EHUD JUNGWIRTH(früher Georg )geb. 1923-03-12 lebt heute in Israel |
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Diese Geschichte wurde im Projekt "Botschafter" erstellt.
Da besuchte Georg bereits die 5c-Klasse des Realgymnasiums an der Resselrealsschule, dem heutigen BRG4 Waltergasse. Er war damals 15 Jahre alt. Seine Eltern waren geschieden, er wohnte gemeinsam mit seiner Mutter Helene bei seinen Großeltern namens Schick in der Hirschgasse 7 im 6. Wiener Gemeindebezirk. Georg kam aus einer alteingesessenen renommierten Wiener jüdischen Familie. Am 29. April 1911 waren seine Urgroßeltern sogar im Wiener Extrablatt abgebildet, anlässlich ihrer diamantenen Hochzeit.
Im April 1938 – zu Hitlers Einmarsch – änderte sich mit einem Mal so vieles in Georgs Leben. Er erzählt, dass seine Lehrerin schon
vor dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich versucht hatte, alle jüdischen Schüler unauffällig von den nichtjüdischen Schülern zu trennen. Dies geschah ohne zuvor irgendwelche negativen Erfahrungen gemacht zu haben. Georg Jungwirth kann sich noch an zwei Freunde aus dieser Zeit erinnern. Der eine blickte damals Georg mit verständnislosen Augen an, da er nicht begreifen konnte, wieso all das geschah. Der andere beste Freund, mit dem er sonst immer spielte, mit dessen Fahrrad er fahren durfte, erschien am Tag nach Hitlers Einmarsch plötzlich in einer HJUniform. Seitdem haben sie kein Wort mehr miteinander gesprochen. Georg musste nun so wie viele andere jüdische Mitschüler in eine Schule gehen, die nur für Juden vorgesehen war.
Im September 1938 emigrierte Georg schließlich nach Israel. Er besuchte dort eine Schule für Landwirtschaft und Ackerbau, an der er auch maturierte. Heute hat Ehud (so wird er in Israel genannt) Georg Jungwirth einen Doktor- und einen Professorentitel. Nun lebt er gemeinsam mit seiner Frau, seinen Kindern und Enkelkinder, auf die er sehr stolz ist, in Israel.
Cornelia Krausz, BRG Waltergasse,Wien
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Diese Geschichte wurde im Projekt "Botschafter" erstellt.
– bis zum März 38, da kam er plötzlich in bester HJ-Uniform und hat mit mir kein Wort mehr gesprochen. Eine meiner größten Enttäuschungen in jener Zeit!
Mit einer Beschreibung, wie ich mich an den 28. April 1938, dem Tag, an dem wir jüdischen Schüler von der Schule verwiesen wurden, erinnere, habe ich große Schwierigkeiten. Ich erinnere mich nämlich kaum daran, sogar das Datum war mir irgenwie „entschlüpft“, bis euer erster Brief kam. Eines weiß ich aber, es war für mich aus dreierlei Gründen KEINE Überraschung.
Erstens: diese Absonderung war ja zu erwarten gewesen, man wusste ja, was im „Altreich“ vorgegangen war. Zweitens: es war ja nicht der erste Schritt, wir jüdischen Schüler wurden sofort nach dem Anschluss innerhalb der Klasse „abgesondert“. Das heißt, dass es in der 5 c nun eine Doppelreihe jüdischer Schüler und zwei Doppelreihen „ arischer“ Schüler gab. Der Klassenvorstand (Dr. Hainlen/Lateiner) hat das sehr taktvoll gemacht: „ Du tauschst den Platz mit dem, du mit jenem usw.“
Drittens: das Editkt No. 86 wurde im Radio am selben Morgen verlautbart, wir haben es um sieben Uhr gehört und ich wusste daher, was geschehen wird (nur nicht wie!). Und es ist das WIE, mit dem ich Schwierigkeiten habe. Ich kann mich nicht erinnern, wer in die Klasse kam, um uns die Mitteilung zu machen. Ich kann mich auch nicht erinnern, auf welche Art und Weise wir die Schule verlassen haben, ich glaube aber nicht, dass wir „Unannehmlichkeiten“ hatten, daran hätte ich mich ja doch erinnert. Das einzige, das ich noch im Kopf habe, ist, dass mein guter nichtjüdischer Freund Kaiser ganz verstört und verständnislos auf mich zugekommen ist. Ich konnte aber nur ein paar Worte mit ihm wechseln, denn alles ging sehr schnell.
Ich kann mich auch nicht erinnern, was nachher geschah, nur, dass ich „irgendwie“ nach Hause gekommen bin ...
Diese Geschichte wurde im Projekt "Botschafter" erstellt.
Georg Jungwirth wurde am 12.3.1923 in Wien geboren. Am Tag nach Hitlers Einmarsch erschien einer seiner besten Freunde in JJ-Uniform und sprach kein Wort mehr mit ihm. Im September 1938 floh Georg Jungwirth nach Israel, wo er mit seiner Familie bis heute lebt.
Ich habe den Adolf zu meinem 15.Geburtstag bekommen
Die Schülerin Cornelia Krausz hat die Lebensgeschichte von Georg Jungwirth aufhezeichnet.
Ich erforsche die Lebensgeschichte von Ehud (geboren als Georg) Jungwirth. Er ist am 12. März 1923 in Wien als Jude geboren. Humorvoll schreibt er, er habe „den Adolf“ am 12. März 1938 zu seinem Geburtstag bekommen.Da besuchte Georg bereits die 5c-Klasse des Realgymnasiums an der Resselrealsschule, dem heutigen BRG4 Waltergasse. Er war damals 15 Jahre alt. Seine Eltern waren geschieden, er wohnte gemeinsam mit seiner Mutter Helene bei seinen Großeltern namens Schick in der Hirschgasse 7 im 6. Wiener Gemeindebezirk. Georg kam aus einer alteingesessenen renommierten Wiener jüdischen Familie. Am 29. April 1911 waren seine Urgroßeltern sogar im Wiener Extrablatt abgebildet, anlässlich ihrer diamantenen Hochzeit.
Im April 1938 – zu Hitlers Einmarsch – änderte sich mit einem Mal so vieles in Georgs Leben. Er erzählt, dass seine Lehrerin schon
vor dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich versucht hatte, alle jüdischen Schüler unauffällig von den nichtjüdischen Schülern zu trennen. Dies geschah ohne zuvor irgendwelche negativen Erfahrungen gemacht zu haben. Georg Jungwirth kann sich noch an zwei Freunde aus dieser Zeit erinnern. Der eine blickte damals Georg mit verständnislosen Augen an, da er nicht begreifen konnte, wieso all das geschah. Der andere beste Freund, mit dem er sonst immer spielte, mit dessen Fahrrad er fahren durfte, erschien am Tag nach Hitlers Einmarsch plötzlich in einer HJUniform. Seitdem haben sie kein Wort mehr miteinander gesprochen. Georg musste nun so wie viele andere jüdische Mitschüler in eine Schule gehen, die nur für Juden vorgesehen war.
Im September 1938 emigrierte Georg schließlich nach Israel. Er besuchte dort eine Schule für Landwirtschaft und Ackerbau, an der er auch maturierte. Heute hat Ehud (so wird er in Israel genannt) Georg Jungwirth einen Doktor- und einen Professorentitel. Nun lebt er gemeinsam mit seiner Frau, seinen Kindern und Enkelkinder, auf die er sehr stolz ist, in Israel.
Cornelia Krausz, BRG Waltergasse,Wien
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Diese Geschichte wurde im Projekt "Botschafter" erstellt.
In der 5c gab es plötzlich arische und jüdische Schüler...
Georg Jungwirth erinnert sich an den 28.April 1938, jenen Tag, an dem die jüdischen Schüler von der Schule verwiesen wurden.
In der Klassenliste der 5c, die ihr geschickt habt, erwecken einige Namen bei mir keinerlei Assoziationen, andererseits fehlen mir auch welche. Ich habe das Klassenbild jetzt vergrößert und verdeutlicht und konnte einige weitere Schüler identifizieren, aber nicht viele. Einige andere habe ich zwar visuell im Gedächtnis, kann mich aber nicht an die passenden Namen erinnern ... Fellner von Feldegg hat Hugo geheißen, ich war mit ihm sehr befreundet, wir haben zusammen chemische Versuche bei ihm und bei mir zu Hause gemacht. Er hat mir das Radfahren auf seinem Rad beigebracht (ich hatte keines), er war mein Patrouillenführer bei den Pfadfindern, wir sind gemeinsam auf einer Schulbank gesessen usw.– bis zum März 38, da kam er plötzlich in bester HJ-Uniform und hat mit mir kein Wort mehr gesprochen. Eine meiner größten Enttäuschungen in jener Zeit!
Mit einer Beschreibung, wie ich mich an den 28. April 1938, dem Tag, an dem wir jüdischen Schüler von der Schule verwiesen wurden, erinnere, habe ich große Schwierigkeiten. Ich erinnere mich nämlich kaum daran, sogar das Datum war mir irgenwie „entschlüpft“, bis euer erster Brief kam. Eines weiß ich aber, es war für mich aus dreierlei Gründen KEINE Überraschung.
Erstens: diese Absonderung war ja zu erwarten gewesen, man wusste ja, was im „Altreich“ vorgegangen war. Zweitens: es war ja nicht der erste Schritt, wir jüdischen Schüler wurden sofort nach dem Anschluss innerhalb der Klasse „abgesondert“. Das heißt, dass es in der 5 c nun eine Doppelreihe jüdischer Schüler und zwei Doppelreihen „ arischer“ Schüler gab. Der Klassenvorstand (Dr. Hainlen/Lateiner) hat das sehr taktvoll gemacht: „ Du tauschst den Platz mit dem, du mit jenem usw.“
Drittens: das Editkt No. 86 wurde im Radio am selben Morgen verlautbart, wir haben es um sieben Uhr gehört und ich wusste daher, was geschehen wird (nur nicht wie!). Und es ist das WIE, mit dem ich Schwierigkeiten habe. Ich kann mich nicht erinnern, wer in die Klasse kam, um uns die Mitteilung zu machen. Ich kann mich auch nicht erinnern, auf welche Art und Weise wir die Schule verlassen haben, ich glaube aber nicht, dass wir „Unannehmlichkeiten“ hatten, daran hätte ich mich ja doch erinnert. Das einzige, das ich noch im Kopf habe, ist, dass mein guter nichtjüdischer Freund Kaiser ganz verstört und verständnislos auf mich zugekommen ist. Ich konnte aber nur ein paar Worte mit ihm wechseln, denn alles ging sehr schnell.
Ich kann mich auch nicht erinnern, was nachher geschah, nur, dass ich „irgendwie“ nach Hause gekommen bin ...