(früher Alexander Katz) |
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Diese Geschichte wurde im Projekt "Botschafter" erstellt.
Shemuel Alexander Katz wurde am 18.August 1925 in Wien geboren. Im Sommer 1938 flüchtete er mithilfe von gefälschten Papieren mit seiner Schwester nach Ungarn. Nach der Besetzung Ungarns durch die Deutschen wurde er ins Ghetto Miskolz deportiert und musste dort Zwangsarbeit verrichten.
"Trotzdem lachen und andere zum Lachen bringen..."
Die Schülerin Stefanie Strobl vom BRG Waltergasse hat die Lebensgeschichte von Alexander Katz erforscht.
Die Lebensgeschichte von Shemuel Alexander Katz ist bereits in einem Buch erschienen: „Mein Schicksal war die Ausnahme“, so heißt es. Es wurde 1998 im Dommuseum in Wien präsentiert. Auch eine hohe österreichische Auszeichnung hat Alexander Shemuel Katz in diesem Jahr erhalten.Sein Leben liest sich wie ein Abenteuerroman. Er sagt von sich selbst, dass er ein „echter Österreich-Ungar“ ist. Seine Familie stammt aus Ungarn. Er selbst ist am 18. August 1925 in Wien geboren, also am Geburtstag von Kaiser Franz Josef. Sein Vater war Oberkantor an der Synagoge in der Siebenbrunnengasse, die es nicht mehr gibt, weil sie in der „Reichskristallnacht“ niedergebrannt wurde. Er sammelte Opernplatten. Auch ein berühmter Opernsänger, Joseph Schmidt, von ihm stammt der Schlager „Ein Lied geht um die Welt“, hatte seine Karriere im Chor der Synagoge Siebenbrunnengasse begonnen. Sein Vater war also ein angesehener Mann, der regelmäßig im „Cafe Margarethner Hof“ am Margarethenplatz Schach spielte. Alexander besuchte die Volksschule in der Phorusgasse. Die Famile wohnte in der Schönburgstraße 25. Dann ging er in die Ressel- Realschule, meine heutige Schule, das BRG 4 Waltergasse.
Als Alexander sieben Jahre alt war, beschlossen die Eltern, dass ihr Sohn ein berühmter Musiker werden solle. Daher begann Alexander Klavier zu üben und machte auch schnell Fortschritte. Dieses Klavier, Marke Därr, konnte er auch später nach Ungarn mitnehmen. Es bedeutete ihm sehr viel. Sein Grossvater lebte in Ungarn, handelte mit Papierwaren und gab Kalender und Bildpostkarten heraus. Man nannte ihn den Postkartenkönig.
Alexander war sehr musikalisch, beherrschte als junger Mann Klavier und Akkordeon, war aber graphisch mindestens ebenso begabt. Niemand und nichts war vor seinem Zeichenstift sicher. Nicht einmal Hitler. Als nämlich Hitler einmarschierte, setzte man die jüdischen Schüler in Alexanders Klasse hinten zusammen, wo Alexander Hitler-Karikaturen zeichnete. Seine Eltern hatten schreckliche Angst, aber
am 28. April war sowieso Schluss mit der Ressel-Realschule, der Klassenvorstand, Prof. Schweiter, las irgend- etwas vor, das bedeutete,
dass Juden hier unerwünscht wären und so ging Alexander mit seinen jüdischen Klassenkameraden bis zum Ende der Schuljahres in die
Radetzkyschule.
Schon vorher war er im Draschpark mit dem „Klub der jüdischen Frontkämpfer“ in Kontakt gekommen und hatte sich für die zionistische Idee begeistert. In der Talmudschule der Synagoge lernte er auch Hebräisch. Im Sommer 1938 reiste Alexander auf Drängen seiner Eltern mit seiner Schwester Maritza in Obhut seiner Tante mit gefälschten Papieren nach Ungarn zum „Postkarten-Großvater“. Er konnte nicht Ungarisch, wurde im Gymnasium ausgelacht und konnte so nur durch seine Zeichenkünste Aufmerksamkeit erregen. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach und Ungarn auf der Seite Nazi-Deutschlands kämpfte, zeichnete Alexander Militärs in Uniform.
Im März 1944 besetzten die Deutschen Ungarn. Alexander musste den „gelben Fleck“, wie er den Judenstern nennt, tragen und wurde wie alle Juden in das Ghetto Mikolo gesperrt und zur Zwangsarbeit eingeteilt, um am Nordufer der Drau Befestigungen anzulegen. Seine Gemälde an den Wänden der Unterkunft trafen auf das Wohlwollen des Kompaniechefs und er erhielt eine bevorzugte Stellung. Ein Freund rettete ihn schließlich vor der Ermordung, indem er ihn auf dem Boden eines Glashauses versteckte, bis die Russen ihn befreiten.
Alexander traf seine Eltern wieder. Mit Humor berichtet er auch von einem russischen Kosaken hoch zu Ross, an dessen Seite fünf Säbel von ungarischen Polizisten hingen. In der einen Hand hielt er eine Flasche Slibowitz, an der anderen hatte er fünf Armbanduhren...
Alexander gab Konzerte für die Russen und zeichnete Porträts von Lenin, Marx und Stalin zu Propagandazwecken, was ihm heiß begehrte
Lebensmittel einbrachte. Er studierte kurz Grafik in Budapest, aber schon 1946 schickte ihn die Leitung seiner zionistischen Jugendorganisation auf dem Schiff „Knesset Israele“ nach Palästina. Sein Akkordeon machte die Überfahrt sehr lustig. Diese Geschichte liegt dem Film „Exodus“ zugrunde. Das Schiff lief Zypern an und Alexander erkrankte an Typhus.
Nach seiner Genesung bekam er von seinen britischen Bewachern eine Menge Zeichenaufträge. Ende November 1947 konnte er endlich Palästina, das Land seiner Träume, betreten. Er trat in den Kibbuz Eiolon ein und wurde sogleich im Umgang mit Waffen vertraut gemacht.
Im Oktober 1948 wurde er einer Kibbuzbewegung zugeteilt, sie stellten Stacheldraht, Zelte und Baracken auf und hoben Gräben aus. Von da an gründete Alexanders Gruppe Kibbuzim.
Als Kriegszeichner war er nun voll beschäftigt bis ins Jahr 1982, wo er aus dem Reservedienst der Armee entlassen wurde. Seine Karikaturen und Buchillustrationen wurden in israelischen Tageszeitungen und in verschiedenen Büchern veröffentlicht. Dazwischen hatte er die Möglichkeit in Paris Kunst zu studieren und traf sich mit namhaften Künstlern – und so hängt bei ihm das Autogramm Picassos über dem Porträt von Kaiser Franz Joseph.
Alexander wurde zu Friedenskonferenzen geschickt und durfte dort alle Teilnehmer zeichnen, darunter auch den damaligen Palästinenserchef Yassir Arafat. Er organisierte Ausstellungen über die Etappen seiner Emigration und bereiste Afrika und den Iran. Er traf auch den damaligen Präsidenten Ägyptens, Sadat.
Shemuel Alexander Katz lebt heute im Kibbuz Gaaton mit seiner Frau Nomi, die er auf Zypern traf. In seinen Erinnerungen ist keine Bitterkeit. Er kam und kommt oft nach Österreich, im Herbst 2005 will er mit seiner Familie unsere Schule besuchen, um seinen Enkeln zu zeigen, woher ihr Großvater stammt.
Sein Lebensmotto ist: Lachen und andere zum Lachen bringen ...
Stefanie Strobl, BRG Waltergasse,Wien