Liste der Ermordeten


Folgende Informationen sind von Elisabeth Reichmann verfügbar:

geboren am 01.06.1905 in Maxglan, Salzburg
letzte bekannte Wohnadresse
andere Wohnadresse(n) Innsbruck, Tirol
Deportation von Prag nach Theresienstadt am 15.05.1942
gestorben - Todesdatum unbekannt -
Die Recherche wurde von Cornelia & Johannes, 15 Jahre, HBLA - ANNAHOF, übernommen.

Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:

Der Brief an den/die Ermordete/n :

Die Erde sinkt zurück,
die Fesseln und die Schmerzen:
Ich bin am Himmel Stern geworden
und fühl’ im All den Schlag
von Gottes weitem Herzen.
Wolfgang Borchert


Liebe Frau Reichmann – Turteltaub

Sie wurden 1905 zusammen mit Ihrer Zwillingsschwester Anna in Maxglan ge-boren. Damals war Maxglan noch nicht in die Landeshauptstadt Salzburg ein-gemeindet. Der Standort unserer Schule befindet sich in Lehen, einem weiteren Salzburger Stadtteil. Nur wenige Monate wohnten Ihre Eltern, sowie Geschwis-ter Eva und Edmund unter der Adresse Maxglaner Hauptstraße 2, in einem Gasthaus, wie wir herausfanden. Das Gebäude steht noch, zumindest die Bau-substanz des 1. Stockes hat sich kaum geändert. Statt einer Gaststätte befindet sich nun allerdings ein Geldinstitut im Erdgeschoss.
Ursprünglich waren Ihre Eltern in Galizien beheimatet, zogen jedoch in die da-malige Reichshaupt- und Residenzstadt Wien. Von dort nach Salzburg/Maxglan und weiter in den Westen, nämlich nach Innsbruck.
In Innsbruck – Pradl, Defregger Straße 12, erwarben und besaßen Ihre Eltern ein Haus, in welchem auch das Warenkredithaus „Fortuna“ (Handel mit Waren aller Art) untergebracht war. Aus dem Erlös dieser Tätigkeit bestritten Ihre El-tern ihren Lebensunterhalt sowie zum Teil den ihrer Söhne und Töchter, aber auch jenen der Enkelkinder und Schwiegersöhne.
Unter der Anschrift Defregger Straße 12 waren Sie bis 18.November 1913 gemel-det, ab 28.Mai 1921 in Kranebitten 5/bei Innsbruck. Weshalb dieser Umzug er-folgte, ob er nur Sie betraf und wie lange Sie dort ansässig waren, lässt sich nicht rekonstruieren.
Verehelicht wurden Sie mit Ernst Reichmann, Kaufmann aus Prag, der von Prag zugezogen war (Datum der Eheschließung 25.Mai ? Rabinat).
Mit Ihrem Ehemann zogen Sie nach Telfs (ca. 30 km westlich von Innsbruck), ihre Wohnadresse lautete: Oberer Markt 154. Am 13.Mai 1932 wurde Ihnen bei-den ein Sohn namens Leopold geboren.
Mit dem Einmarsch der deutschen Truppen 1938 begann die Schreckensherr-schaft der Nationalsozialisten, der viele Menschen aus u ter chiedlichen Grün-den zum Opfer fielen.
Sie, Frau Reichmann – Turteltaub, entstammen einer frommen, traditionsbe-wussten jüdischen Großfamilie. Wie Ihr Neffe Erich Abraham in einem Interview zu berichten wusste, kannte er Sie als Selbstbewusste, aufgeschlossene, tempe-ramentvolle junge Frau, auf deren Besuch sich stets alle, vor allem die Neffen, freuten.
Ausgewiesen in die CSR, weil Ihr Ehemann nach Prag zuständig war, verließen Sie mit Gatten Ernst und Sohn Leopold Telfs in Tirol am 25. Oktober 1938 in Richtung Wien und CSR, am Innsbrucker Bahnhof noch von Ihren Angehörigen verabschiedet. Auch an den Abschied von Ihnen und Ihrem Sohn am Innsbrucker Bahnhof kann Erich-Abraham sich erinnern. Ihr Sohn Leopold besaß ein Blech-spielzeug in Form eines Vogels. Dieses Spielzeug zog er auf, sodass der Vogel an die Fensterscheibe des Zugabteils peckte. Das es ein Abschied für immer sein würde, wusste damals noch niemand. Dann verliert sich mehr und minder die Spur. Zwar wurde vom Institut für Zeitgeschichte an der Universität Innsbruck besonders auch Ihre Ursprungs – Familie erforscht, in Ihrem Fall jedoch leider wenig ergiebig.
Einzig und allein der Korrespondenz zwischen Ihren Eltern und Ihrer Schwester Eva Alloggi in Palästina/Erez sind drei Hinweise zu Ihrer Person zu entnehmen:

² ( März 1939)
Malke (Amalie) Turteltaub an ihren Enkelsohn Aldo in Palästina/Erez:
... heute habe ich auch von der Tante Ella ein Schreiben gehabt Sie lasst dich herzlich grüßen.

² 31.5.1939 Malke (Amalie) Turteltaub an ihre Tochter Eva Alloggi in Palästi-na/Erez:
Apropo
Von der Ella haben wir ein Schreiben (gehabt) Sie weint bitter. Er hat Ihr das Kind weggenommen und Sie muss so schwer arbeiten und Er gibt Ihr kein (Gro-schen) ich weiß nicht was (ich) mit ihr machen soll das Herz zer... und man kann nicht helfen – Kuss Mama

² 23.8.1939 Wolf Meier Turteltaub an Eva Alloggi
Ella ist zu bedauern, sie hat unserer Aussicht nach,... das härteste und dazu ihre Unbeholfenheit und Krankheit. Vater u. Großvater


Liebe Frau Reichmann – Turteltaub

Soviel uns bekannt ist, ereilte Sie, Ihren Sohn und Ihren Gatten dasselbe Schicksal wie viele Ihrer Familienangehörigen: Sie wurden in einem Konzentrationsla-ger, in welchem genau, ist ungewiss, ermordet. Wir trauern um Sie und alle Shoa-Opfer. „Niemals vergessen“ lautet auch unsere Devise. Für uns sind Sie nun nicht mehr bloß ein anonymes Opfer, sondern eine junge Frau, zu der wir über unsere Arbeit ein gewisses Näheverhältnis aufbauen konnten.

Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):




Der 2.Weltkrieg fand im Mai 1945 sein Ende. Österreich wurde von den Alliier-tentruppen vom verbrecherischen Regime der Nationalsozialisten befreit.
Befreit wurden auch die Insassen des Konzentrationslagers Mauthausen und die der vielen Nebenlager.
Alliiertetruppen blieben allerdings bis zu 10 Jahren, bis zum Oktober 1955, in Ös-terreich.
Der Krieg hatte unzählige Opfer gefordert, ein geistiges Vakuum war großteils zu beklagen zumal, viele von den Nationalsozialisten Verfolgte entweder ermordet oder vertrieben worden waren und es die Republik Österreich unterließ die E-mikrantenInnen einzuladen wieder in ihre ursprüngliche Heimat zurückzukom-men.
Nach dem Staatsvertrag erlangte Österreich wieder seine Souveränität und der Demokartierungsprozess des Landes setzte sich fort. Der Urgeist des Nationalso-zialmus existiert kaum mehr.
Zeitgeschichte ist seit Jahren ein Bestandteil des Lehrplans an Schulen, desglei-chen Politische Bildung.
Wir möchten in diesem Zusammenhang anführen was uns und MitschülerInnen beschäftigt und besonders wichtig erscheint:

² Aktuelle geschichtliche und politische Ereignisse sollten so im Unterricht be-handelt werden, dass man Rückschlüsse auf die Geschichte erfahren und mög-liche Erfahrungen gebrauchen kann.

² Um Begangenfehlern, etc. zu vermeiden, sollte man sich mit der Vergangen-heit auseinander setzen, wenn gleich manche Menschen nicht aus der Ge-schichte lernen.

² Ein Sorgsamer Umgang von Wortwahl bis Handlungsweise in Politik und All-tagsleben, von Toleranz und Akzeptanz getragen, sollte zu Selbstverständlich-keit werden.


Wir Alle sind uns bewusst, dass Wir UNSERE Handlungsweise stets von Neuem überdenken und überprüfen sollen!!!

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