Die letzten Zeugen - Das Buc

SHLOMO SHAKED


 
 
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Diese Geschichte wurde im Projekt "Die Letzten Zeugen" erstellt.

Unter den Schülern fühlte ich mich wie »zu Hause«.

Wie Shlomo Shaked den Besuch in seiner ehemaligen Schule in Wien erlebte.

Gut, dass Herr Kurt Herlt mich am Flughafen empfing, so konnten wir einige Worte wechseln, und ich wusste wenigstens, wie er aussieht und wir konnten die letzten Verabredungen besprechen über unser erstes Treffen mit den SchülerInnen in der Albertina am Samstag.

Schön, dass sich eine Gelegenheit geboten hatte, die Schülerinnen noch vor unserem offiziellen Besuch in der Schule persönlich kennen zu lernen. Wir haben uns sehr gefreut über die Treffen, die wir mit den SchülerInnen  hatten, in der Albertina, im Museumsquartier, wo wir sehen konnten, wie sie sich unter sich verhalten und wie brav sie sind, und auf dem Heldenplatz, als sie nach stundenlangem Stehen ihre natürliche Freude zeigten, als Herr Kurt Herlt ihnen mitteilte, dass sie nun nach Hause fahren könnten.

Der Höhepunkt war in der Schule, mit welchem Stolz sie uns durch die Schule führten und sich bemühten, uns alles zu erklären und so viel wie möglich zu zeigen und dann im Klassenzimmer die Gesprächsstunde. Sowohl in der Klasse, als auch in der ganzen Schule spürten wir die Vorbereitungen und den freundlichen Empfang, die uns sehr berührten und wir, als ehemalige Erzieher, wissen und können es schätzen, wie viel Arbeit dahinter steckt und wir wissen auch, wer dafür verantwortlich war. Meine Frau machte folgende Bemerkung: Zwischen den SchülerInnen fühlte ich mich wie »zu Hause«. Ihr Benehmen hat mich beeindruckt und mir gefallen.

Ich konnte ihnen von meinen Erfahrungen und Erinnerungen im Realgymnasium erzählen und es freute mich besonders, dass sich viel verändert hat seither, dass nicht mehr wie früher (auch vor dem Anschluss) eine düstere Atmosphäre herrschte, sondern eine lebensfrohe, offenherzige und fröhliche Stimmung.

Am Anfang der Gesprächsstunde konnte ich Mag. Kurt Herlt eine Urkunde verleihen, dass anlässlich der gemeinsamen Teilnahme am Projekt »A Letter To The Stars« auf seinen Namen und den seiner SchülerInnen 10 Bäume im Wald in Galiläa gepflanzt wurden. Nach der Gesprächsstunde verteilten wir unter den 15 SchülerInnen, mit denen wir im Briefkontakt waren, für jeden einen kleinen armenischen Kunstteller. Wir freuten uns sehr, dass unsere Aufmerksamkeiten so gut aufgenommen wurden, denn wir haben uns viele Gedanken gemacht, wie wir uns bedanken können für das Verständnis und das Interesse, das die SchülerInnen für mein persönliches Schicksal und das meiner Familie gezeigt haben.
 
Hoffentlich werden die SchülerInnen auch weiter Interesse und Verständnis zeigen für die Geschehnisse und  daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Ein Denkmal ist wichtig, aber »denk mal darüber nach« ist noch wichtiger.

Auch der Besuch beim Direktor berührte uns sehr, wir überreichten auch ihm eine Urkunde, die bestätigt, dass anlässlich der Wiederbegegnung nach 70 Jahren in Freundschaft und Hoffnung im Wald von Galiläa 18 Bäume auf den Namen des BRG18  gepflanzt wurde. Es freute mich zu hören, dass der Direktor sogar die besondere Bedeutung der 18 (Chai) im Hebräischen wusste – und zum Abschied sagte: »Herr Shaked, das BRG18 war Ihre Schule, ist Ihre Schule, und wird es immer bleiben!« Auf was mehr konnte ich hoffen?
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Diese Geschichte wurde im Projekt "Die Letzten Zeugen" erstellt.

»Ich bedaure wirklich das Schicksal deines Opas«

Wie Shlomo Shaked auf ganz sensible Fragen der SchülerInnen antwortete.

Über zwei gänzlich verschiedene Briefe von SchülerInnen aus meinem ehemaligen BRG in Wien, die mich sehr berührt haben, und die ich nicht erwartet hatte und bei denen ich zuerst auch nicht wusste, wie ich antworten könnte, denn die SchülerInnen waren ja sehr jung (14-15 Jahre):

Der eine war von einem Schüler, der mir schon vorher geschrieben hatte, und mir in seinem dritten Brief über das Schicksal seines Großvaters erzählte, der, als er 15 Jahre alt war, zur Front geschickt wurde, mehrmals verwundet wurde und dem es gelang zu fliehen, bevor er gefangen genommen worden wäre und im letzten Jahre gestorben ist. Darauf schrieb ich: »Ich bedaure wirklich das Schicksal Deines geliebten Opas. Krieg ist immer sehr grausam und es ist schade, dass so viele Menschen den schweren Preis bezahlen müssen. Zum Frieden braucht man immer zwei Seiten, zum Krieg genügt leider nur eine Seite. Wir müssen alles unternehmen, Kriege zu vermeiden. Wichtig ist, dass Du Deinem Opa in Liebe gedenkst.« Denn ich glaube, nur, wenn man bereit ist, das Leiden des Anderen zu verstehen, kann man erwarten, dass man sein eigenes wahrnimmt und anerkennt.

Der zweite Brief kam von zwei Schülerinnen, die mir eine Aufmerksamkeit oder vielleicht eine Freude bereiten wollten, indem sie das Haus, in dem wir bis Ende 1938 wohnten von außen und innen aufnahmen, und mir 11 Fotos schickten. Ich war so aufgeregt, da unter den Fotos sogar ein Teil unserer ehemaligen Wohnungstür zu sehen war, was sie bestimmt nicht wissen konnten und einige Tage fiel es mir schwer, ihren Brief mit den vielen Fragen zu beantworten. Nach zwei Wochen schickte ich ihnen diese Antwort: Danke für die Fotos von dem Hause, in dem wir gewohnt haben.

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