Liste der Ermordeten


Folgende Informationen sind von Ida Mayer verfügbar:

geboren am in
letzte bekannte Wohnadresse
andere Wohnadresse(n) Wien 11, Geiselbergstraße 35
Deportation derzeit nicht bekannt- Deportationsdatum unbekannt -
gestorben in Wien am 02.05.1938
Die Recherche wurde von Barbara, 17 Jahre, Grg11 Geringergasse, übernommen.

Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:

Der Brief an den/die Ermordete/n :

IDA MAYER

1938 begann die größte Massenvernichtung einer Rasse bzw. Volksgruppe die es noch nie zuvor gegeben hat und die es hoffentlich durch diese Erfahrungen von damals nie mehr geben wird.
Von einem der Opfer, Ida Mayer, gibt es leider keine genaueren Angaben zu ihrem Geburtsort und Geburtsdatum. Sie wohnte damals mit ihrem Mann, ein Vertreter, in Wien Simmering in der Geiselbergstraße 35. Am 2. Mai 1938 beging sie Selbstmord durch einen Sturz in die Tiefe. Laut dem Sterbebuch der Israelitischen Kultusgemeinde war sie zum Zeitpunkt ihres Todes 64 Jahre alt. Sie wurde am
4. Mai 1938 am Zentralfriedhof in der Abteilung T1 Gruppe 007 Reihe 24
Grab Nr. 021a beerdigt.

Das Haus, in dem du damals wohntest, sieht von außen sehr nett und ordentlich aus. Aber was sich vor ungefähr 35 Jahren dort abgespielt hat, davon wissen sicher nur wenige. Du wusstest sicher noch nichts von Vernichtungslagern in Mauthausen oder Auschwitz. In meinen Augen hast du damals mit deinem Selbstmord die richtige Entscheidung getroffen. Dadurch hast du dir sehr viel Leid erspart und musstest nicht unter solchen extremen Umständen in einer dieser Lager umkommen. In einigen kurzen Stichworten erkläre ich dir die Funktion eines solchen Lagers da du es nie selber gesehen hast. Juden, Homosexuelle, Menschen anderer Religionen oder Zigeuner wurden mit Zügen in diese Lager gebracht. Kurz nach der Ankunft wurden sie in arbeitsfähig und nicht arbeitsfähig selektiert. Die Alten, Schwachen, Kranken und vor allem auch Frauen wurden sofort in die Gaskammern geschickt. Die anderen kamen dann ins Lager. Dort dienten und arbeiteten sie so lange es ihre Kräfte zuließen und dann wurden sie einfach ausgelöscht. Auslöschung hieß in diesem Fall unter anderem, dass den Menschen ihre Namen genommen wurden und sie Nummern bekamen. Auslöschung bedeutete, dass die Täter versuchten, keine Spuren zu hinterlassen, weder von der Tat selbst noch von den Opfern. Die völlige Auslöschung, die den Tätern nicht gelang, hätte auch bedeutet, dass es an die Opfer keine Erinnerung gibt. Keine Spuren, keine Opfer, keine Erinnerung. Deshalb habe ich auch versucht deine Lebensgeschichte zu recherchieren und hier, in diesem Brief, berichte ich dir meine Ergebnisse. Ich stelle mir deine Wohnung als eine mittelgroße 3-Zimmer-Wohnung vor. Du hast sicher alles sehr hübsch eingerichtet gehabt und alles war ordentlich an seinem Platz. Vielleicht hattest du auch Kinder die mittlerweile schon ausgezogen sind. Was wohl mit ihnen passiert ist? Konnten sie flüchten oder haben sie überhaupt gleich von Anfang an ein Leben in einem anderen Land begonnen? Es konnte sich damals wirklich niemand vorstellen was euch bevorstehen würde weil sonst sicher mehr Menschen geflüchtet wären. Dein Mann war Vertreter. Ich kann mir vorstellen dass er öfters nicht zu Hause war und du oft alleine warst. Vielleicht war dein erlernter Beruf Schneiderin oder Köchin, so was wäre für damals sehr wahrscheinlich gewesen. Während du die Kinder erzogen hast wirst du dich dann hauptsächlich auf die Hausarbeit beschränkt haben aber da dein Mann eine recht anspruchsvolle und sicher auch gut bezahlte Arbeit hatte konntest du dir sicher genügend Lebensmittel für deine Familie leisten und später auch eine gute Schulausbildung für deine Kinder. Ihr wurdet daher sicher auch oft mit dem Vorurteil konfrontiert dass alle Juden reich seien und sie nur durch die Vergabe von Kredite an Deutsche zu ihrem Reichtum gekommen seien. Aber dein Mann hat hart für sein Geld gearbeitet wie jeder andere auch. Mit deinem Sturz in die Tiefe, ich denke mir dass es aus einem Fenster von deiner Wohnung war, ist dir viel erspart geblieben. Es war sicherlich ein schwerer Schlag für deinen Mann als er dies erfuhr. Was wohl aus ihm geworden ist? Hat er sich auch umgebracht? Was mich noch interessieren würde: Hattest du, nachdem bereits die ersten Juden verschleppt worden sind, irgendetwas geahnt oder sind Gerüchte von diesen Verschleppungen herumgegangen. Hattest du Kontakt zu irgendwelchen anderen Juden und habt ihr darüber gesprochen oder ist alles so geheim abgelaufen dass keiner etwas gemerkt hat. Oder ist er vielleicht schon viel früher eines natürlichen Todes gestorben? All diese Sachen konnte ich leider nicht herausfinden. Ich habe über dein Schicksal geschrieben da diese Katastrophe von damals nicht in Vergessenheit geraten soll und jeder sollte Zugang zu den Namen und Daten der Opfer haben.

Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):

Mein größter Wunsch an die Zukunft wäre, dass man statt Kriegen eine andere Möglichkeit findet einen Konflikt zu lösen. In der heutigen Zeit, in der man bereits enorme medizinische Fortschritte macht und auch sonst in der Technik und in der Elektronik so bewandelt ist ist ein Krieg nur eine einfache und primitive Form der Verteidigung und das Durchsetzen des eigenen Willens. Damals versuchte man Menschen die nicht der Rasse und der Religion des Führers entsprachen einfach umzubringen. So etwas wie damals soll es nie mehr geben und deshalb sollten wir unsere Vergangenheit auch nicht vergessen sondern zu ihr stehen und etwas daraus lernen. Es ist unvorstellbar was damals geschah und unsere Urenkel sollen auch noch davon erfahren und sich etwas darunter vorstellen können.



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