Folgende Informationen sind von
Emil Schmitz verfügbar:
geboren am |
13.04.1902 in Amstetten, NÖ |
letzte bekannte Wohnadresse |
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andere Wohnadresse(n) |
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Deportation |
von Wien nach Riga am 26.01.1942 |
gestorben |
- Todesdatum unbekannt -
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Die Recherche wurde von
Daphne Mantzos, 14 Jahre, BG Amstetten,
übernommen.
Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:
Der Brief an den/die Ermordete/n :
Amstetten, 23.04.2003
Lieber Emil!
Eigentlich weiß ich so gut wie gar nichts über dich und dein Leben, und trotzdem fühle ich mich dir so nahe! Meine Freundin Klaus und ich haben versucht mehr über deine Vergangenheit zu erfahren, leider haben wir fast gar nichts herausbekommen, ich hoffe du bist nicht gekränkt, weil die Nachwelt so wenig über dich weiß, aber ich verspreche dir, dass ich dich nicht vergessen werde. Ach, wenn ich dich nur sehen könnte...! Ich würde so gerne wissen, wie du ausgesehen hast, also ich für meinen Teil stelle mir dich so vor: Du warst groß, schlank, hattest ca. 5 cm langes schwarzes, glänzendes Haar, das auf einen Seitenscheitel frisiert war. Deine Augen waren groß und leuchtend in einem dunklen Braun und wenn man dir tief in die Augen sah, bemerkte man schwarze Sprenkel, die so klein waren, dass man sie beinahe übersah. Du warst kräftig und hattest große Hände, aber was hast du mit deinen begabten Fingern gemacht? Vielleicht warst du Bankier oder Uhrenmacher, Schuster oder Architekt, Lehrer oder Gärtner. Du kannst alles gewesen sein, ich werde es wahrscheinlich nie erfahren, aber eines weiß ich, jedenfalls glaube ich mit Sicherheit zu wissen, dass dir alles, was du je gemacht hast, entweder weggenommen oder verboten wurde. Mir fällt gerade ein, dass die “Begründung” für deine Deportation nach Riga, unter anderem Vermögensverschleppung war, ich schließe daraus, dass du eventuell doch Bankier gewesen bist, wer weiß vielleicht habe ich sogar Recht mit meiner Vermutung, Aber eigentlich ist es doch total egal als was du gearbeitet hast, viel wichtiger für mich ist, wie du warst, wie du lebtest! Warst du kinderlieb, hattest du selber welche? Wie war deine Frau, wenn du eine hattest? Mir würden noch viele Fragen einfallen, aber am besten ich mache es wie bei deinem Aussehen und ich schreibe dir einfach auf, wie du in meiner Fantasie auftrittst. Ich denke du warst sehr höflich. Du hattest großen Respekt vor Frauen, immer ganz Gentleman und darum konntest du dich vor Angeboten kaum retten! Aber du wusstest schon immer genau, was du wolltest und so hast du deine bildhübsche Frau mit deinem Charme um den kleinen Finger gewickelt. Bei euch beiden war es Liebe auf den ersten Blick. Wie es zu dieser Zeit üblich war, habt ihr natürlich geheiratet. Ihr wolltet viele Kinder, weil ihr beide eine große Familie miteinander gründen wollte, aber wie viele Kinder habt ihr in die welt gesetzt, Jungs oder Mädchen und wie alt waren sie?
Wir sind schon wieder bei den Fragen angelangt - leider komme ich jetzt zu den Unangenehmen!
Ich halte es nicht aus, ich verstehe es nicht, wie konnte es passieren, warum? Diese Fragen quälen mich schon lange. Ich denke du hattest dieselben, und bist wohl fast durchgedreht. Das Schlimmste ist, ich weiß nicht einmal wie du gestorben bist. Ich lebe in Ungewissheit. Bist du in einem KZ umgekommen, konntest du und deine Familie flüchten, untertauchen, erlagst du eines natürlichen Todes? Ich kann nur eines hoffen und zwar, dass du keine Schmerzen hattest! Wie schlimm muss es gewesen sein mit vielen, vielen anderen unschuldigen Menschen in einer Kammer zu ersticken, wie grausam muss es sein von einem eingebildeten Soldaten, auf den Knien hockend, kaltblütig erschossen zu werden!? Ich will gar nicht mehr daran denken und dich daran erinnern. Es tut mir leid, dass ich damit angefangen habe, es tut mir leid, dass du höchstwahrscheinlich getötet wurdest, es tut mir leid, dass sie dich dein Leben nicht leben ließen. Es tut mir leid, es tut mir leid, es tut mir leid!!! Es tut mir leid, dass ich nichts ändern kann!- Aber eigentlich stimmt das doch gar nicht, natürlich kann ich an deinem Tod nichts ändern und auch nicht an den vielen anderen Morden, die begangen wurde, aber ich kann ändern zu vergessen und helfen zu erinnern, einerseits an die schrecklichen Geschehnisse, andererseits an dich und, die anderen Unschuldigen. Ich weiß, das ist so gut wie gar nichts, aber es ist das einzige, was in meiner Macht steht zu tun. Es ist das Mindeste, was ich kann, muss und machen werde.
Weißt du, was mich noch interessieren würde? - Wie du zu deiner Religion gestanden hast, überhaupt zu NS- Zeiten. Ich weiß ich fange schon wieder an, aber wie war es? Hast du oft bzw. regelmäßig gebetet? Bist du in der Synagoge ganz vorne oder eher abseits gestanden? Hat dich etwas an deiner Religion gestört? Wie war/ ist deine Beziehung zu deinem Gott? Ich glaube an gar keinen Gott, allerdings denke ich, dass ich ein respektvoller Mensch bin, jedenfalls versuche ich es, und deshalb respektiere ich religiöse Menschen. Und bei deiner Religion, dem Judentum, ist es etwas ganz Besonderes, mich fasziniert die Gläubigkeit der Anhänger immer wieder aufs Neue! Einfach toll, wie die meisten von euch mit ganzem Herzen glauben und für ihren Glauben leben und wie es leider auch geschah, für ihren Glauben starben. Wie gesagt, ich glaube an keinen Gott, aber ich glaube an die Macht der Liebe und dass alle Verstorbenen ewig in Gedanken der Hinterbliebenen weiterleben. Ich weiß nicht, ob es einen Himmel gibt, in dem jemand auf einen wartet, aber irgendwann werde ich es erfahren und dann werden wir uns treffen. Darauf freu ich mich, allerdings habe ich Angst vor dem Tod, denn obwohl mein Leben gerade nicht so läuft, wie ich es gerne hätte, möchte ich weiterleben. Sehen wie sich alles entwickelt, was passier usw.
Wie ist es eigentlich, kann man im spirituellen Sinne als Verstorbener auf die Erde herabblicken, sehen was gerade so läuft in der “Welt der Sterblichen”? Ich frage mich außerdem, ob du mich siehst? Es macht mich wahnsinnig, denn du bist mir doch so nah und dann muss ich überlegen, ob du mich überhaupt “kennst”! Ich kenne dich!
Ich habe das Gefühl, dass dieser Brief der einzige ist, den ich je an dich schreiben kann und wenn schon, du bist in meinen Gedanken und sonst treffen wir uns in unseren Träumen oder ich schicke einen weiteren Brief in den Himmel, in das unendliche Universum und ich bin mir sicher, dass du ihn erhältst. Du bist mir sehr wichtig, wie ein Freund, einen den ich ewig kenne. Du bist wie ein Brieffreund, dem ich alle meine Geheimnisse verraten kann, weil du sie nie weitererzählen würdest und nie dadurch anders über mich denken könntest. Wie ein Großvater, der mir als ich klein war, Geschichten erzählt hat, und mir, obwohl es meine Mutter verboten hatte, Schokolade gegeben hat!
Ich werde dich nie vergessen, dich immer in meiner Erinnerung festhalten, dich ewig an meinem Leben teilhaben lassen, in meinen Gedanken lebst du und wirst immer leben!
Du hast mir in vielerlei Hinsicht geholfen, zu verstehen, nachzudenken und noch viel mehr, aber am wichtigsten, nicht zu vergessen. Außerdem ich wollte dir noch alles Gute zum Geburtstag wünschen! Klaus und ich wollten dir eigentlich Blumen kaufen, allerdings war es ein Sonntag, wir werden das nachholen.
Ich muss jetzt leider aufhören zu schreiben, aber wie gesagt, ich werde dich nie vergessen! Und vielleicht denkst du ab und zu an mich, ich werde oft an dich denken!!
Hab dich lieb und ich bin froh dich kennen gelernt zu haben!
Alles Liebe, und es war mir ein Vergnügen,
Bis Bald
Deine Daphne
PS: Vielleicht bekomme ich irgendwann eine Antwort von dir, irgendwie, irgendwo, irgendwann - Ich werde warten! - Auf dich und deine Antworten
Lieber Emil!
Es ist ziemlich schwierig einen Brief an dich zu schreiben, denn ich weiß leider so gut wie gar nichts über dich! Ich fände es toll, wenn ich wenigstens ein Foto von dir hätte, so würde ich wenigstens wissen, wie der Mann ausgesehen hat, über den ich recherchiert habe.
Einen gewissen Bezug habe ich trotzdem zu dir, vielleicht deshalb, weil mich deine Geschichte interessiert. Schade ist es, dass ich nur die schrecklichen Fakten deines Lebens kenne, mich würde auch interessieren was du gearbeitet hast, ob du Frau und Kinder hattest, einfach wie du warst!
Dein Schicksal macht mich traurig und natürlich auch das von all den anderen Juden, doch deines beschäftigt mich am meisten. Ein Mensch, über den man nur Name, Geburtsdatum und Todesort kennt, schrecklich! Es macht mich wütend! Wie kann nur so etwas unsagbar Grausames passieren?! Ich kann es kaum fassen und dann muss ich daran denken, dass du wahrscheinlich auch getötet wurdest, von Unmenschen, bei denen man wirklich sagen kann, dass sie kein Gewissen, geschweige denn einen Ansatz von Seele im Leib hatten.
Meine Wut kann man gar nicht ausdrücken, so groß ist sie! Ich hoffe, dass sie dich nicht bis zu deinem Tod gepeinigt haben! Doch jetzt ist es leider zu spät, hoffentlich geschieht so etwas nie wieder. Besser gesagt, es darf nie wieder geschehen!! Aber ich will dich damit nicht mehr belasten. Ich denke du hast schon genug in deinem Leben mitgemacht!
In meiner Fantasie bist du ein stattlicher Mann gewesen und du hattest sicher einen tollen Beruf. Es ist schade, dass ich dich nicht kenne bzw. nicht kennen lernen konnte! Du warst bestimmt überaus sympatisch!
Aus dem Projekt „ A Letter to the Stars“ habe ich gelernt, dass man die Vergangenheit nicht hinter sich begraben soll, oder zu vertuschen versuchen soll, es ist klar, dass der Zeitabschnitt des Holocaust die reinste Hölle war, doch vergessen, nein vergessen darf man die millionen Opfer nicht!
Emil, du wirst immer in meinem Herzen bleiben und ich werde dich sicher nie vergessen!
Du bist für mich ein Held, du hast diese Hölle zwar wahrscheinlich nicht überlebt, aber du hast den Mut sicherlich nie aufgegeben und das beeindruckt mich!
Ich werde jetzt zum Schluss meines Briefes kommen, doch alles, was ich dich fragen, dir erzählen, oder sagen möchte, kann ich leider nicht in diesen einzigen Brief verpacken.
Lieber Emil, ich will dir noch einmal sagen, du wirst nicht vergessen werden und ich werde noch sehr lange über dich, wie du gewesen sein könntest und deinen sinnlosen Tod nachdenken!
In freudiger Erinnerung,
deine Kerstin
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Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):
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