Diese Geschichte wurde im Projekt "Überlebende" erstellt.
Wir hatten das Gefühl Jack schon immer zu kennen
Die Schülerin Carina Voggeneder hat den Überlebenden Jack Sittsamer persönlich getroffen und ihre Erlebnisse niedergeschrieben.
Mein Name ist Carina Voggeneder und ich bin 17 Jahre alt. Im Geschichtsunterricht meiner Schule wurde ich auf das Projekt „A Letter To The Stars“ aufmerksam. Da ich über die vergangenen Geschehnisse stark betroffen und schockiert bin, habe ich mich mit diesem Thema intensiv beschäftigt. Da sich nur noch selten die Gelegenheit bietet einen Überlebenden zu kontaktieren, entschloss ich mich diese einmalige Chance zu nützen. So warf ich einen Blick auf die Homepage von „A Letter To The Stars“. Auf diesem Weg lernte ich Jack Sittsamer kennen, der in den KZ’s Mauthausen und dem Nebenlager Gusen gefangen war. Nachdem ich ihm einige Briefe geschrieben habe und er mir erfreulicher Weise antwortete, erfuhr ich, dass er sehr gerne zu der jährlichen Feier die in Gedenken an die Zeit des Nationalsozialismus stattfindet, kommen würde. Aus diesem Grund wendete ich mich an Josef Neumayr, der es Jack schließlich ermöglichte von seiner jetzigen Heimat der USA, nach Österreich zu kommen. Ich freute mich sehr, als ich erfuhr, dass Jack wirklich kommen konnte. Am 7. Mai holten meine Familie und ich unseren Gast ab. Ich war sehr nervös, da ich nicht wusste, ob wir uns überhaupt verständigen konnten, aber es ging alles gut.Ich erfuhr von Josef, dass er im letzten Waggon sitze, eine helle Hose und eine dunkle Jacke anhätte. Wir brauchten nicht lang zu suchen, als wir einen Mann sahen, der gerade seine Koffer aus dem Waggon schleppte. Wir dachten sofort, dass er das sein müsse. Wir fuhren nach der ersten Begegnung gleich zu seinem Hotel, um sein Gepäck abzuladen. Vorher wussten wir nicht wie fit Jack sein würde, aber er war für sein Alter noch sehr rüstig. Wir fuhren mit ihm zum Pöstlingberg hinauf, um ihm die Stadt Linz zu zeigen. Wir versuchten die Straße zu finden, in der er bei seiner Lebensretterin Frau Weber die erste Zeit nach seiner Befreiung verbrachte. Tatsächlich fanden wir eine Straße, die ihm bekannt vorkam. Nach diesem Abenteuer fuhren wir zu mir nach Hause, unterhielten uns und er erzählte uns von seinen schlimmen Erlebnissen, die er damals durchmachen musste.
Der nächste Tag war nicht weniger aufregend, nach dem gemeinsamen Mittagessen, fuhren wir zuerst zur Gedenkstätte von Gusen 3, danach nach Gusen, wo sich das Lager Gusen 2 befand, aus dem er am 5. Mai 1945 befreit wurde. Er war sehr betroffen, dass auf dem ehemaligen Lagerplatz jetzt Wohnhäuser und lediglich eine kleine Gedenkstätte steht. Hier traf er ehemalige polnische Mithäftlinge und wir nahmen an der Eröffnungsfeier für das Memorial Gusen teil. Den restlichen Abend verbrachten wir bei mir zu Hause. Ich und meine Familie schlossen Jack so in unser Herz, dass wir das Gefühl hatten ihn schon immer zu kennen!
Der aufregendste Tag der Woche stand vor der Tür, der Sonntag. Wir fuhren gemeinsam nach Mauthausen zur Befreiungsfeier. Wir besichtigten den Steinbruch, in dem Jack arbeiten musste. Ich fühlte mich nicht wohl an diesem Ort, an dem so schreckliche Taten begangen wurden, wie musste es da erst Jack gehen? Ich versuchte ihm beizustehen. Danach gingen wir auf dem Appellplatz. Tausende Menschen zogen zum Gedenken ein. Es kam der aufregendste Teil meines Lebens auf mich zu. Ich und Jack durften vor den tausenden Menschen sprechen.
Nun war leider schon der letzte Tag. Jack sprach vor meiner Klasse und er berichtete aus seinem Leben. Ich wusste schon sehr viel von den Leiden, die Jack durchmachen musste, trotzdem war der Vortrag sowohl für meine Mitschüler als auch für mich sehr interessant. Danach hieß es leider Abschied nehmen. Diese Tage, die ich mit Jack verbringen durfte waren sehr eindrucksvoll für mich. Ich konnte viel lernen und begriff, dass Gewalt, Demütigung sowie Kriege nicht die richtigen Wege sein können. Solche Ereignisse wie im 2. Weltkrieg geschehen sind dürfen wir nie vergessen und diese dürfen nie mehr wiederholt werden!
Carina Voggeneder, 2004