Liste der Ermordeten


Folgende Informationen sind von Franziska Löwy verfügbar:

geboren am 06.02.1867 in Baden bei Wien, NÖ
letzte bekannte Wohnadresse
andere Wohnadresse(n)
Deportation von Wien nach Theresienstadt am 20.08.1942
gestorben in Theresienstadt am 11.07.1943
Die Recherche wurde von Anna, 13 Jahre, BRG Neunkirchen, übernommen.

Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:

Über Herrn Gerhard Milchram der das Buch „Heilige Gemeinde Neunkirchen“ verfasste bekam meine Mutter die E-Mail Adresse von Frau Carole Vogel in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Frau Vogel ist die Enkeltochter von Frau Franziska Löwy.
Folgenden Text erhielten wir von Ihr:

Franziska (Fanni) Kohn Löwy

wurde am 6. Jänner 1867 in Baden bei Wien geboren. Sie war die Tochter von Anna (Netti) Deutsch Kohn ca. 1845 - 1885 und Jakob Kohn 1839 - 1927.
Beide Eltern wurden in Mattersdorf, Ungarn geboren aber lebten großteils in Baden bei Wien.
Fanni bekam ihren Namen von ihrer Großmutter, Fany Zelzer (ca. 1768 - 1847).
Fanni´s Vater war für sein Zeitalter ein sehr moderner Mann. Er liebte Musik, speziell Oper und er möchte Theater und unterhielt gerne Freunde und Familie.
Franziskas Schwester, Gisa Kohn Dollinger sagt: „Wir hatten viele Gäste, es war ein großes Haus und wir hatten immer Freunde bei uns. Meine Eltern waren sehr großzügig.“
Als religiöser Mann war Jakob Mitbegründer von der „Jüdischen Gemeinde von Baden“ und er half mit die Synagoge zu erbauen.
Jakob gehörte das größte Kaufhaus in Baden. Das Gebäude stand in der Wassergasse 15. Die Nummer wurde später auf 11 geändert.
Die Familie lebte über dem Geschäft. Das erste Gebäude auf dieser Seite war nur einen Stock hoch. Jakob hat dieses Gebäude vollständig abgerissen und eines mit zwei Stiegenhäusern gebaut.
Das neue Gebäude wurde im Jahr 1889 oder 1890 fertig gestellt, nachdem Fanni geheiratet hatte und nach Gloggnitz zog. Das Gebäude steht heute noch.
Als Fanni größer geworden war arbeitete sie in dem Geschäft ihres Vaters, lernte schneidern und wie man Kunden vorzüglich bedient.

Fanni ´s Mutter starb im Alter von 39 oder 40 Jahren nach einer langen Krankheit. Während ihrer Leben zu Ende ging bat Anna (Netti) ihren Mann nach ihrem Tod wieder zu heiraten. Sie meinte, dass Esther ( Netti) Reisch, eine junge Frau die ins Haus kam als Anna (Netti) krank wurde, eine gute Ehefrau sein würde.
Jakob folgte ihren Wünschen und heiratete Esther. Anna Wahl war gut.
Und überhaupt, Esther liebte die Kinder von Anna wie sie ihre eigenen Sprösslinge.
Esther war nur acht Jahre älter als Fanni und die zwei wurden beste Freundinnen. Fanni konnte stundenlang mit ihrer Stiefmutter zusammen sitzen und reden und reden.
Sie blieben bis zu Esthers Tod 1929 gute Freundinnen.

Fanni war die Zweitälteste von 15 Kindern.
Ihre Geschwister waren Adolf Kohn (1866- 1928), Betti Kohn Schmidl (1869-1944, Betti wurde in Auschwitz ermordet), Isidor Kohn (1872 – 1900), Katharina (Kathi) Kohn Kohn (ca. 1874 – ca. 1970, sie überlebte Theresienstadt), Paula Kohn Spitzer ( 1876 – 1942, sie wurde in Auschwitz ermordet), Eugenie (Jenny) Kohn Breuer-Weil (1878-1968, Jenny flüchtete nach Frankreich und England während des Holocaust.).
Ihre Halbgeschwister, die Kinder von Jakob Kohn und Esther, waren Ignaz Kohn (1887 – 1972), Karl Kohn (1889 – 1980), Heinrich Kohn ( 1891 – 1920, Heinrich starb an Typhus nachdem er Wasser trank in dem eine tote Katze schwamm, wie sich später herausstellte),
Sigmund Kohn (1893 – 1978), Oskar Kohn (1894 – 1915, Oskar starb im Kampf für Österreich im 1. Weltkrieg), Emil Kohn (1897 – 1985), Helene Kohn Warendorfer (1900 – 1990), Gisa Kohn Dollinger ( geboren 1902, welche ihren Hundertsten Geburtstag am 30. August 2002 feiert.).
Gisa erzählte als Fanni und Max Löwy einander vorgestellt wurden, war es Liebe auf den ersten Blick. Ihr erstes Treffen war als Max mit seinem Vater, Isak Löwy, nach Baden kam um Fanni´s Vater kennen zu lernen. Fanny war 16 und als Max sie sah, verliebte er sich. Sie heirateten drei Jahre später.

Gisa beschreibt Fanni wie folgend: „Meine älteste Schwester war eine sehr warmherzige und freundliche Person. Man fühlte sich bei Ihr wie zu Hause, und sie war auch sehr hübsch. Meine Mutter erzählte mir, dass Fanni das hübscheste Mädchen zu ihrer Zeit in Baden war. Aber Fanni war auch sehr naiv. Meine Mutter gebrauchte zu sagen; „ Wir denken Fanny weis nicht wie sie ihre Kinder bekommt.“
Über Max Löwy hatte Gisa dies zu sagen: „Er war ein sehr freundlicher Mann. Kennst du den Ausdruck „gemütlich“.

Max und Fanni heirateten am 4. März 1886 in Baden und zogen nach Gloggnitz, wo Max und sein Bruder Moritz ein Geschäft betrieben, „Isak Löwys Söhne“ in der Hauptstraße 26.
Fanni und Moritz´s Ehefrau Pauline, und schließlich auch ihre Kinder, arbeitet im Geschäft mit. Das Geschäft war im ersten Stock, Moritz und Pauline lebten im zweiten Stock, Max und Fanni hatten den dritten Stock inne.
Die Brüder kamen gut zurecht.
Max Löwy war das vierte Kind von Isak Löwy und Pauline Österreicher Löwy. Er wurde am 15. April 1859 in Mattersdorf, Ungarn geboren.

Fanni und Max Löwy hatten sechs Kinder: Adolf Heinrich Löwy (1887 – 1972), Elsa Löwy Gansl (1889 – 1970), Dr. Moriz Löwy (1890 – 1959), Hilda (geboren und gestorben ca. 1892), Isidor Löwy (1894 – 1981) und Frieda Löwy Sipser (1900 – 1979).
Das Zuhause von Max und Fanni war ein sehr glückliches, voll mit Musik und Gelächter.

Moriz war ein sehr begabtes Kind. Max und Fanni fühlten dass die örtliche Schule in Gloggnitz nicht geeignet für ihn war und als Moriz 10 Jahre alt war schickten sie ihn zu Fanni´s Schwester Katharina Kohn nach Wien. Er kehrte nur während der Schulferien nach Hause. Schließlich studierte er Medizin an der Universität von Wien und wurde Kinderarzt. Moriz war sehr musikalisch und hatte einen fantastischen Sinn für Humor.

Sein jüngerer Bruder Isidor, der sogar für noch lustiger gehalten wurde, hatte Klasse genug um ein professioneller Schauspieler werden zu können. Isidor wollte Schauspieler werden, aber Fanni und Max wollten darüber nichts hören. So wurde er Handlungsreisender.
1925 wanderte er nach Palästina aus und heiratete Dvora Shimshoni. Nachdem sein Vater 1929 starb kam er nach Gloggnitz zurück um seiner Mutter und seinem Bruder Adolf im Geschäft zu helfen. Seine Tochter Mira wurde 1925 geboren und Fanni hatte Freude daran ihre Enkelin groß ziehen zu können.

Frieda die jüngste von Fanni´s Kindern wurde Klavierlehrerin.

Der 1 Weltkrieg brachte harte Zeiten. Fanni´s Söhne traten alle in die Armee ein. Moriz diente als Armeearzt vom 1. August 1915 bis zum 1. November 1918. Er war stationiert in Sopron, Ungarn. Die Versorgung mit Lebensmittel war in Österreich schlecht und die Familie wurde hungrig. Vorräte waren in Ungarn leichter zu bekommen und Moriz schickte einen Sack Weizen zu seinen Eltern nach Gloggnitz, einen anderen Sack zu seinem Großvater mütterlicherseits und zu Fanni´s Stiefmutter nach Baden. Dies war eine große Erleichterung, die Fanni´s jüngste Schwester, Gisa, nicht vergessen kann, weil sie so hungrig war dass sie (Gisa) einmal ohnmächtig wurde.

Laut Willie Reichner, dem Enkelsohn von Max´s Cousin David: „Max war ein gelehrter Mann, - er war sowohl in Hebräisch als auch in weltlichen Themen sehr bewandert“.

Max könnte das „Shofar“ gut spielen, obwohl er lange nicht so gut war wie sein Sohn Dr. Moriz Löwy, dieser konnte es mühelos spielen wie ein Piano, sodas jede Note perfekt war. Max liebte es Zigarren zu rauchen, aber als er Herzprobleme bekam wurde ihm geraten dies aufzugeben.
Am Morgen des 15. Mai 1929 erlitt Max ein Herzattacke. Sein Sohn Moriz eilte per Zug von Wien nach Gloggnitz, trotz seiner medizinischen Kenntnisse konnte er nichts tun um seinen Vater zu retten. Max litt bis zu seinem Tod. Dies musste einer der schlimmsten Tage in Fanni´s Leben gewesen sein, zuzusehen wie ihr alles geliebter Mann litt und starb.
Nach dem Tod von Max setzte Fanni ihre Hilfe im Geschäft fort und schaute eifrig auf ihre Enkelkinder.
Ihr Sohn Moriz heiratete eine Kinderärztin, Dr. Franja (Fanny) Berlin Löwy am 1. September 1922 in Wien. Dr. Fanny war keine so gute Köchin, deshalb verbrachte sie einige Zeit in Gloggnitz bei Fanni um Kochen zu lernen. Dr. Fanny hatte nicht so viele Geduld, so bekam sie nie den richtigen Dreh heraus wie man kochen sollte. Sie konnte eine vortreffliche „matzoh ball“ Suppe kochen, aber das war auch schon alles. Moriz und Fanny hatten drei Kinder: Melitta Löwy Garbuny, geboren 1923; Adolf/Dolfi (Georg) Löwy, geboren 1925 und Nina Löwy Steg, geboren 1932.
Fanni wiegte ihre Enkelkinder auf ihrem Knie und sprach folgendes:
„Hoppa, hoppa Reiter
wenn er fällt dann schreit er.
Fällt er in den Graben,
fressen ihn die Raben.
Fällt er in den Sumpf
macht der Reiter plumps“

In weiterer Folge erzählt Frau Vogel über die Schwägerin von Frau Franziska Löwy, Pauline Löwy. (Nachzulesen bei Pauline Löwy)
Des weiteren werden nur jene Teile hier niedergeschrieben die Franziska Löwy betreffen.

Ein Enkelkind von Pauline Löwy; Greta Löwy Clark schreibt: „ Wir die unten wohnende Familie, „die Unteren“, nannten die im zweiten Stock lebende Familie „die Oberen“. Tante Fanni war eine charmante Frau. Wir Kinder vom ersten Stock gingen nach den Pesachmahl hinauf. Die „obere Familie“ saß um einen großen ovalen Tisch in ihrem riesigen Esszimmer mit ihren Kindern und Enkelkindern – Litty, Adolf und Nina, später Mira. Dort war immer eine wundervolle Atmosphäre der Heiterkeit.“

Irgendwann nach dem Anschluss verließen Fanni und Pauline Gloggnitz und gingen nach Wien. Es ist nicht klar wann sie nach Wien zogen, aber in den Auswanderungspapieren, für die USA, von Dr. Moriz Löwy vom 17. Jänner 1939 ist unter der Adresse der Mutter „Obere Donaustraße 81“ angegeben. Moriz und alle seine Geschwister konnten aus Österreich fliehen. Aber nach Aussage der Tochter von Moriz, Nina Löwy Steg, widerstrebte es Fanni Österreich zu verlassen, obwohl es für sie noch möglich gewesen wäre heraus zu kommen.
In Wien zogen Fanni und Pauline in ein Ein-Zimmer-Apartment welches Fanni´s Tochter Frieda gehörte.
Das Apartment lag in dem Gebiet, das die Nazi zum Wiener Getto gemacht haben. Juden aus ganz Österreich wurden dort zusammen gepfercht, mehrere Familien in einer Wohnung. Es scheint aber sicher, dass andere Verwandte mit Fanni und Pauline in ihrem engen Raum zusammen wohnten.
Die zwei Frauen gaben wahrscheinlich ihre beiden Plätze in der Wohnung an ihre Löwy Nichte Johanna Rosenberger Spiegel und ihrer Tochter Regina weiter, als sie ihr zu Hause verlassen mussten. Fanni und Pauline zogen in das Hotel Baron, welches zu einem Altersheim umgewidmet wurde.
Trotz aller Bemühungen ihrer Kinder sie von dort heraus zubekommen, bekamen Fanni und ihre Schwägerin Pauline nicht die Papiere um Österreich verlassen zu können.
Nach einem Brief vom „Internationalen Suchdienst“ war Fanni´s letzter Wohnsitz in „Wien 2, Sperlgasse 6/9“.
Mit 996 anderen Juden wurde sie, von der Gestapo Wien, am 20. August 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt, 37 Transport, deportiert.
Ihre „Verbrechen“ war es „Jüdin“ zu sein – sie war jüdisch.
Pauline wurde fünf Wochen früher, am 14. Juli 1942, nach Theresienstadt deportiert und starb dort am 16. oder 17. März 1943. Ihr Leichnam wurde verbrannt.

Fanni´s Schwester Kathi Kohn Kohn und Kathi´s Sohn Robert wurden ebenfalls nach Theresienstadt deportiert. Sie gingen mit dem gleichen Transport am 1. oder 2. Oktober 1942. Offensichtlich war es Fanni und Kathi möglich zusammen zu sein.
Nach elf Monaten des Hungers und anderer Demütigungen im Lager starb Fanni am 11. Juli 1943. Als Todesursache wurde Typhus angegeben, aber Kathi, welche Theresienstadt überlebte, und zum Zeitpunkt des Todes bei Fanni war erzählte, dass sie an einer Lungenentzündung verstorben sei.
Wie Pauline wurde Fanni verbrannt.


Des weiteren erhielt ich eine Brief den Frau Franziska Löwy an ihren Sohn Moriz Löwy (New York) am 23. Mai 1941 schrieb. Dieser Brief ist abgedruckt in dem Buch
„Heiligen Gemeinde Neunkirchen“ (Seite 125- 127) von Gerhard Milchram.

Mein Dank gilt Frau Carola Vogel, die es uns ermöglicht hat viel über ihre Großmutter Franziska Löwy zu erfahren und Herrn Gehard Michram für die Bekanntgabe der e-Mail Adresse von Frau Vogel.

Übersetzung aus dem Englischen: Anna und Elisabeth Wagner

Der Brief an den/die Ermordete/n :

Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):

Liebe Menschen!

Bitte nehmt Euch eines zu Herzen, Krieg ist keine Lösung. Es gibt eigentlich immer zwei Verlierer. Viele Tote, Menschen die auf die grausamste Art umgebracht werden, Schwerverletzte, viele Vermisste, unheilbare Menschen und weinende Verwandte.
Aber warum? Weil einige Menschen streiten?.
Es müssen nur zwei Menschen sein die ein Heer versammeln, ihnen Freiheit versprechen, die es nicht gibt.
Aber wie und warum entsteht eigentlich Streit? Meist nur wegen einer Kleinigkeit, aus Hass auf anders aussehende Menschen oder doch nur aus reiner Lust und Spaß?
Erwarten sich Manche eigentlich nur Gutes vom Krieg?
Sehen diese Menschen keinen anderen Ausweg aus dieser Situation?
Wir wollen Frieden und Menschen, die sich untereinander verstehen und lieben.
Könnt Ihr das nicht endlich kapieren? Anna

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