MR JACKIE YOUNG(früher Jona Spiegel)geb. 1941-12-18 lebt heute in Großbritannien Ermordete Verwandte |
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Diese Geschichte wurde im Projekt "Überlebende" erstellt.
Jackie erfuhr erst als 19 jähriger im Rahmen seiner Hochzeitsvorbereitungen mit Lita, dass er kein Engländer sondern gebürtiger Österreicher ist, dass seine jüdische Mutter mit ihm in Wien lebte und sie von dort nach Minsk verschleppt und ermordet wurde. Jackie Young hat in London Schüler der Hauptschule Bad Schallerbach getroffen.
Jackie Young - Jona Jakob Spiegel
24. März 2007, Lords Hotel, London - knapp nach 9 Uhr am Morgen.
18 österreichische Teenager sitzen gespannt im Aufenthaltsraum des Hotels und warten ....sie warten allerdings nicht unbedingt auf mich, ihre Lehrerin, sondern auf das Zusammentreffen mit jenem Mann, den ich gerade eben an der Rezeption mehr oder weniger über den Haufen gerannt habe. Wir schauen uns kurz an - "Jackie?" "Doris?" - und schon umarmen wir einander herzlich und freuen uns, dass wir uns - nach vielen mails - endlich auch persönlich treffen. Jackie stellt mir seine Frau Lita vor und ich bin einfach dankbar, dass die beiden Menschen sich die Zeit nehmen, mitten in London einem Haufen österreichischer Teenager ihre Geschichte zu erzählen und Jackie hat eine beeindruckende Geschichte zu erzählen:
Jackie erfuhr erst als 19 jähriger im Rahmen seiner Hochzeitsvorbereitungen mit Lita, dass er eigentlich kein Engländer sondern gebürtiger Österreicher ist, dass seine jüdische Mutter mit ihm in Wien lebte und sie von dort nach Minsk verschleppt und ermordet wurde. Jackie – der eigentlich als Jona Jakob Spiegel geboren wurde – kam zunächst in ein jüdisches Waisenhaus in Wien und wurde schließlich bereits im Alter von 6 Monaten ins Konzentrationslager nach Theresienstadt deportiert. Dort überlebte er glücklicherweise zweieinhalb Jahre und wurde am Kriegsende nach England in ein Waisenhaus gebracht. Jackie beschreibt diesen schicksalshaften Moment während seiner Hochzeitsvorbereitungen wie folgt:
>Three months before our marriage we had to go along to the Jewish Board of Deputies with relevant documents for them to sanction that our marriage could take place in the synagogue. Together with my adopted mother and my fiancée's mother we went to the offices, whereupon my mother handed over the deed poll papers showing the change of our name, and also a shortened version of my birth certificate.
The secretary said, "So, you were born in Austria." He then asked my mother and if she was also born there, and she said no. I could see that she was going to hide the fact that I was adopted, and so I said to her, "Why don't you tell the man the truth about me, that I am adopted."
"In that case," he said, "I must have proof that your natural mother was Jewish." My adopted mother assured him that she was, that the document was in the safe deposit box and asked whether he could just take her word for it.
"Certainly not," he said, "you will have to go and get it." He then turned to me and asked whether I was circumcised and barmitzvahed, and I answered yes to both these questions. My mother was arguing with the man and by now we were all becoming upset. My fiancée interrupted and said that we had had enough of all the hassle, it didn't matter, and we would get married in a Registry Office. But my mother wanted us to be married in the synagogue and she could see that she would have to produce the document for that to happen.
We all went to the safe deposit and I just could not wait to get my hands on those papers. I wanted to see what my mother was trying to hide. I begged her to let me look at them, but crying and shouting she held on to them. On returning to the office the secretary looked over the papers and told us they were in order. He appeared to be completely without compassion.
I snatched the papers away as he handed them back to my mother and, to my utter astonishment, saw that I had been in a concentration camp. My real name was Jona Jakob Spiegel and my mother's name had been Elsa Spiegel, born 1909 in Vienna. I had been brought to England on a bomber. We all stood there dumbfounded, and I became hysterical. I had heard about these terrible places and couldn't accept that I had been involved. My mother kept repeating that it was a very long time ago and that I was only a baby. I shouted at her, "Why couldn't you tell me before? I always find out from other people." <
Jackie's Geschichte war meinen Schülern aus der Vorbereitung zu diesem Treffen soweit bereits bekannt und so hatten sie etliche Fragen im Gepäck, die sie an Jackie und Lita richteten. Drei Schülerinnen haben ihre Eindrücke unseres Gesprächs kurz zusammengefasst: "Nachdem Jack uns kurz seine Geschichte nochmal erzählt hatte, hatten wir die Möglichkeit, unsere Fragen an ihn und seine Frau zu richten. Wir fragten Jackie, ob er selber jemals mit dem Gedanken spielte, Kinder zu adoptieren. Darauf meinte er, dass er nie darüber nachgedacht hatte, weil er glücklicherweise zwei Töchter mit seiner Frau hat. Einer von uns fragte nach dem Schicksal seines Vaters, dieser war vermutlich kein Jude. Jackie's bzw. Jonas Mutter hatte seine Identität verborgen, da zu dieser Zeit Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden verboten waren. Eine Schülerin fragte, ob er noch öfter an seine Vergangenheit denken würde. Jackie erzählte uns von den vielen Versuchen, damit abzuschließen aber auch davon, dass er immer wieder von seiner Vergangenheit eingeholt wird. Nach vielen weiteren Fragen verabschiedeten wir uns mit Geschenken bei den beiden. Wir brachten Fotos der Veranstaltung "Blumen der Erinnerung" mit - die Namen von Jacks Mutter und seinem Großvater erschienen auch auf der Leinwand aus Rosen, eine DVD über Ambassadors of Remembrance, Schokolade aus Österreich und auch eine Cd mit klassischer Musik (natürlich Mozart) , symbolisch dafür dass ,wenn wir schon unterschiedliche Sprachen sprechen (Jackie und Lita sprechen kein Deutsch), wir doch einen Weg gefunden haben, einander verstehen zu lernen. Persönliche Wünsche hatten wir auf Kärtchen geschrieben und diese rührten vor allem Lita zu Tränen. Ein sehnlicher Wunsch Jack's ist es, ein Bild seiner Eltern bzw. seiner Mutter zu finden. Mit einem Spiegel (in Anlehnung an seinen eigentlichen Nachnamen Spiegel) erinnerten wir ihn daran, dass er in seinem eigenen Spiegelbild immer auch ein Stück weit seine Mutter sehen kann, denn ihre Züge finden sich bestimmt auch in seinem Gesicht wieder.
Viele, viele unvergessliche Eindrücke, die sich tief in uns einprägten, durften wir bei diesem Zusammentreffen sammeln. Von ganzem Herzen wünschen wir Jackie und seiner Frau einen ruhigen, wunderschönen Lebensabend - sie haben es sich wirklich verdient." (Doris Blätterbinder, Lydia Schatz und Beatrix Kapeller)
Jackie hat uns tief beeindruckt und seine Frau Lita mit ihrem Engagement und ihrer Herzlichkeit nicht minder. Mich als Lehrerin hat sehr berührt, erst in London zu erfahren, dass Jack bisher nur ein einziges Mal vor Schülern - nämlich vor der Klasse in die eine seiner Töchter ging- seine Geschichte erzählte und seither nie wieder, weil er junge Menschen damit nicht konfrontieren wollte. Für uns machte er da quasi eine Ausnahme - "because you are Austrian and I am Austrian, so it's good to share my story with you"
Als kleines Zeichen unserer Dankbarkeit für unser Zusammentreffen, für die vielen Eindrücke und vor allem für die offenen Herzlichkeit, die uns die beiden entgegengebracht haben, haben wir Steine von der Südküste Englands mit nach Österreich gebracht. Jackie hat im Zuge seiner eigenen Recherchen herausgefunden, dass seine Großmutter Emilie Spiegel 1939 in Wien am Zentralfriedhof beerdigt wurde. Erst 2005 wurde es möglich, dass er an ihrem Grab einen Grabstein errichten lassen konnte. Dorthin habe ich die Steine gebracht, ich habe Emilie erzählt von ihrem großartigen Enkel Jona und ihr Grüße von ihm bestellt.
Ein Privileg, das ich nicht missen möchte.
Nachdem Jackie nun eine Zusammenfassung dieses Berichts gelesen hat und auf meine Frage, ob er dem etwas hinzufügen möchte, erhielt ich folgende Zeilen von ihm:
Lita and I will also never forget our meeting at the hotel with you Helga and the students please give them our regards and best wishes .Doris you do not know how important it meant to me when you visited Emilies grave.Doris all I would like to say in my lines is that I know that there are good people out there and I met them at the hotel in London you and the students ,all my best wishes to you all.Love Jackie