Folgende Informationen sind von
Paula Prager - Mandowsky verfügbar:
geboren am |
11.12.1884 in Steyr, OÖ |
letzte bekannte Wohnadresse |
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andere Wohnadresse(n) |
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Deportation |
von Budapest nach unbekanntes Lager- Deportationsdatum unbekannt - |
gestorben |
- Todesdatum unbekannt -
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Die Recherche wurde von
Verena,
übernommen.
Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:
Die Recherchen sind soweit ganz gut verlaufen, aber leider konnte ich nicht so viel ausfindig machen, wie ich eigentlich erwartet hatte. Es ist nicht so leicht, etwas über eine bereits verstorbene Frau ausfindig zumachen, zudem es ja so viele Opfer des Holocaust gab und die Geschichte jedes einzelnen für die große Masse nicht wirklich bedeutend ist. Es hat mir trotzdem Spaß gemacht, zu schreiben und mich mit diesem Bereich näher zu beschäftigen.Ich finde dieses Projekt insofern ganz gut, weil die Jugendlichen mit diesem Thema konfrontiert werden und sie die Aufgabe haben sich damit auseinander zu setzen. So ein Projekt lässt auch die heutigen Jugendlichen, die ja längst nicht mehr vom Geschehen betroffen sind, über den Krieg nachdenken.
Daten:
Paula Prager-Mandowsky, Mädchenname Kronberger, wurde am 11.12.1886 in Steyr geboren. Sie war verheiratet mit Erich Prager-Mandowsky, geboren am 8.1.1876 in Hultschin, mit dem sie nach Ungarn flüchtete. Sie wurde mit ihrem Ehemann in Budapest festgenommen und 1944 in ein unbekanntes Lager, vermutlich nach Auschwitz, deportiert. Ihre Tochter Elly überlebte im Exil.
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Der Brief an den/die Ermordete/n :
Liebe Paula! Weyer, 10.3.2003
Obwohl wir uns nicht kennen, erlaube ich mir, Sie mit Ihrem Vornamen anzusprechen. Es macht Ihnen doch nichts aus, oder?
Vielleicht wäre es Ihnen äußerst unangenehm, wenn Sie wüssten, dass eine fremde Person in ihrem vergangenen Leben herumschnüffelt. Doch ich kann Sie beruhigen. Alles, was ich von Ihnen weiß, ist, dass Sie am 11.12.1884 in Steyr geboren wurden, verheiratet waren und eine Tochter mit Namen Elly hatten, die im Exil überlebte. Zudem ist mir noch bekannt, dass Sie nach Ungarn flüchteten und 1944 in ein unbekanntes Lager, vermutlich Auschwitz, deportiert wurden.
Ehrlich gesagt brauche ich auch nicht mehr von Ihnen zu wissen. Es ist meine Aufgabe, Ihnen Fragen zu stellen und nachzuforschen. Ich bin am Leben, glücklich und gesund. Doch Sie sind tot, Sie brauchen nicht zu antworten.
Wir schreiben das Jahr 2003. Der Krieg ist längst vorbei, wir leben in Frieden und Neutralität. Doch auch wenn ich selbst nichts mehr mit dem Krieg zu tun habe, läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken, wenn ich die erschreckenden Bilder von dieser grauen und hoffnungslosen Zeit zu Gesicht bekomme.
Es sind so viele Menschen gestorben, mussten mit dem Leben bezahlen, wegen der Unnachgiebigkeiten mancher viel zu Mächtiger, die Recht behalten wollten und deren Gier Tausenden Unschuldigen zum Verhängnis wurde.
Im Krieg wurden so viele Menschen umgebracht, dass das traurige Schicksal jedes einzelnen völlig untergegangen ist. Tausende Menschen. Tausende Schicksale. Verbrannt im lodernden Feuer des Hasses. Verbrannt zu grauer, lebloser Asche.
Doch die Seelen leben weiter.
Davon bin ich überzeugt und auch davon, dass Sie mir bestimmt zuhören. Doch hoffentlich belaste ich Sie nicht mit dieser alten Geschichte, die längst der Vergangenheit angehört. Vielleicht haben Sie sie längst vergessen und nun habe ich wieder ein kleines Stück davon ausgegraben. Aber ich will Sie nicht mit einem Fluch belegen, ich wünsche Ihnen nur, dass Sie an einem friedlichen Ort verweilen. Welch ein Mensch Sie auch immer waren, was immer Sie erlebten, ob Sie nun glücklich mit dem wenigen, das Sie hatten, waren, oder ob Ihr ganzes Leben von Trauer und Last gezeichnet war, weiß ich, dass Sie es nun gut haben. Vielleicht kommen Sie ja mal wieder in diese Welt und Sie würden sehen, wie friedlich und schön es bei uns ist. Ich bin oft in Steyr, es ist eine schöne Stadt. Auch in Ungarn war ich schon zwei Mal, weil ich eine Brieffreundin besuchte. Schön, nicht?
Es tut mir sehr leid, dass Sie die Welt nicht so erleben konnten, wie ich es Tag für Tag tue.
Am 5. Mai werden 80 000 weiße Luftballons mit Briefchen an die Opfer des Krieges in den Himmel fliegen. Ich werde auch dort sein, einen weißen Ballon mit dem Brief an Sie in den Händen halten und an Sie und Ihre Familie denken. Es wird mir eine große Freude sein.
Ruhen Sie in Frieden
Verena |
Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):
Brief an die Gegenwart
Ich bin am Leben. Bewege mich in dreidimensionalem Raum in einer scheinbar wirklichen Welt. Ich atme, singe, tanze, manchmal schreie ich. Oft fühle ich, als wäre ich befreit, doch was übrig bleibt, ist der Lärm tief in meinem Inneren und die Gewissheit, in meinem eigenen Kopf gefangen zu sein. Irgendein Körper hat über mein Wesen Besitz ergriffen, will mich umhüllen und erdrücken.
Oder nur beschützen.
Manchmal tanzen in meinem Kopf Gestalten, die völlig aus ihren Körpern herauszugehen scheinen. Sie bewegen sich mit enormer Leichtigkeit. Es gibt für sie nichts anderes als zu tanzen und das ist auch der Grund, warum sie so gut sind. Die meisten Menschen haben das Problem, dass sie zu vieles machen, zu verschachtelt und mit sich selbst nicht im Klaren sind. Sie machen Dinge, die nicht zu ihnen passen, weil der Einfluss der Umwelt zu groß ist.
Doch diese Figuren haben eine Stärke – den Tanz.
Wenn es auch das einzige ist, was sie können – jedermann bewundert sie. Würde sie bewundern, denn sie sind in meinem Kopf gefangen. Sie sind eingeschlossen und doch frei und geschützt, denn in meinem Kopf sind sie sicher und meine Horizonte sind weit.
Zugegeben, ich beneide sie ein wenig. Sie haben eine Fähigkeit und wissen – so scheint es mir – was sie wollen. Sie bewegen sich immerfort und fallen nie.
Ich kann mich nicht mit ihnen vergleichen. Verloren, mit starrem Blick und ohne zu tanzen.
Vor mir befindet sich ständig ein Loch. Es verschwindet im nächsten Moment wieder, sobald ich es betrete und mit meiner Welt auffülle, aber sofort ist wieder ein neues hier. Mal ist es hell und sonnig, oft düster und schattig. Bergauf und hügelabwärts.
Jeder Mensch wird damit zu jeder Zeit konfrontiert, nur ohne es zu merken. Jeden Tag entscheidet er sich – tausend Male.
Es gibt kein Vor, kein Zurück. Alles was hier ist, ist die Gegenwart. Sie ist alles, sie ist der Schlüssel zum Glück, jetzt ist der Moment!
Es gibt Vergangenes, aber auch das ist schon bald nicht mehr wahr.
Gewiss gibt es Träume, Vorstellungen und Pläne. Doch die Zukunft existiert in Wirklichkeit nicht. Sie ist von Irrelevanz und ein verschwommenes Trugbild, von dem wir absolut keine Ahnung haben.
Sie ist so fern und unklar, dass man sie erst erkennen kann, wenn sie schon hier ist. Doch dann ist sie auch schon gegenwärtig.
Jeder Mensch ist so sicher, was morgen heißt, doch er weiß gar nichts von morgen.
Diese Ahnungslosigkeit steht dafür, den Menschen zu überraschen. Manchmal in solchem Ausmaß, dass er lacht oder weint und alles doch ganz anders gekommen ist, als er dachte.
Ich konzentriere mich einen Moment lang auf das Wort „Zukunft“. Langsam spreche ich es laut aus und während es mühelos ülber meine Zunge gleitet und sich aus meinem Kopf befreit, weiß ich, dass der letzte Buchstabe des Wortes in der Zukunft liegt. Doch als ich beim vorletzten Buchstaben angelangt bin, fällt plötzlich etwas Schweres auf meinen Kopf.
Ich glaubte so fest daran, die „Zukunft“, die in meinem Kopf existierte, zu erreichen. Doch sie wurde von etwas Großem eingeholt. Von etwas Unerschütterlichem, gewiss Mächtigem.
Und mir wurde sofort klar, dass die Vorstellung der Zukunft in meinem Kopf eine Illusion, ein Trugbild war. Die Gegenwart hat mir schlagartig meine Vision zerstört und mich in die wirkliche Welt zurückgeholt.
Es mag sein, dass der Mensch durch das Bild seiner Zukunft sich Zugang zu anderen Orten und neuen Menschen verschaffen will. Doch oft verfängt er sich in Träumen und ist mit seiner gegenwärtigen Welt nicht mehr zufrieden.
Denn er versteht, dass das wirkliche Leben immer ein anderes ist.
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