Folgende Informationen sind von
Leopold Flesch verfügbar:
geboren am |
01.12.1920 in |
letzte bekannte Wohnadresse |
|
andere Wohnadresse(n) |
|
Deportation |
derzeit nicht bekannt- Deportationsdatum unbekannt - |
gestorben |
in Zasavica bei Sabac am 12.10.1941
|
Die Recherche wurde von
Christoph, 17 Jahre, G11 Geringergasse 2,
übernommen.
Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:
Leopold Flesch, ehemaliger Schüler des Bundesgymnasium/ Realgymnasium Wien 11. Maturant. Noch nicht einmal Erwachsen, starb er am 12.10.1941 in Zasavica bei Sabac nach einer fast drei Jahre andauernden, beschwerlichen Fahrt über die Donau mit dem „Kladovo“ Flüchtlingstransport. Fraglich ist auf welche Weise er umgekommen ist.
25. November 1939: Nach vergeblichen Versuchen zionistischer Gruppierungen und einflussreicher Juden den Transport zu Legalisieren, sammelten sich die fast ausschließlich jungen Teilnehmer des Transportes in der Marc-Aurel-Straße 5, von wo sie mit Autobussen zum Bahnhof gebracht wurden. Für die meisten sollte der Abschied endgültig sein, denn sie würden ihre Lieben nie wieder sehen.
Die Züge hatten das Ziel Bratislava, wo sie –alle natürlich völlig mittellos- die Donauschiffe in Richtung Palästina besteigen, unwissentlich, dass sie ihr Ziel nie erreichen werden. Nach einigen Unannehmlichkeiten erreichten sie Kladovo, wo sie die nächsten Monate wegen Wintereinbruchs festsaßen.
Die Zeit in Kladovo: Katastrophale Zustände. Nach anfänglicher Gastfreundlichkeit begann sich die Lage rapid zu verschlechtern. Die Schiffe waren durch lose Balken miteinander verbunden, kaum Kontakt zu den anderen. Nur das Allernötigste wurde hinüber geschrieen. Die Nahrung wurde immer weniger und qualitativ schlechter. Krankheiten breiteten sich aus. Skorbut. Typhus. Mangelerkrankungen. Jegliches Antibiotika war zu dieser Zeit noch unbekannt. Dazu kamen psychische Probleme, Verzweiflung. Der ganze Lebensinhalt, vor allem der älteren Personen, richtete sich auf Nachrichten ihrer Zurückgelassenen Verwandten, Kinder aus.
17. September 1940: spontane Abfahrt von Kladovo. Nach zahllosen Gerüchten über Abfahrt, Verlegungen und neuer Zielorte, brach am 17. September der Transport ganz plötzlich auf, nachdem am 14. und 15. die Baracken am Land abgerissen worden waren.
22. September 1940: Endstation Sabac. Die gesamte Gruppe wurde in wenigen Tagen von den Schiffen weg gebracht und entweder bei einheimischen Familien oder in speziell eingerichteten Gebäuden untergebracht. Die Lage jedoch verbesserte sich. Es wurde eine Schule eingerichtet und die Teilnehmer besuchten kulturelle Einrichtungen. Das Leben schien sich zu normalisieren. Nicht ist aber zu leugnen, dass die gesamte Gruppe in Illusion auf Weiterfahrt lebte, die ihnen vorgegaukelt wurde. Nachdem im Dezember die Weiterfahrt erneut abgesagt wurde, trat Empörung und Wut unter den Flüchtlingen auf und sie projizierten die Schuld auf ihre Verwandten in der Ferne und die Reiseleitung. Langsam wurde auch der soziale Abstieg sichtbar, gekennzeichnet von materieller Bot und zunehmender Hoffnungslosigkeit. Nur wenigen Wochen vor dem deutschen Überfall, erhielten ca. 200 bis 280 das Zertifikat für Palästina und konnten somit gerettet werden.
Der Überfall der Nazis: 17. April 1941; Kapitulation Jugoslawiens. Es gelang nur ganz wenigen Mitgliedern des Transports die Flucht nach der Übernahme der Deutschen. Es begann ein heftiger Partisanenkrieg in Serbien, der das dritte Reich beinahe an die erste militärische Niederlage brachte. Doch nachdem die Deutschen wieder Kontrolle über das Gebiet gewonnen hatten, wurden unter anderem auch Jugendliche und Männer abgeführt.
General Böhme befahl nun alle Juden festzunehmen, auch die des Kladovo- Transportes, obwohl sie Sonderstatus hatten. Am 11. Oktober wurden schließlich alle Männer abgeführt und exekutiert. Die Übrigen wurden ins Konzentrationslager Sajmiste gebracht im Januar 1942. Letztendlich wurden beinahe alle Juden des Kladovo- Transportes kaltblütig vergast.
|
Der Brief an den/die Ermordete/n :
Leopold,
mein Name ist Christoph, ich wohne ebenfalls in Wien. Auch ich bin Schüler der einstigen Gottschalkgasse. Doch liegt aber schon mindestens eine Generation an Lehrkörpern und viele Jahrgänge von Schülern zwischen unserer Schulzeit. Ich habe mich über deine Reise erkundigt, von den Anfängen in Wien bis zum vermeidlichen Ende in Sabac, und weiß natürlich über die gesamte Problematik der Flucht vor den Nationalsozialisten Bescheid. Doch fällt es mir schwer mich auch nur ansatzweise in dein Leben und das deiner Kameraden an Bord des Transportes hinein zu versetzten. Es bleiben so viele unbeantwortete Fragen übrig: Bist damals nur du geflüchtet oder hat dich deine Familie begleitet? Wie tragisch war das Leben auf den Schiffen tatsächlich? Ich kann mir vorstellen, dass die Reise zu Beginn noch erträglich gewesen sein muss, aber wie es dann nach mehreren Monaten gewesen ist, mit andauernden Stops und dem Warten auf Weiterfahrt oder den Epidemien, die sich ja auch ausbreiteten, darin kann man sich unmöglich hineinversetzten. Das Schlimmste jedoch werden die psychischen Probleme gewesen sein, nicht zu wissen, ob man seine Heimat, seine Lieben jemals wiedersieht. In einem anderen Land aufgehalten zu werden, in einem Land das einem völlig unbekannt ist. Schrecklich!
Und als die Nationalsozialisten euch doch nach beinahe 2 einhalb Jahre doch eingeholt haben, wie war da eure Reaktion? Hast du gekämpft, oder hast du dein Schicksal hingenommen? Auf jeden Fall sollst du wissen, dass ich und sicher viele andere Menschen im Gedanken bei dir sind und immer bei dir sein werden! Deine Person ist ein Beispiel dafür, was Wahnsinn und Überlegenheitsgefühle eines einzelnen Volkes anrichten können.
Hochachtungsvoll und voller Stolz über einen solche Menschen, der so vieles durchgemacht hat, berichten zu dürfen
Christoph Slouka
|
Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):
Man sollte meinen, Schreckensszenarien wie der Zweite Weltkrieg und der Holocaust, Tod von über 6 Millionen Menschen, hätte der gesamten Welt eine Lehre sein sollen. Man hat sich scheinbar geirrt! Jüngste Ereignisse zeigen auf, dass das Ungetüm Mensch nichts aus seinen eigenen Fehlern, bis jetzt, gelernt hat. Auch wenn manche Machthaber es unter dem Term „Hilfe“ und „Befreiung“ verstecken, ist es doch sinnloser Krieg den sie führen. Krieg der Unschuldigen das Leben nimmt, nämlich zum Großteil Zivilisten. Es mag schon stimmen, dass der Holocaust die weitaus größte „Vernichtung“ von Unschuldigen war, doch passiert das in jedem noch so kleinen, unwichtigen Konflikt. Und Schuld ist immer das Machtstreben oder die Gier einer Hand voll Machthaber in einem Land.
Ich lasse die Hoffnung nicht fahren, dass es eine Welt ohne Zerstörung von unschuldigem Leben gibt - auch wenn diese Vision noch in ferner Zukunft liegt. So glaube ich, dass alles Opfer des Holocausts, unter anderem Leopold Flesch nicht umsonst ihr Leben gelassen haben, sondern, dass ihr Tod wenigstens ein Schritt in Richtung „bessere Welt“ war!
|
Zurück zur Übersicht
|