Folgende Informationen sind von
Fritz Löhner - Beda verfügbar:
geboren am |
29.11.1883 in Wildenschwert |
letzte bekannte Wohnadresse |
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andere Wohnadresse(n) |
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Deportation |
von Dachau nach - Deportationsdatum unbekannt - |
gestorben |
in Auschwitz am 04.12.1942
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Die Recherche wurde von
8b, BORG 7, Neustiftg.95-99, 1070 ,
übernommen.
Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:
Fritz Löhner- Beda,
sein Leben, seine Werke, und sein Tod ...
von Zimmermann Barbara, Sonnleithner Cornelia, Gierlinger Bianca und Bisanz Ida
Fritz Beda-Löhner
1883-1942
Fritz Löhner ist am 24.Juni 1883 im österreichisch-ungarischen Wildenschwert (Usti nad Orlici) geboren. Die Familie Löhner zieht, als ihr Sohn fünf ist nach Wien. Dort ließen sie auch ihren ursprünglichen Namen Löwy in Löhner ändern. Fritz Löhner maturiert am Landstrasser Gymnasium, und studiert später Rechtswissenschaft an der Wiener Universität. 1903 promoviert er zum Doktor der Rechte, doch schon damals merkt er, dass es ihn mehr zu Musik, dem Kabarett und den Operetten hinzieht.
Schon als Schüler hatte Fritz Löhner das Pseudonym „Beda“ – es steht für Bedrich, den deutschen Namen Friedrich. Unter diesem Namen veröffentlicht er auch viele seiner Lieder. Er schrieb viele Spottgedichte gegen die Assimilation der Juden und so heißt Löhners erstes Buch „Getaufte und Baldgetaufte“ welches im Jahr 1908 heraus kam.
Früh trifft Beda im Café Museum am Karlsplatz viele Musik- und Kabarettbegeisterte. So auch Franz Lehár, der am 28.Dezember 1905 seine Operette „Lustige Witwe“ uraufführt, bei der Adolf Hitler unter den Zuschauern ist.
Im Café Museum trifft er auch den Kabarettisten Fritz Grünbaum, der zu einem engen Freund wird. Zusammen schreiben sie den Welterfolg „Die Dollarprinzessin“ zu Musik von Leo Fall.
1912 werden „Neue Satiren“ von Fritz Löhner veröffentlicht. Im Vorwort schreibt Fritz Grünbaum, was man von seinem Freund zu halten hat: „ ... Du hast ein menschenbrüderliches, gutes hilfswilliges Herz! ... Lieber Beda! Du pfeifst aufs Geld, schreibst lustige Schlager, die dir den nackten Lebensunterhalt geben, trinkst ein Glas Bier (manchmal sechs), hast hübsche Mädchen gern, lachst zwischen weißen Zähnen ein fröhliches Bubenlachen, erheiterst tausend Menschen durch übermütige Gedichte und ausgelassenen Reime, schenkst Fröhlichkeiten, Kraft, Lebensmut und willst nichts als deine republikanische österreichische Ruh! Dass du dich nicht schämst! Du bist kein nützliches Glied der Gesellschaft, hast keinen sittlichen Ernst und wirst es zu nichts bringen. Dies gibt dir schriftlich dein dich heißliebender Freund Fritz Grünbaum.“
Wie die Freundschaft zu Fritz Grünbaum, reicht auch die zu Hermann Leopoldi bis ins Konzentrationslager. 1922 schreibt Fritz Löhner das Lied von der sterbenden Märchenstadt Wien, das von Hermann Leopoldi vertont wird. Mit diesem Lied werden die beiden berühmt, und Fritz Löhner wird zum gefragtesten Librettisten Wiens.
1913 treffen Fritz Löhner und Franz Lehár zusammen. Löhner soll ein Operettenlibretto schreiben, doch die Zeit ist zu knapp, um das Werk rechtzeitig aufführen zu können. Deswegen wird ein anderes Werk Lehárs aufgeführt - „Endlich allein“ – ein Flop. Dann bricht der 1. Weltkrieg aus, und die Idylle wird zerstört. Franz Lehár zieht nicht in den Krieg. Aber er schreibt einen Militärmarsch „Schneidig voran“. Fritz Löhner ist zu alt um in den Krieg zu ziehen – 31. Theater werden geschlossen, und Zeitungen werden zensiert. Im Oktober 1914 werden die Theater wieder geöffnet, doch was soll man unter der Zensur spielen? 1918 muss Löhner dann doch in den Krieg, doch er wird zu einem Antimilitaristen. Als er wieder nach Wien kommt, lernt er Anni Strassmann kennen, sie bekommen einen Sohn, Bruno. Fritz Löhner erkennt zwar die Vaterschaft an, doch sein Sohn lebt bei der Mutter. Bruno Löhner ist der einzige, der später nach Amerika entkommen kann.
Am 19.April heirate der mittlerweile reich gewordene Fritz Löhner Helene Jellinek. Die beiden ziehen in eine luxuriöse Wohnung in der Langegasse 46. Am 17.November 1927 kommt ihre erste Tochter Liselotte auf die Welt. Evamaria, die zweite Tochter wird am 15.Mai 1929 geboren.
Fritz Löhner kauft sich, wie auch Franz Lehár eine Villa in Bad Ischl. Die Berühmte „Villa Felicitas“, in welcher sich schon Kaiser Franz Joseph mit seiner engsten Freundin Katherina Schratt getroffen hat, kann die Familie Löhner nun ihr eigen nennen. Besonders in den Sommermonaten waren die Löhners mit den beiden Kindern Eva und Lieselotte in Bad Ischl. Kurz nach der Verhaftung von Fritz Löhner wurde Frau Löhner gesagt, sie solle ihre Villa verkaufen. Die Fremdenverkehrsverantwortlichen befürchteten, dass ihre angesehenen Gäste ausbleiben würden, denn die jüdischen Einwohner und die zahlreichen jüdischen Sommergäste wurden von der örtlichen NSDAP als besonderer „Makel“ betrachtet. Da Frau Löhner die Wintermonate in Wien verbrachte, vermietete sie ihre Villa an eine Familie. Da diese nach dem Verkauf nicht mehr dort unterkommen konnte, wurde von Ing. Willi Haenel der Betrag von 300 Reichsmark eigenmächtig festgelegt, die Helene Löhner an ihre ehemaligen Untermieter zu zahlen hat. Für die Auszahlung dieses Betrages bedurfte es der Genehmigung der geheimen Staatspolizei, da sie von dieser nur das notwendigste Geld zum Leben bekam. Da Helene nicht verkaufen wollte, und meinte, die Villa erhalten zu können, wurde sie am 15.11.1938 in das Büro von Ing. Haenel und Dr. K. in Wien zitiert. Diese haben ein Büro in Wien gegründet, um die „Arisierung“ schneller voranschreiten zu lassen. „Die früheren brieflich gepflogenen Verhandlungen haben wegen der Hinterhältigkeiten der Juden nicht zu dem gewünschten Erfolge geführt, sodass es im Interesse einer rascheren Arisierung notwendig war, mit den Juden in Wien direkt mündlich zu verhandeln.“ (aus einem Brief von Ing. Haenel und Dr. K an die Landeshauptmannschaft in Linz a/D, Landhaus vom 26.6.1939) Helens Löhners Unterschrift wurde durch Drohungen erzwungen. Man sagte ihr, dass ihr in Schutzhaft befindlicher Ehemann nicht mehr entlassen werden würde, und dass man Mittel und Wege habe, sie zur Unterschrift zu zwingen. Somit unterschrieb sie am 23.11.1938 den Vertrag, welcher am 5.12.1938 vollzogen wurde. Letztendlich sollte Helene Löhner nur noch 6.200 Reichsmark erhalten, doch dieser Betrag wurde ihr nie ausbezahlt. Nach dem Tod Helene Löhners und ihrer Kinder schrieb das Büro von Ing. Haenel, dass noch 6.330 Reichsmark am Sperrkonto hinterlegt sind.
Brief des VJB-Beauftragten an Frau Löhner
Kopie: Archiv Widerstandsmuseum
Ludwig Herzer, ein Freund Löhners, wohnt auch in Ischl. Zusammen schreiben sie an einer Operette über Goethe und die Pfarrersttochter Frederike Brion. Goethe hatte die Liebesgeschichte zwischen ihr und ihm in dem Buch „Aus meinem Leben“ niedergeschrieben. Das fertige Werk bringen Herzer und Löhner zu Franz Lehár, den sie bitten, es für sie zu vertonen. Nach kurzem zögern willigt Lehár ein, und am 4.Oktober 1928 wird „Frederike“ uraufgeführt. Die Goethe-Vereine regen sich auf, die Literatur-Nationalisten protestieren, und die Nazis rufen zu einer Demonstration vor dem Metropoltheater auf. Doch die Kritik ist positiv. Sowohl Lehárs Musik, als auch das Buch wird gelobt.
Am 10.Oktober 1929 wird „Das Land des Lächelns“ uraufgeführt. Es ist der größte Erfolg von Franz Lehár, Ludwig Herzer und Franz Löhner. Und das trotz der schlechten Vorgeschichte der Operette. Zuerst hatte sie den Namen „Die gelbe Jacke“, und wurde von Victor Léon geschrieben. Nach nur 98 Aufführungen wurde „Die gelbe Jacke“ weggehängt.
Ein Jahr darauf wird „Viktoria und ihr Hussar“ uraufgeführt. Ein Werk von Löhner und Alfred Gründwald, mit Musik von Paul Abraham. Diese Konstellation von Künstlern feiert weitere Erfolge, wie zum Beispiel mit 1931 „Die Blume von Hawaii“, oder 1932 „Ball in Savoy“. Die Aufführungen von „Märchen im Grandhotel“ (1934), und „Roxy und ihr Wunderteam“ (1937) sind nicht mehr in Berlin, sonder in Wien, denn alle drei sind Juden.
1932 hatten Fritz Löhner und Paul Knepler erstmals die Idee zu dem Werk „Giuditta“. Es solle eine Mozart-Lehár- Mischung werden. Inhaltlich dreht es sich um die schöne Giuditta, die ihren Mann, einen Vogelhändler, verlässt, um mit einem Offizier in ein Fischerstädtchen zu ziehen, welchen sie später auch verlässt, und als Liebesdame in einem römischen Hotel endet. Franz Lehár war begeistert von dieser Idee, und machte sich sofort ans Werk. Er soll ein Nachtarbeiter gewesen sein, und somit kam es nicht selten vor, dass er Fritz Löhner mitten in der Nacht angerufen hat. Lehár rühmt sich mit diesem Werk, und sieht es als sein reifstes. Es wurde am 20.Januar 1934 in der Wiener Staatsoper uraufgeführt. Die Uraufführung war ein großer Erfolg, sogar der Bundespräsident Dr. Wilhelm Miklas soll Blumen auf die Bühne geworfen haben. Es ist die letzte Operette von Fritz Löhner, denn die Zeit der Marschmusik hat begonnen. Franz Lehár arrangiert sich mit den „neuen Mächten“ und widmet seine Operette „Giuditta“ Benito Mussolini.
Fritz Löhner ist nun ein reicher Mann. Er ist 1935 zum Vizepräsident der „Österreichischen Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger“ gewählt worden. Er ist auch Präsident des größten jüdischen Sportclubs der Welt, des Wiener „Hakoah“. Die Hakoah-Fußballer wurden 1924 sogar österreichische Fußballweltmeister. Doch er hat trotzdem Angst, denn er ist Jude. Seine Freunde raten ihm zu emigrieren, doch er meinte nur: „Der Hitler liebt meine Lieder, er wird mir nichts tun.“ Außerdem meinte er, dass es doch so viele Juden in Wien gäbe, und sie doch nicht alle einsperren lassen könne.
Seit Hitlers Machtergreifung wurde die gesamte Musik „entjudet“. Das künstlerische Ziel des neuen Deutschland schildert Goebbels so: „Die deutsche Kunst der nächsten Jahrzehnte wird heroisch, wird stählern-romantisch, wird sentimentalitätslos-sachlich, wird national mit großem Pathos, sie wird gemeinsam verpflichtend und bindend sein oder – sie wird nicht sein.“ Aber Adolf Hitler und Joseph Goebbels lassen Ausnahmen zu. Zum Beispiel ist es immer noch möglich José Padillas Weltschlager „Valencia“ zu hören – mit einem Text von Fritz Löhner. Auch meint Adolf Hitler, dass Therese Giehse „einfach prima“ sei, doch er erfährt nicht, dass sie Jüdin ist. Auch bleibt es verschwiegen, dass die Texte vieler seiner Lieblingsschlager von Fritz Löhner sind. Fritz Löhner hofft auf die Gunst Hitlers. Das Beispiel des Komponisten Eduard Künnecke lässt Beda hoffen, denn trotz seiner nicht arischen Frau, sollen ihm aufgrund eines Erlasses der Reichsmusikkammer jegliche Schwierigkeiten fern bleiben. Doch er weiß nichts von dem „Handbuch der Judenfrage“. „Die naive Frage: verliert das deutsche Musikleben etwas, wenn keine Juden mehr mitarbeiten? ist auch vom ärgsten Skeptiker freudig zu verneinen ... wir alle haben vielmehr, in der klaren Erkenntnis, dass nur das höchsten Wert hat, was lebenssteigernd für unsere Rasse wirkt, die Pflicht, das Judentum in der Musik restlos auszuschalten.“ Wer zu den Gegnern der deutschen Rasse gehört, und in der Musik mitwirkt, ist dort auch verzeichnet. Sie sollen ausgeschaltet werden. Alfred Grünwald, Ludwig Herzer, Victor Leon, Fritz Löhner, und viele andere gehören zu den Verfolgten.
Am 30.Januar 1938 wird „das Land des Lächelns“ in der Wiener Staatsoper aufgeführt. Als Franz Lehár, Ludwig Herzer und Fritz Löhner auf die Bühne kommen, wird applaudiert. Nach vier Aufführungen fallen die Deutschen in das Land ein, kein „Land des Lächelns“ wird mehr aufgeführt. Viele Polizeispitzel sind nun in Wien. Bedas Freund Grünbaum, gehört zu den Bespitzelten. Folgende Aussage auf einer dunklen Bühne war seine letzte: „Ich sehe nichts. Absolut gar nichts. Da muss ich mich in die nationalsozialistische Kultur verirrt haben.“ Am Tag darauf, am 2.März. 1938 erklärt der Bundeskanzler Schuschnigg, dass die deutsche Regierung ein Ultimatum gestellt hat. Wenige Stunden später sprechen die österreichischen Offiziere ihren Eid auf den Bundespräsidenten Miklas, und schwören dem Führer der deutschen Wehrmacht Gehorsam. Major Hubert Klausner erklärt im Radio: „Österreich ist frei, Österreich ist nationalsozialistisch!“ Die Löhners sitzen mit Todesangst in der Langegasse 46. Grünbaum nimmt den nächsten Zug nach Pressburg. Helene und Fritz Löhner wollen nicht illegal über die Grenze. Nicht mit ihren zwei Kindern. Deshalb wollen sie sich Visen für die Ausreise besorgen, doch es ist Samstag. Am Montag wollen sie es versuchen, doch da ist es schon zu spät. Schon früh Morgens gehen Listen von „Staatsfeinden“ an die österreichische Polizei. Züge über die Grenze werden kontrolliert. Die Löhners erfahren, dass Fritz und Lilly Grünbaum wieder nach Wien geschickt wurden.
Am 13.März 1938 steht ein bewaffneter Trupp vor der Tür der Löhners. Sie nehmen Fritz Löhner mit. Die beiden Mädchen sind erst 8 und 10 Jahre alt. Er wird geschlagen und mit einem Wagen ins Polizeipräsidium gebracht. Dies ist seine letzte Fahrt mit einem Auto. Nach einer „Prominentenliste“ werden Politiker, Industrielle und Künstler festgenommen. Rudolf Kalmar kommt gleichzeitig mit Löhner in das Gefangenenhaus in der Elisabethpromenade, er schreibt über den Transport in seinem Buch „Zeit ohne Gnade“ folgendes: „Auch wir, die in dem Märztagen 1938 aus der Bahn geworfen und in das Räderwerk Erbarmungslosigkeit getrieben wurden, haben in der Verbannung jenes Österreichertum mitgenommen, für das wir gelebt, für das wir gekämpft und um dessentwillen wir gelitten hatten. Wir kamen aus den unterschiedlichsten Winkeln der heiligen Heimat. Arme und Reiche, große Namen und kleine Leute, Menschen aller Berufe und Klassen, Katholiken und Atheisten, Bürgerliche und Sozialisten, Revolutionäre und Konservative, die nun plötzlich (aus einer gemeinsamen Vergangenheit) in die Gemeinsamkeit einer ungeheuerlichen Gegenwart gestoßen wurden, ohne vom Kommenden mehr zu wissen, als dass es für einen namhaften Prozentsatz von uns den Tod bringen würde. Wir haben vom ersten Tag an den Kampf aufgenommen, alles Trennende beiseite geschoben und das Einigende gesucht.“
Die Vernehmungen werden von österreichischen Polizisten durchgenommen. Die Grobheit ist zu ertragen, nicht aber, als die SS-Leute aus Dachau die Gefangenen übernehmen.
Helene Löhner erfährt bald, wo sie ihren Mann hingebracht haben. Aber sie kann ihn nicht besuchen, ihm nichts schicken. Sie geht auf Rat der Grünbaums auf das holländische Konsul, und möchte ein Visum, doch sie muss sich gedulden.
Am 1.April 1938 transportiert man 150 Gefangene aus der Elisabethpromenade zum Westbahnhof. SS-Wachen aus Dachau übernehmen dort den „Prominenten-Transport Nr. 1“. Neben Fritz Löhner und anderen ist auch der spätere Bundeskanzler Leopold Figl in diesem Transport. Rudolf Kalmar schreibt später auch über diesen Transport, den er mit Löhner und den anderen erlebt hat. „Auf dem Frachtenbahnhof wurden wir von der Wiener Wache der Dachauer SS übergeben. Die ersten schlugen sich, von Stiefeln getreten und mit Kolben gepufft die Stirnen blutig, rissen sich die Hände wund, besudelten sich von oben bis unten mit Ruß und Kot ... Als wir damals, im März 1938, auf dem Westbahnhof von der Wiener Polizei der Dachauer SS übergeben wurden, hörten wir auf, Menschen zu sein. An die Gefangenschaft hatte wir uns seit zwei Wochen gewöhnt. Nun waren wir nur mehr Zuschub fürs Konzentrationslager ... Man trat mit genagelten Stiefeln nach uns, stieß uns die Gewehrkolben in die Rippen, schlug uns mit geballten Fäusten mitten ins Gesicht ... Wir hockten, Mann an Mann gepresst, im Abteil und exerzierten nach dem Kommando der Treiber, die mit gefälltem Gewehr in der Tür lehnten. Bald mussten wir unter die Bänke kriechen, bald ins Gepäcknetz hinaufturnen oder minutenlang in das elektrische Licht starren ohne zu zwinkern, wenn wir nicht eine Tracht Prügel riskieren wollten. Wir mussten Hunderte Kniebeugen machen, unsere Gegenüber abohrfeigen und einander ins Gesicht spucken. Nicht zeitweilig bloß, wenn dem diensthabendem Posten gerade zumute war, sonder zehn Stunden lang ohne Unterlass. Während der ganzen Fahrt von Wien bis München ... Die Treiber an der Tür lösten einander stündlich ab. Je weiter die Nacht fortschritt, desto besoffener waren sie. Je besoffener sie waren, desto toller amüsierten sie sich daran, wehrlose Menschen zu martern, von denen viele das weiße Haar des Lebens trugen, das nach Kampf und Arbeit schon am Verrieseln war. Damals kam in mir zum erstenmal jenes Gefühl hoch, das quälender ist als jeder physische Schmerz; das Gefühl der unentrinnbaren, weglosen Einsamkeit, des völligen Ausgestoßenseins aus allen Bezirken des Menschlichen.“
Fritz Löhner kommt mit andern österreichischen Juden in den Block 14, Stube 4.
Es hat sich herumgesprochen, dass Fritz Löhner verhaftet ist. Viele kennen ihn. Von seinen Stücken, von seinen Büchern, aus der Synagoge, aus Ischl.
Auch Grünbaum kommt nach Dachau. Fritz Löhner kühlt den Mund seines Freundes, denn die Begleitmannschaft des gesamten Zuges, der nach Dachau fuhr, hat sich die Stiefel an seiner Zunge „geputzt“.
Fritz Lehár bleibt in Wien, er hat sich angepasst. Er sagt, er sei nach Berlin gefahren, und habe bei Hitler persönlich um die Entlassung Löhners gebeten, doch dafür gibt es keinen Beleg. Angeblich soll Fritz Löhner bis zuletzt auf Franz Lehár und dessen Freundschaft gehofft haben, da dieser großes Ansehen in Nazi-Deutschland genossen hat und ihm vielleicht zur Freiheit hätte verhelfen können. Doch Lehárs Bemühungen wurden ihm nicht, oder nur halbherzig zuteil. Doch das sollte man ihm nicht vorwerfen. Lehár musste in Österreich zwei gefährdete Positionen, sein Werk und seine jüdische Frau verteidigen. Denn nur durch Zufall war Franz Lehár zu Hause, als man seine Frau Sophie abholen wollte und er konnte sie schützen, da er seinen Einfluss und seine Beliebtheit an hoher Stelle einsetzte. Doch er wusste, dass er es nicht zu weit treiben durfte, denn das Leben seiner Frau stand auf dem Spiel. Doch dank einem Geburtstagsgeschenk an den Führer (ein Programm der „Lustigen Witwe“) notiert Goebbels am 17.Juni 1938 folgendes: „... Auch der Fall Lehár findet nun eine endgültige Erledigung.“
Am 23.September 1938 werden die Österreicher von Dachau nach Buchenwald transportiert. Nebeneinander gehen Fritz Löhner und Fritz Grünbaum durch das Tor mit der eisernen Schrift „Jedem das Seine“. Löhner sagt zu ihm: „Dies ist kein Land des Lächelns.“ Die beiden sind nun mit anderen Wiener Juden in die Baracke 17 eingeteilt worden. Auch werden beide zu dem „Kommando 4711“, auch das „Scheißekommando“ genannt, eingeteilt. Doch dann wurden sie zur Schonungsarbeit in die Strumpfstopferei versetzt. In jener musste man allerdings eine bestimmte Tagesleistung einbringen können, sonst wurde man einer anderen Arbeit zugeteilt. Da Fritz Löhner, der schon 55 Jahre alt war, und viele andere diese nicht erfüllen konnten, stopften Hans Kunke und Erich Fein die Differenz für sie, und sicherten ihnen somit den Verbleib im Schonungskommando.
Die SS-Leute erfahren, dass Fritz Löhner Lieblingslieder des Führers geschrieben hat, und so ertönt des öfteren mal ein Lied von ihm im Lautsprecher des KZs. Dann verbeugt sich der Gefangene vor den Lautsprechern, und sagt ironisch: „Der Autor dankt.“
Zweimal im Monat darf Helene Löhner einen kurzen Brief an ihren Mann schicken. Meist sind 10 Mark darin enthalten, um sich eine Zeitung zu kaufen.
Auch Fritz Löhner schreibt einmal an Frau und Kinder – ein Gedicht:
„Papi, kommst du bald?“
Wenn sich müd die Glieder senken,
Tief ersehnen Ruh und Traum,
Zieht ein süßes Deingedenken,
Liebste, durch der Seele Raum.
Große Kinderaugen schauen
Wie aus einem Märchenwald
Hold mit kindlichem Vertauen,
Fragend: Papi kommst du bald?
Und mir ist es so, als schwebe
Eure Liebe über mir.
Und ich weiß, warum ich lebe,
Und ich fühl es tief, wofür.
Fritz Löhner bleibt trotz allem ein Optimist, so schrieb sein Mitgefangener Karl Schnog später: „Er war ein guter Kamerad und – so paradox das klingen mag – ein brillanter Unterhalter. Im größten Elend, bei den erniedrigendsten Arbeiten gab uns Beda-Löhner Ablenkung und Anregung. Er prägte bitter-kluge Witzworte wie ´Der Krieg wird von den Deutschen nur noch der Propaganda wegen geführt´, oder er erzählte nachts im Schlafsaal fesselnde Lebenserinnerungen. Auch schrieb und sprach er Gedichte von einem Ernste und einer Einprägsamkeit, die man dem Verfass von ´Dein ist mein ganzes Herz´ nicht zugetraut hätte. Aus dem geschickten Bühnenschriftsteller war ein Dichter geworden.“
Es finden kleine Kabarettabende statt, und bei folgendem Gedicht denkt man nicht, dass dieser Mann ein Operettenlibretto geschrieben haben könnte. Keine Ironie, keine Traumwelt, keine falschen Gefühle.
„Der Häftling“
Ich bin ein Häftling, sonst bin ich nix,
hab´ keinen Namen, die Nummer X.
Gestreift ist mein Rock, dir Hose auch,
ich schnüre den Riemen und gar keinen Bauch –
und warte!
Ich schaffe am Tag an die vierzehn Stund´,
ich kriech in den Stall und bin müd´ wie ein Hund.
Dann eß ich die Handvoll verkrümeltes Brot
und fall´ auf den Strohsack und schlafe wie tot –
und warte!
Das Weib und die Kinder, die sitzen zu Haus´,
Bald sind es fünf Jahre“ Wie seh´n sie wohl aus?
Ich sehe die große verdunkelte Stadt,
da sind sie verkrochen und werden nicht satt –
und warten!
Doch mich frisst kein Tiger, mich schlägt kein Hai,
der Tod geht täglich an mir vorbei.
An mir beißt der Teufel die Zähne sich aus.
Ich fühl es: ich komm´ aus der Hölle heraus!
Ich warte!
Auch schreibt Fritz Löhner ein Märchen:
„Es war einmal ein Drache“
Es war einmal ein Drache,
der hatt´ ein großes Maul
und Zähne wie ein Tiger
und Hufe wie ein Gaul.
Er hatte immer Hunger
und fraß die ganze Stadt.
Fraß Länder auf und Völker
und wurde doch nicht satt.
Er hat von früh bis abends
gefressen und geschmatzt.
Doch bei dem letzten Bissen
ist er am End zerplatzt.
Das Zerplatzen des Drachen hat er nie erlebt.
„Ende 1938 erklärte der damalige Lagerführer Rödl ´Alle anderen Lager haben ein Lied, wir müssen auch ein Buchenwald-Lied bekommen. Wer eines macht, bekommt 10 Mark.´ Es wurden nun viele Entwürfe von ´Dichtern´ und ´Komponisten´ gemacht, aber sie taugten alle nichts oder fanden bei der SS-Führung keinen Beifall. Nur das Lied, das dann ja auch zur offiziellen ´Buchenwald-Hymne´ erklärt wurde, setzte sich durch, weil der damalige Kapo der Poststelle, ein BVler, über die nötigen Verbindungen bei der SS verfügte. Der genannte Kapo bezeichnete sich als Verfasser von Wort und Melodie des Liedes. In Wahrheit ist das Lied von zwei österreichischen Häftlingen gemacht: der Text von Löhner-Beda, dem Librettisten Lehárs, die Musik von Leopoldi, einem Wiener Kabarettsänger.
Text und Melodie des Liedes mussten auf den Blocks in der Freizeit eingeübt werden, bis es eines Tages nach dem Abendappell - es war Ende Dezember 1938, bitterkalt und alles tief verschneit – hieß: „Das Buchenwald-Lied singen!“ Selbstverständlich konnte das beim ersten Mal (11.000 Menschen standen auf dem Appellplatz) nicht klappen. Wütend ließ der stinkbesoffene Rödl aufhören und gab den Befehl, dass jeder Block auf dem Appellplatz solange für sich üben müsse, bis das Lied klappe. Man kann sich denken, welch infernalisches Konzert auf dem Platz losging. Als Rödl merkte, dass es auf diese Weise nicht ging, ließ er Strophe für Strophe gemeinsam singen und immer aufs neue wiederholen.
Erst nachdem das ganze Lager auf diese Weise etwa vier Stunden in bitterster Kälte gestanden hatte, gab er den Befehl zu Abmarsch.
Aber während sonst jeder Block einfach kehrt machte und ins Lager zurückging, war es diesmal anders. In Zehnerreihen ausgerichtet, musste jeder Block am Tor bei Rödl und anderen betrunkenen SS-Führern stramm vorbeimarschieren und dabei das Buchenwald- Lied singen. Wehe dem Block, der nicht genau ausgerichtet ankam oder bei dem das Singen noch nicht ganz nach Rödls Wunsch klappte! Er musste unbarmherzig zurück und nochmals vorbeimarschieren. Endlich, gegen 10 Uhr abends, kamen wir ausgehungert und steif gefroren auf unsere Blocks. Diese Szene im tiefsten Winter, als die hungernden und frierenden Menschen im grellen Licht der Scheinwerfer, im tiefen, grellweißen Schnee auf dem Appellplatz singend standen, hat sich jedem Teilnehmer unauslöschlich ins Gedächtnis gegraben.“
Bericht von Stefan Heymann, ehemaliger Häftling
geschrieben 1945
Das Buchenwald-Lied wurde zum Lied der Hoffnung. Viele der ehemalige Häftlinge können dies bestätigen, dieses Lied gab ihnen Hoffnung, so auch Robert Siewert: „Immer wenn wir es sagen, haben wir unsern ganzen Hass und unsere ganze Zuversicht in das Buchenwaldlied hineingelegt.“ Julius Freund berichtete folgendes: „Das Lied war etwas weich, wurde es aber von verbitterten Männern gesungen, so wirkte es, besonders wenn im Refrain beim letzten Vers: ´Denn einmal kommt der Tag – dann sind wir frei´ das wie als Drohung hinausgeschmettert wurde.“
Der Marsch wurde zu ihrer Hymne, die bei jeder Gelegenheit gesungen wurde. Auch wurde das Lied in den benachbarten Dörfern gehört, und so war das Buchenwald-Lied bald im ganzen Land bekannt. Sogar alliierte Sender nahmen es auf, und Radio Straßburg sendete es in einer Deutschlandsendung worauf hin es von den Nazis verboten wurde. „In unseren Herzen aber ist es uns erhalten geblieben.“ (Leopoldi)
Später werden an das Buchenwald-Lied noch zwei weitere Strophen von Wilhelm Tichauer angehängt.
Zwei Monate nach der Massenuraufführung des Buchenwald-Liedes wird Hermann Leopoldi entlassen, seine Frau hat zwei Visen in die USA bekommen. Nach der Abschiedsfeier in der Juden-Baracke schenkt Leopoldi alles, was er nicht mehr braucht, seinen Mitgefangenen Fritz Löhner und Fritz Grünbaum.
Eingangstor zu dem KZ Buchenwald
Das Buchenwaldlied
Wenn der Tag erwacht, eh' die Sonne lacht,
die Kolonnen ziehn zu des Tages Mühn
hinein in den grauenden Morgen.
Und der Wald ist schwarz und der Himmel rot,
und wir tragen im Brotsack ein Stückchen Brot
und im Herzen, im Herzen die Sorgen.
O Buchenwald, ich kann dich nicht vergessen,
weil du mein Schicksal bist.
Wer dich verließ, der kann es erst ermessen
wie wundervoll die Freiheit ist!
O Buchenwald, wir jammern nicht und klagen,
und was auch unser Schicksal sei,
wir wollen ja zum Leben sagen,
denn einmal kommt der Tag: dann sind wir frei!
Und das Blut ist heiß und das Mädel fern,
und der Wind singt leis, und ich hab' sie so gern,
wenn treu sie, ja treu sie nur bliebe!
Und die Steine sind hart, aber fest unser Tritt,
und wir tragen die Picken und Spaten mit
und im Herzen, im Herzen die Liebe.
O Buchenwald, ich kann ...
Und die Nacht ist so kurz, und der Tag ist so lang,
doch ein Lied erklingt, das die Heimat sang.
Wir lassen den Mut uns nicht rauben.
Halte Schritt, Kamerad, und verlier nicht den Mut,
den wir tragen den Willen zum Leben im Blut
und im Herzen, im Herzen den Glauben.
O Buchenwald, ich kann ...
In Buchenwald, das früher Ettersberg hieß soll die berühmte Goethe-Eiche stehen, unter der er sich mit seiner Geliebten Charlotte Stein heimlich getroffen haben soll und „Wandrers Nachtlied“ geschrieben haben soll. Wo Goethe „Ach, ich bin des Treibens müde“ geschrieben hat, träumt Fritz Löhner, und schreibt:
Ich bin im Wald gesessen
Im Mittagssonnenschein,
Hab´ alle Welt vergessen
Und war so recht allein.
Die Bäume ringsumher,
Die sanften Stunden rannen,
Die Zeit war süß und leer.
Ich hab nicht gefühlet
Als Duft und tiefe Ruh´ -
Die Sonne hat gespielet,
Und Blätter schauten zu.
Fritz Gründwald wird 60 Jahre alt, und sein Freund Beda hält eine Geburtstagsrede! Ein knappes Jahr darauf, am 14.Januar 1941 stirbt Fritz Grünwald.
In Wien feiert Franz Lehár seinen 70 Geburtstag. Er dirigiert in der Wiener Staatsoper „Das Land des Lächelns“ für Adolf Hitler. Ludwig Herzer und Fritz Löhner, werden im Programmheft nicht genannt.
Am 17.Oktober 1942 geht Fritz Löhner „auf Transport“. Mit 405 Buchenwald-Gefangenen fährt ein Zug nach Auschwitz- Monowitz. Bei der Ankunft wird Fritz Löhner die Nummer 68561 auf den linken Unterarm tätowiert. Er ist jetzt 57 Jahre alt, zu alt um Auschwitz zu überleben. Fritz Löhner wird krank, doch in die Krankenbaracke will er nicht, denn aus ihr kommt man nicht mehr hinaus. Löhner bekommt Holzschuhe. Ein Todesurteil, denn durch sie bekommt man Phlegmone auf den Füßen, und wer krank ist, stirbt! Mitten in diesem Elend hört Fritz Löhner noch einmal seine Lieder, gespielt vom Häftlingsorchester.
Am 4.Dezember 1942 besichtigen fünf Direktoren die Produktionsstätte in Auschwitz. Ihnen entgegen kommt unter anderem der Häftling Löhner mit seinen Holzschuhen. Die Aussage von einem der Direktoren bezüglich seines Gehtempos bringt Fritz Löhner-Beda den Tod. Noch am selben Abend schlägt der kriminelle Häftling Josef Windeck ihn tot. Doch Löhners Mitgefangen fordern sofort eine Bestrafung Josef Windecks, und am selben Tag wird er todgeschlagen. In Fritz Löhners Todesurkunde steht, es sei an Alterschwäche gestorben.
Am 5.Dezember 1942 werden 119 Tote, unter ihnen Fritz Löhner zur Verbrennung gebracht. Die Leichenträger unterhalten sich über ihn. Über die Hoffnung die er jahrelang in Franz Lehár gesetzt hatte.
Zu dem Zeitpunkt da Fritz Beda Löhner in streben musste, fand die Gesamtaufnahme zu Franz Lehárs Operetten „Schön ist die Welt“ und „Giuditta“, deren Librettist Löhner, nicht nur nicht genannt werden durfte, sondern sogar zur selben Zeit getötet wurde, statt.
Wie Fritz Löhner haben Tausende gehofft, dass sie einmal frei kommen. Am 19.April 1945 versammeln sich die 21 000 Überlebenden auf dem Appellplatz, denn oberhalb von Buchenwald sind schon die ersten zwei amerikanischen Panzer zu sehen. Dort sprechen sie den Schwur: „Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht. Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Lösung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“ Dann singen sie noch einmal das Buchenwald-Lied. „O Buchenwald, ich kann dich nicht vergessen, weil du mein Schicksal bist.“
Quellen:
Günther Schwarberg „Dein ist mein ganzes Herz – Die Geschichte von Fritz Löhner-Beda, der die schönen Lieder der Welt schrieb und warum Hitler ihn ermorden ließ“
http://www.dkp-thueringen.de/news/buchenw/buwalied.htm
http://bob.swe.uni-linz.ac.at/VWM/betrifft/43/gestapo43.html
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Der Brief an den/die Ermordete/n :
Lieber Herr Fritz Löhner-Beda!
In den letzten Wochen haben wir uns sehr mit ihren Leben beschäftigt, Wir haben Ihren Karriereaufstieg, zu den gefragtesten Librettisten Wiens, verfolgt. Wir wissen von ihrem familiären Glück und der finanziellen Sicherheit in der sie gelebt haben. Im 2. Weltkrieg haben sie alles verloren. Auf Grund unserer Recherchen, haben wir begonnen mit ihnen zu fühlen, und ein bisschen von dem Schmerz nachzuempfinden, den Sie und ihre Familie gefühlt haben mussten. Die 6 Millionen Opfer, die früher nur eine Zahl für uns war, werden jetzt zu vielen Einzelschicksalen. Wir beginnen uns zu überlegen in welchen Situationen die Menschen waren, als sie aus ihrem Leben gerissen wurden. Doch uns hat sich die Frage gestellt, ob wir uns mit jedem dieser Schicksale beschäftigen könnten, da uns alleine ihre Geschichte zu außergewöhnlicher Traurigkeit und Betroffenheit führte. Uns faszinierte vor allem ihre außergewöhnliche Stärke, Ruhe und Menschlichkeit. In den Unterlagen in denen wir über sie lasen, war von vielen ihrer Bekannten mehrmals ihre optimistische Einstellung angesprochen worden. Sogar im KZ haben sie ihre Mitgefangenen aufgemuntert und ihnen neue Hoffnung gegeben. Eines der besten Beispiele dafür, ist das Buchenwald-Lied, die „Hymne der Hoffnung“.
Eine Persönlichkeit wie Sie fehlt uns in der heutigen Zeit, 50 Jahre nach ihrem Tod, auch manchmal. Denn leider können wir ihnen nicht die Nachricht bringen, dass sich die Welt verbessert hat. Dass Menschen unterschiedlicher Religion und Nation friedlich miteinander leben.
In Großer Ehrfurcht denken wir oft an Sie und ihre Familie.
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Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):
Brief an die Zukunft
Wir wünschen uns von der Zukunft, dass die Menschen miteinander toleranter umgehen. Jeder soll den Anderen so akzeptieren, wie er eben ist, und nicht versuchen, aus ihm das Ebenbild von sich selbst zu machen. Denn gerade die Vielfalt und Unterschiedlichkeit macht das Leben auf unserer Erde so interessant.
Wir wünschen uns von der Zukunft, dass das rassistische Denken der Menschen aufhört, und wir lernen, die Religionen und daraus resultierend die unterschiedlichen Lebensgewohnheiten zu respektieren. Wir sollten vielmehr versuchen, aus den anderen Lebensanschauungen zu lernen.
Wir wünschen uns von der Zukunft Frieden. Nur das friedliche Nebeneinander schafft auf die Dauer ein glückliches Leben. Nicht das totale Machtstreben soll unser Ehrgeiz sein, sondern wir sollten uns mit dem zufrieden geben, was wir haben, und daraus das Beste machen.
Wir wünschen uns von der Zukunft, in Einheit mit der Natur zu leben. Nur wenn wir unsere Umwelt ökologisch nutzen, können wir sie gesund erhalten. Und nur in einer gesunden Natur ist auch für uns ein Überleben möglich.
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