Liste der Ermordeten


Folgende Informationen sind von Robert Winterstein verfügbar:

geboren am 26.06.1874 in Jicin
letzte bekannte Wohnadresse
andere Wohnadresse(n)
Deportation derzeit nicht bekannt- Deportationsdatum unbekannt -
gestorben in Buchenwald am 13.04.1940
Die Recherche wurde von Sabine, 14 Jahre, PHS Frohsdorf, übernommen.

Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:

Dr. Robert Winterstein, Justizminister von 17. 10. 1935
bis zum 14. 5. 1936


Robert Winterstein wurde am 26. Juni 1874 in Jicin / Gitschin (Böhmen ) als Sohn eines Arztes geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er ab 1893 Jus an der Universität Wien. Im November 1896 trat er als Rechtspraktikant beim Handelsgericht in den Dienst des Oberlandesgerichts Wien. Im Dezember 1906 stieg er zum staatsanwaltschaftlichen Substitut und im Mai 1931 zum Staatsanwalt auf. Am 9. Juni 1919 wurde er schließlich zum ersten Staatsanwalt befördert, etwa zwei Jahre später, im Jahre 1921, wurde ihm der Titel Hofrat verliehen. Bis zum Jahre 1927 bearbeitete er als Staatsanwalt vor allem Anklagen im Zusammenhang mit Wirtschaftsdelikten. Ab dem 31. Mai 1927 war er Generalanwalt bei der Generalprokuratur, am 24. März 1932 wurde er zum Generalprokurator ernannt. Er war auf zahlreichen juristischen Kongressen als Referent tätig.
Von 1943 bis 1938 gehörte er mit Ausnahme jener Zeit, in der er als Bundesminister tätig war, dem Staatsrat und dem Bundestag an. Dr. Robert Winterstein wurde von der Bundesregierung wiederholt als Berater beigezogen und mit Sonderaufgaben betraut, so beispielsweise nach dem nationalsozialistischen Juliputsch. Am 17. Oktober 1935 wurde Dr. Winterstein als Justizminister in die Regierung berufen, der er als erster jüdischer Justizminister angehörte. Nach seinem Ausscheiden aus der Regierung am 14. Mai 1936 übernahm Dr Winterstein wieder die Leitung der Generalprokuratur.
Nach dem Anschluss im März 1938 reichte er am 12. März mit gleichzeitigem Urlaubsantritt um seine Pensionierung ein, bereits am 15. März wurde er verhaftet. Er wurde mit April 1938 zunächst mit vollem Ruhegenuss pensioniert, aber am 14. September 1938 wurde er unter Aberkennung der Ansprüche auf Ruhegenuss entlassen. Im Herbst 1938 wurde Dr. Robert Winterstein mit den so genannten
„Prominententransporten“ in das KZ Dachau deportiert. Franz Meixner, der Augenzeuge der Ermordung von Robert Winterstein war und das KZ überlebt hat, berichtet , dass Dr. Winterstein zunächst in der Strumpfstopferei beschäftigt war. Robert Winterstein war durch sein kameradschaftliches Verhalten bei den übrigen Inhaftierten sehr geschätzt – er hatte sich auch stets bemüht, „Neulinge“ in die
„Gepflogemheiten“ des Konzentrationslagers einzuführen und leistete durch wertvolle Hinweise wichtige Hilfeleistungen. Im Frühjahr 1940 wurde Dr. Winterstein gemeinsam mit einem anderen Mithäftling, namens Josef Trummer verständigt, dass sie am nächsten Morgen beim Arbeitskommando Steinbruch antreten müssten. Im Steinbruch angelangt, wurden die beiden an verschiedenen Arbeitsplätzen zum
Wegschaufeln von Schotter eingesetzt. Josef Trummer wurde vom Vorarbeiter mit Stockhieben aufs Gesäß misshandelt und danach musste er im Laufschritt bergauf Steine tragen und wurde dabei mit Knüppelschlägen brutal angetrieben . Als Trummer total erschöpft war, ließ er sich unter weitern Knüppelschlägen auf die Postenkette treiben, wo er von einem SS-Posten niedergeschossen wurde. Daraufhin wurde Robert Winterstein von seinem Arbeitsplatz geholt und zu demselben Steinehaufen zum Steinetragen befohlen. Dr. Winterstein weigerte sich, weil er viel zu schwach dazu war. Er ging zu dem SS-Mann in der Postenkette, wo indessen auch der Postenführer erschienen war. Augenezugen konnten den Inhalt des Gespräches nicht vernehmen, aber aus den Gesten Wintersteins, der seinen Rock aufriss und die Brust freimachte, ging unmissverständlich hervor, dass er den Posten zum Gnadenschuss aufforderte. Der Postenführer versetzt ihm einen Schlag, der ihn einige Schritte über die Postenkette taumeln ließ, worauf ihn der SS-Posten sofort niederstreckte.
Leider erging es dem Rest der Familie von Robert Winterstein nicht besser: Sein Bruder Paul ( ehemaliger Oberst im Generalstab der kaiserlichen Armee ) wurde 1942 nach Theresienstadt verschleppt und kam dort 1945 ums Leben. Dr. Wintersteins weiterer Bruder namens Max ( Augenarzt in Pilsen ) wurde mit seiner Frau Regine und seinen Söhnen Hans und Karl ebenfalls nach Theresienstadt deportiert und verstarb dorf kurz darauf. Seine Frau und die Kinder wurden nach Auschwitz transportiert und dort in den Gaskammern ermordet.
Der Sohn von Dr. Robert Winterstein war von 1940 bis zur Befreiung am 5. Mai Häftling in Mauthausen. Er erkrankte dort so schwer, dass er weitere drei Jahre in einer Lungenheilstätte in der Schweiz verbringen musste. Nachfahren von Dr. Winterstein leben heute in Wien und sind in vielerlei Hinsicht ein großer Segen für unsere Gesellschaft.

Der Brief an den/die Ermordete/n :

Sehr geehrter Herr Dr. Winterstein!
Ich heiße Magdalena. Meine Schulkasse und ich haben bereits viel von Ihnen gehört und gelesen. Ich habe mir über Ihr Leben Gedanken gemacht und ich möchte Ihnen mit diesem Brief meine Anerkennung aussprechen. Es beeindruckt mich sehr, dass Sie in Ihrem Berufsleben so erfolgreich gewesen sind und ich bin davon überzeugt, dass Sie ein gerechter Justizminister waren. Nachdem, was ich gehört habe, kann sich unser Land glücklich schätzen, so einen Minister gehabt zu haben. Ich denke, gerade in so einem Amt sollte es immer um den einzelnen Menschen bzw. um Menschlichkeit gehen und nicht um Macht und Ansehen, wie es so oft der Fall ist. Ich glaube, dass Sie so ein Mensch waren, der die Wichtigkeit dieser Aufgabe richtig erkannt hat. Ich finde es sehr schlimm, dass man Sie - obwohl Sie sich immer mit Gesetzen und Gerechtigkeit auseinandergesetzt haben - so ungerecht behandelt hat! Es ist mir unverständlich, dass ein Mensch einen anderen Menschen so grausam behandeln kann. In Wirklichkeit kann man sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen, wie brutal Sie und Ihre Mithäftlinge behandelt und misshandelt wurden. Ich finde es beeindruckend, dass Sie sich im KZ um
andere angenommen haben . Solche Menschen wie Sie, die auch unter diesen schwierigen Bedingungen an andere Menschen denken und ihnen helfen, verdienen unsere Hochachtung! Besonders beeindruckend und tapfer finde ich, wie Sie dem SS-Posten gegenübergetreten sind, obwohl Sie schon sehr geschwächt waren. Ich wünsche Ihnen und Ihren Kameraden, dass Sie trotz allem Ihren Frieden gefunden haben und hoffe, dass sich so etwas Schreckliches nie wieder wiederholen wird! In Gedanken an Ihre schwierige Zeit! Ihre Magdalena

Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):

Ich wünsche mir für die Zukunft:
Dass jeder Mensch Religionen anerkennt und nicht bekämpft,
dass die Menschenrechte eingehalten werden,
dass man den Holocaust und seine Opfer nie vergisst!
Falls man nicht vorsichtig ist, kann sich das alles wiederholen, daher wünsche ich mir für die Zukunft viele Menschen mit Herz!

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