Liste der Ermordeten


Folgende Informationen sind von Paula Novotny verfügbar:

geboren am 10.12.1874 in Bad Ischl, OÖ
letzte bekannte Wohnadresse
andere Wohnadresse(n)
Deportation von Wien nach Riga am 06.02.1942
gestorben - Todesdatum unbekannt -
Die Recherche wurde von Stephanie, 14 Jahre, BG Bad Ischl, übernommen.

Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:

Paula wurde als Paula Kohn in Bad Ischl geboren. Obwohl es mehrere Familien dieses Namens in Ischl gab, ist nicht ganz klar, wie das Verwandtschaftsverhältnis zu Alfred Kohn war, dem die Todeserklärungsnummer 1988/46 mitgeteilt wurde. Im selben Transport waren auch Helene Kohn (Auskunft Linzer Landesarchiv:geb. 16. Aug. 1880 in Bad Ischl musste 1939 den zusätzlichen Vornamen Sarah annehmen, sie war ledig und nach Bad Aussee zustänig. Im Feb. 1939 wohnhaft in Wien XV, Geibelgasse 3/16)und Margarethe Kohn, die eine Schwester des Alfred Kohn war. Die drei Frauen waren sicher verwandt. Wir konnten nicht herausfinden, wer ihr Gatte, Hr. Novotny war. Dieser tschechische Name ist in Ischl eher selten, vielleicht lernte sie ihn in Ischl als Sommergast kennen. Ihre letzte Wohnadrese ist eine der Wiener Sammelwohnungen, Wien 2, Förstergasse 4/5. Von dort wurden die 3 Frauen am 6. Feber 1942 nach Riga deportiert. Im Juli 1941 waren deutsche Truppen einmarschiert, im Spätherbst errichtete man das Ghetto. Im folgenden Winter wurden in einem naheliegenden Wald lettische Juden und erst Personen aus Wien erschossen. Am 3. Dez. 1941, 11. und 26. Jänner und 6. Februar 1942 kammen nach achttätiger Fahrt Transporte aus "Österreich" nach Riga. Sie kamen ins Ghetto und mussten im lager Salaspils Zwangsarbeit leisten. Als am 6. Feb. 42 der letzte Transport aus Wien eintraf, wurde den Menschen, denen der Fußmarsch zum Ghetto zu beschwerlich erschien, ein LKWs, tatsächlich handelte is sich um getrante "Gaswagen", angeboten. Nur 300 Menschen kamen zu Fuß im Ghetto an. Ob unsere Paula unter ihnen war? Wahrscheinlich nicht, immerhin war sie inzwischen 68 Jahre alt. Ob Alfred Kohn als einer der 100 Österreicher Riga überlebt hat?
Geschichte von Bad Ischl, GS-Buch, Lehrausgänge nach Ebensee, ZeitgeschichteMuseum, Arbeit im dortigen Archiv, Recherche am Ischler Meldeamt etc.

Der Brief an den/die Ermordete/n :

Liebe Frau Novotny,

ich kenne Sie nicht, und sie kennen mich nicht. Aber
ich kann mir vorstellen wie sie gewesen sind. Welches
Leben Sie führten, ob Sie Kinder hatten, welchen Beruf
Sie ausübten,... es ist schon lustig. Ich weiß nur
ganz wenig über sie und wenn sie mich jetzt
beobachten, werden sie lachen, da wahrscheinlich
nichts davon stimmt, was ich mir über Sie ausgedacht
habe. Ich versuche jedenfalls, anhand ihrer (von mir
ausgedachten) Lebensgeschichte, nur einen Funken von
dem zu verstehen, was vor mehr als einem halben
Jahrhundert passiert ist. Irgendwie komme ich nicht
weiter. Ich dachte mir, je mehr ich über die Nazizeit
weiß, je mehr kann ich diese Zeit verstehen, ihre
Hintergründe. Doch je mehr ich weiß, um so weniger
kann ich sie verstehen. Ich würde Ihnen gerne sagen,
dass so schreckliche Dinge nie wieder passiert sind,
doch eigentlich muss ich sie enttäuschen. Unsere
Generation ist in vielen Dingen weiter gekommen. In
der Medizin, der Technik, der Wissenschaft,... Doch
was bringt uns das, wenn weiterhin schreckliche Dinge
passieren. Auch nach der Nazizeit, gab es in vielen
Ländern, Diktatoren, die Minderheiten ihres Landes
verfolgten, oder andere Gruppen auslöschten. Und sie
gibt es heute noch. Ich dachte mir, es wird nie wieder
Krieg geben. Doch ich wurde eines besseren belehrt.
Manchmal denke ich, es bringt uns die ganze
Wissenschaft, Medizin, Technik, nichts, wenn wir in
manchen Dingen wie vor hundert Jahren handeln.

Ihre Stephanie Czerny

Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):

Was ich mir von der Zukunft wünsche, ist eigentlich,
das was sich alle Menschen wünschen. Ich bin dankbar
für meine wunderbare Familie, das Glück, das ich habe
in so eine Familie hineingeboren zu sein. Ich wünsche
mir ein glückliches Leben, voller Liebe und Freude.
Natürlich wird mein Leben nicht perfekt verlaufen,
aber ich hoffe , dass ich später einmal sagen kann:
≥ Es war wunderschön, so wie es war.„ Aber ich glaube,
das werde ich sowieso können.

Was ich mir noch wünsche ist, dass allen Menschen in
jedem Land die Chance zur Meinungsfreiheit zur
Verfügung steht. Frei seine Meinung äußern zu können,
aber auch Toleranz anderen Menschen gegenüber, anderen
Kulturen, anders denkenden Menschen mit einer anderen
Meinung. Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit,
für Menschen die nicht immer Glück haben, und
Bildungsfreiheit für jeden. Ich glaube, dass alles ist
das wichtigste von allen. Menschen wie Martin Luther
King, Mahatma Gandhi, Nelson Mandela,... und deren
Aktivisten, bzw. Mitstreiter haben es uns vor-
gemacht. Es geht, wenn man nur will, doch für einen
hohen Preis. Sie mussten persönliches Leid erfahren,
oftmals sogar den Tod. Sie haben uns in vielen Dingen
sehr geholfen, dafür bin ich dankbar. Ich würde mir
auch wünschen, dass Menschen Dinge hinterfragen, bei
denen sie sich nicht sicher sind und nicht gleich
urteilen. Denn erst wenn man darüber nachgedacht hat,
merkt man vielleicht, dass nicht alles richtig ist.



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