Liste der Ermordeten


Folgende Informationen sind von Edgar Dudner verfügbar:

geboren am 23.03.1921 in Graz, Stmk.
letzte bekannte Wohnadresse
andere Wohnadresse(n)
Deportation von Drancy nach Auschwitz am 31.08.1942
gestorben - Todesdatum unbekannt -
Die Recherche wurde von 3AJ, 17 Jahre, BHAK Leibnitz, übernommen.

Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:

Du warst nur wenig älter als wir..
Edgar Düdner "Edi" wurde am 28. März 1921 in Graz geboren. Seine Eltern Isak, geb. am 15. 1. 1888 und Sara Didner geb. am 11. 2. 1896 waren noch in Galizien zur Welt gekommen. Ebenso die Großmutter von Edgar, Frau Hedwig Düdner, geboren im März 1866. Die Eltern, sowie die Großmutter dürften wohl , wie so viele Juden vor dem 1. Weltkrieg Galizien verlassen haben. Die Eheschließung der Eltern ist mit 30. Juni 1918 im Rabbinat Graz dokumentiert. Edgars älterer Bruder Ernst wurde am 12. Juni 1919 geboren. Der Vater von Edgar war Kaufmann. Er betrieb wie seine Mutter, Edgars Großmutter, ein Altwarengeschäft, wo mit Rohprodukten und Metallen gehandelt wurde. Reich waren sie nicht. Die beiden Geschäftslokale, die sie besaßen, waren in der Griesgasse 17 und in der Griesgasse 26. Hier, in der Griesgasse wohnte die Familie Düdner auch. Dies bestätigte auch ein Freund der Familie, Herr Klein. Das Leben der Familie und damit auch der Kinder hat sich hier in der Murvorstadt abgespielt. Hier besuchten die Kinder die jüdische Volksschule, hier besuchten sie meist zu den hohen Feiertagen die Synagoge. Die Brüder Düdner wechselten dann in das Oeverseegymnasium. Diese 1902 gegründete Schule war die erste Schule am rechten Murufer in Graz und auf Grund der Konzentration der jüdischen Bevölkerung in den Bezirken Gries und Lend hatte diese Schule immer eine relativ hohe Zahl jüdischer Schüler. Hier hielt sich der Antisemitismus längere Zeit in Grenzen. So wurden nach den Konferenzprotokollen aus dem Jahr 1934 2 Schülerinnen mit jeweils 6 Stunden Karzer für das Tragen von Blumen an Hitlers Geburtstag bestraft. Ansonsten nahmen, wie auch "unser" Zeitzeuge Herr Klein aus Wien berichtete, die Repressalien gegenüber der jüdischen Bevölkerung ab 1934 stark zu. Herr Klein aus Wien war mit Edgars älterem Bruder befreundet und sie verbrachten gemeinsam viel Freizeit im Zionistischen Jugendbund. Ab 1934 spürte man die immer schärfere Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung. Ernst nannte sich David, träumte von einer Auswanderung nach Palästina. Er arbeitete als Lehrling bei der Andritzer Maschinenfabrik, denn mit dieser Ausbildung erwartete er sich bessere Chancen in Palästina. Der politische Druck wurde immer größer. Edgar konnte nur mehr bis zum Ende des Schuljahres 1937/1938 die Schule besuchen. In seiner 6. Klasse gab es drei jüdische Schüler. Alle drei mußten mit dem Ende des Schuljahres die Schule verlassen. Im Jahreszeugnis vom 2. Juli 1938 war eine Abgangsklausel eingetragen. Die jüdischen Schüler waren vom Schulbesuch ausgeschlossen worden. Ab März 1938 hatte der NS-Terror voll eingesetzt und auch die Familie Düdner war vollständig davon betroffen. Den NS-Gesetzen entsprechend musste auch die Familie Düdner ihren Besitz bei der Vermögensmeldestelle anmelden. Die Häuser in der Griesgasse Nr. 26 und 28 mussten bis November 1938 verkauft werden, die Geschäfte waren aufgelöst worden. Der Vater war in Schutzhaft genommen worden. Noch aus der Haft erbat er bei einem Rechtsanwalt Dr. Kandler die fristgerechte Einbringung einer Vermögensmeldung für seine "alte kranke Mutter". Die Reichsfluchtsteuer wurde festgesetzt und war höher als der Erlös aus dem Verkauf des Besitzstandes. Nach dem Meldeblatt hat Edgar Düdner Graz im Feber 1939 in Richtung Wien verlassen, kehrte im Mai kurz nach Graz zurück und hat sich bereits am 11. Juni 1939 wieder abgemeldet.
Die Eltern von Edgar Isak und Sara Düdner wurden mit dem letzten!! Transport am 5. 6. 1942 von Wien ins Lager Izbica deportiert. Niemand von den 4000 nach Izbica deportierten österreichischen Juden überlebte. Die Großmutter von Edgar Düdner wurde am 28. 6. 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie umgekommen ist. Ihr Todestag war der 6. Mai 1943. Am Israelitischen Friedhof in Graz steht ein Gedenkstein.
Edi Düdner war von 18. 2. 1939 - 19. 7. 1939 in 2. Haasgasse 10 in Wien gemeldet, abgemeldet nach England. Nun hat die Flucht vor dem NS Terror voll eingesetzt. Edi hatte nicht das Glück zu entkommen. Herr Klein teilte uns mit, er habe gehört, dass die Brüder Düdner nach Belgien durchgekommen seien. Er wusste von einem ehemaligen Freund, der als Soldat in Frankreich war, dass jener Edgar Düdner noch in Frankreich getroffen habe. Edgar Düdner konnte bis nach Südfrankreich flüchten, dann hat ihn abermals der "Terror" eingeholt. Er wurde gefangengenommen und in das von der Vichy Regierung geführte Internierungslager Septfonds gebracht. Hier erscheint sein Name auf der Inhaftiertenliste der "Deportes Juifs en Tarn et Garonne": "Dudner Edgar, 23. Mar 21, Gratz, Con.26, AUT." Von diesem Lager wurde er nach Drancy überstellt. Von Drancy wurde er mit 46 anderen Häftlingen aus Septfonds mit dem 26. Transport nach Auschwitz deportiert. Dies ist der von uns recherchierte "Leidensweg" von Edgar Düdner, der dem NS- Terrorregime nicht entkommen ist.

Die Recherche gestaltete sich anfänglich schwierig, da der Name DUDNER nicht richtig war. Edgar hieß laut Meldezettel "DÜDNER". Wahrscheinlich ergab sich die Schreibweise Dudner in Frankreich. Edgars Vater allerdings wurde im Meldedokument als Isak Didner genannt. Auch das Geburtsdatum ist im Meldedokument mit 28. 3. 1921 angegeben. Hilfreich waren die Angaben des Freundes von Ernst Düdner, Herrn Klein. Dennoch haben wir mit tiefer Betroffenheit die Verfolgung von unschuldigen Menschen im NS-Regime nachvollziehen können. Wir werden diese Informationen und Erfahrungen nicht so leicht vergessen und widmen die Bemühungen seine Leidensgeschichte zu recherchieren diesem jungen Menschen, der ohne Schuld soviel erleiden mußte und grundlos getötet wurde.

Der Brief an den/die Ermordete/n :

Lieber Edgar!
Am Beginn des Projektes als wir im Internet die Liste der Opfer sahen, fanden wir es schrecklich, wie viele Menschenleben das waren. Zuerst waren es nur Namen. Doch dann erfuhren wir von unserer Geschichteprofessorin, dass du in Graz lebtest und ungefähr gleich alt warst wie wir jetzt sind. Bei einem Besuch in deiner ehemaligen Schule merkten wir auch, dass du dort die gleichen Probleme hattest, wie wir sie jetzt haben. Und da wurden wir neugierig und haben einiges auch von einem früheren Freund über dein kurzes Leben erfahren. Wir finden es traurig, dass du das alles miterlebt hast. Es muss schrecklich sein, ständig Angst zu haben, Angst, die Menschen, die man liebt , jeden Augenblick verlieren zu können, Angst nicht zu wissen, was morgen sein wird; Angst vor Ausgrenzung, Demütigung und Verfolgung und Angst um das eigene Leben. Was wir dir geben können ist, dass du nicht vergessen bist. Wir können nur hoffen, dass so etwas Schreckliches nie wieder passiert. Viele fragen sich, wie solche Dinge passieren konnten. Wir glauben, es sind selbstherrliche und unzufriedene Menschen, die nur dann glücklich sind, wenn sie anderen Menschen Leid zufügen können. Es mussten zu viele Menschen ihr Leben lassen für unsinnige Gedanken und wirre Ideen und wegen Menschen, die nicht zwischen richtig und falsch entscheiden konnten. All dies bewirkt auch heute noch sehr viel Leid auf der Welt.

Flucht , Trauer und Angst war dein Schicksal,
dein Leben zu leben war eine Qual,
verfolgt zu werden nur weil du warst wer du warst, ein Jude.
Das Leben hielt nicht viel Schönes für dich bereit,
vor allem nicht die Gerechtigkeit.
Des Menschen Würde wurde verletzt,
du wurdest gepeinigt und durch die Lande gehetzt.
Erst später -viel zu spät- erkannte man,
was man dir und anderen hat angetan.
Wir haben nun gelernt aus uns´rer Geschichte
und kennen viele Zeugenberichte.
Ob wir es schaffen, solche Fehler in Zukunft zu vermeiden,
damit nicht wieder so viele Menschen müssen leiden?
Die Hoffnung bleibt, denn wir zeigen Reue,
wir versuchen der Liebe zu schenken Treue.
Eine Zukunft in Friede, nicht in Hass und Krieg
nur so ist das Leben ein erfolgreicher Sieg!
Deine 3AJ der HAK Leibnitz

Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):

An die Zukunft!
Oft hört man: "Die Vergangenheit war schrecklich" Doch genauer betrachtet ist sie ja das Opfer und wir Menschen sind die Täter. Ich glaube, die Leute sagen diesen Satz auch nur, um davon abzulenken, dass sie sich für ihre Vorfahren schämen, die dieses Unheil angerichtet haben.
Leider ist dies aber schon vergangen und nicht mehr korrigierbar. Darum hoffe ich, dass wenigstens du mit unser besser umgehst- Pardon, ich meinte wir mit dir!!

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