Die letzten Zeugen - Das Buc

HANNA COHEN


 
 

HANNA COHEN

(früher Tislowitz)
geb. 1929-12-19
lebt heute in Israel


Diese Geschichte wurde im Projekt "Die Letzten Zeugen" erstellt.

Hanna Cohen kam im Mai 2008 zu Besuch nach Wien. Im Rahmen des Projekts "A Letter To The Stars 38/08" besuchte sie die Schüler und Schülerinnen des Schulzentrums Ungargasse in Wien.

Wieviel Glück es brauchte, um zu überleben

Dr. Gerhard Tanzer und die 4BHITN über den Besuch von Hanna Cohen

Frau Hanna Cohen war mit einer ihrer Enkelinnen im Rahmen des Einladungs-Projekts von „A Letter To The Stars“ von Jerusalem nach Wien gekommen.

Am 7. Mai erzählte sie vor über 100 interessierten SchülerInnen des Schulzentrums Ungargasse aus ihrem Leben.

Die Bedenken, dass eine bald achtzigjährige Frau, ungewohnt vor einem so großen Publikum zu sprechen, dem Vorhaben nicht ganz gewachsen sein könnte, zerstreuten sich bereits mit ihren ersten Worten. Auch ihre eigenen Befürchtungen schwanden schnell, dass sie vielleicht nicht gut genug Deutsch könnte, weil es  auf „Volksschulniveau“ stehengeblieben sei.

Könnten doch nur alle unsere Schüler so gut formulieren wie diese Frau, die es verstand, die Zuhörerinnen in ihren Bann zu ziehen – und zwar ohne ein Mikrophon zu benötigen! Ihre hervorragenden Deutschkenntnisse sind unter anderem, so erzählte Frau Cohen, der intensiven Beziehung zu danken, die die Familie zur deutschen Kultur pflegte.

So drängte ihre Mutter darauf, dass sie vor ihrer Abreise nach Palästina noch die Wiener Museen besuchte, da sie nicht abschätzen konnte, wann je wieder eine Gelegenheit dazu sein würde, und noch in der neuen Heimat vertraute sie auf den Bildungswert der deutschen „klassischen“ Dichter, wie Schiller und Goethe.

Als neunjähriges Mädchen erlebte Hanna Cohen in Wien die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten und die damit verbundenen Demütigungen mit – die schon lange erfolgte Integration in die Wiener Gesellschaft spielte dabei gar keine Rolle.

Da ihre Familie die polnische Staatsbürgerschaft besaß, war sie zwar von den antijüdischen Maßnahmen vergleichsweise nicht so stark betroffen, konnte aber dennoch aus der Erinnerung sehr lebendig die Atmosphäre der Angst schildern, in der sie als Wiener Jüdin leben musste, beginnend mit dem erzwungenen Wechsel an eine andere Schule.

Sie machte auch deutlich, wie viel Glück eine jüdische Familie in dieser Zeit brauchte, um zu überleben.  Frau Cohen entschied sich mit ihrer Familie für die Auswanderung nach Palästina, wo eine Schwester ihrer Mutter wohnte – entgegen dem Ratschlag der polnischen Geschwister des Vaters, zu ihnen zu ziehen – das hätte höchstwahrscheinlich ihren Tod bedeutet, überlebte doch niemand von jenen.

In Israel hat sich Frau Cohen mit ihrer Familie eine Existenz aufgebaut; wir erlebten sie als politisch interessierte Frau, was auch die Gelegenheit ergab, ein bisschen über die israelische Politik zu sprechen. Sie machte dabei deutlich, dass es für jemand, der nicht in diesem Land lebt, sehr schwierig ist, sich ein zutreffendes Bild von den politischen Konflikten zu machen und warnte davor, sie einseitig darzustellen.

Die zahlreichen Fragen aus dem Publikum zeigten, dass den  Zuhörenden bewusst war, dass wir nur mehr selten Gelegenheit haben werden, authentische Erzählungen von Zeugen dieses inhumanen Abschnitts der österreichischen Geschichte zu hören. Wir hoffen, dass Frau Cohen noch öfter Gelegenheit haben wird, ihr Wissen und ihre Erfahrungen an Nachgeborene weiterzugeben. Denn Betroffenheit über die schrecklichen Ereignisse der Vergangenheit ist der erste Schritt, eine Wiederholung, in welcher Form auch immer,  nie mehr zuzulassen.

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