

Ich wollte sehr gerne ein Konzert der Wiener Philharmoniker im Musikverein besuchen, aber es war fast unmöglich noch ein Ticket zu bekommen. Mein Dank geht an Markus Priller, dessen Vorschlag ich folgte und Sonntags früh morgens persönlich nachzufragen, ob nicht ein Ticket zurück gegeben wurde. Dem war auch so - eine nette Dame aus Amstetten hatte ein Ticket zu verkaufen und ich kaufte es sogleich. Als sie erfuhr warum ich nach Wien kam, war sie entzückt, dass ihr Ticket an einen Survivor ging.  Sie wiederholte immer wieder, wie glücklich es sie machen würde, und dass sie den Holocaust Jahre lang studierte. So saßen wir also nebeneinander in der Eingangshalle des Musikvereins und unterhielten uns, wie alte Freundinnen. Das Konzert war wundervoll und die neue Freundschaft die ich dadurch gewonnen habe, machte diesen Moment der Woche unvergesslich.
Ich habe auch schon von ihr  via Email gehört, dass auch Freunde und ihre Familie sich sehr gefreut haben zu hören wer ihr Ticket erhalten habe. Ist das nicht einfach was ganz besonderes?

Mein Begrüßung in meiner ehemaligen Schule in der Feldgasse lag weit über meinen Erwartungen. Die Direktorin begrüßte uns an einem Tisch mit allerlei Köstlichkeiten, Gebäck, Guglhupf und einem eleganten Service (Porzellangeschirr) zum Kaffee.
Sie gaben uns eine Tour durch das schöne, moderne Schulgebäude und die SchülerInnen lauschten gespannt den Geschichten über Frau Neumanns Flucht.

Ich war überrascht, dass die Schule noch alle Zeugnisse von meinen 8 Jahren Schulbesuch in der Albertgasse hatten. Die Direktorin war so nett und hat sie für mich ausgedruckt. Ich habe die von 1938, meinem letzten Jahr an der Schule, beigelegt. Diese sind deshalb interessant, da unsere geliebter Frau Klassenvorstand, Dr. Emilie Sachs, die unsere Klasse 8 Jahre begleitete und auf die Matura vorbereitete, nach dem Anschluss fliehen musste (da sie jüdisch war) und jemand anderer, der unsere Klasse gar nicht kannte, sie ersetzte. Das war ein Schock mehr in diesem erschreckenden Frühling.

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