Die letzten Zeugen - Das Buc

ROBERT WALTER KINGSLEY


 
 

ROBERT WALTER
KINGSLEY

(früher Robert Kraus)
geb. 1924-02-14
lebt heute in Australien


Diese Geschichte wurde im Projekt "Die Letzten Zeugen" erstellt.

Robert Walter Kingsley wurde am 14.2.1924 als Robert Kraus in Wien geboren. Er konnte zusammen mit seinem Bruder nach England flüchten und reiste von dort nach Australien aus. Er diente während des Krieges in der australischen Armee und hat nach seiner Ankunft Australien nie mehr verlassen.

Robert wollte auf einen Brief von uns zunächst nicht antworten

Der Schüler Stefan Schubert aus dem BRG Waltergasse recherchierte die Lebensgeschichte von Robert Walter Kingsley, der in seiner Jugend selbst Schüler der Waltergasse war und diese im April 1938 verlassen musste, weil er Jude war.

Mein Name ist Stefan Schubert, ich besuche die 6. Klasse im Wiener Bundesrealgymnasium Waltergasse. Mein Wunsch war es, mich mit einem früheren Schüler, der vor dem 2.Weltkrieg von unserer Schule vertrieben wurde, zu beschäftigen. Meine Englischprofessorin Dr. Brigitte Tscholl gab mir Unterlagen einen Mann betreffend, der am 28. April 1938 unser Schulgebäude verlassen musste. Durch diese Aufgabe konnte ich mich viel besser in die Situation der damaligen Zeit versetzen.

Robert Walter Kingsley, geboren am 14. Februar 1924, trug früher den Namen Robert Kraus. Er musste 1938 die Schule Waltergasse verlassen, weil er Jude war. In einem langen Brief und Telefonat erzählte er uns über sein Schicksal.
Nach dem Hitler-Einmarsch im März 1938 mussten sich alle jüdischen Schüler in seiner Klasse hinten zusammen setzen, um die anderen nicht zu „verseuchen“. Dies muss eine sehr große Kränkung für ihn gewesen sein, so unvergesslich und schlimm, dass er auf einen Brief von uns zunächst nicht antworten konnte.
Robert ist dennoch dankbar, dass er am Leben geblieben ist. Er erlebte nach dem Anschluss zuerst die Beschlagnahme des gesamten Familieneigentums, dann den Ausschluss von der Schule, schließlich die Emigration. Ursprünglich wollte er Architekt werden. Heute noch fühlt er sich durch die Vertreibung von unserer Schule um seine Ausbildung betrogen.

Robert verließ Wien mit seinem älteren Bruder Heinz und emigrierte mit Hilfe einer britischen Wohlfahrtsorganisation nach England. Sein Vater war schon 1935 in Wien gestorben. Zusammen mit seiner Mutter gelang ihm schließlich die Flucht nach Australien, an Bord der Morten Bay, von Southampton aus nach Sydney. Dort arbeitete er zunächst in einer Lederfabrik für einen Wochenlohn Robert wollte auf einen Brief von uns zunächst nicht antworten von 17 Shillings und 6 Pence. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges musste er sich jede Woche bei einer Polizeistation melden. Dann musste Robert in die australische Armee einrücken und erwarb schließlich die australische Staatsbürgerschaft.
Seine Mutter heiratete und sein Bruder und er änderten ihre Namen auf Kingsley. Nach der Entlassung aus der Armee wurde er Fabriksleiter und machte im Jahre 1957 seinen eigenen Betrieb auf. Bald darauf begegnete er seiner Frau Irene Mary Osullivan und heiratete sie nach langem Werben. 1966 übernahm er die Buchbinderei seiner Schwiegermutter, die er bis zu seiner Pensionierung in den späten 90er-Jahren führte.

Gerade hat er mit seinen Neffen, Nichten und Geschäftsfreunden seinen 80. Geburtstag gefeiert. Er ist gesund und glücklich. Seit seiner Ankunft in Australien hat er den Kontinent nie verlassen. Wie er uns mitteilte, fände er es vielleicht jetzt an der Zeit, mit seiner Frau seine Geburtsstadt zu besuchen und uns persönlich zu unserem Projekt zu gratulieren. Denn er ist von der Idee, die böse Zeit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, sehr angetan.
Ich würde mich wirklich sehr freuen, Robert Walter Kingsley in Wien begrüßen und kennenlernen zu dürfen. Vor seinem Schicksal muss man die größte Hochachtung haben!
Befragt nach seiner Lebensweisheit, sagt Robert Kingsley: „Do onto others as you want done onto you!“

Stefan Schubert, BRG Waltergasse,Wien

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