Liste der Ermordeten


Folgende Informationen sind von Klara Nagelberg verfügbar:

geboren am 01.02.1887 in Bottoschani, Rum.
letzte bekannte Wohnadresse
andere Wohnadresse(n)
Deportation von Wien nach Maly Trostinec am 14.09.1942
gestorben in Maly Trostinec am 18.09.1942
Die Recherche wurde von Eva, 16 Jahre, BORG Radstadt, übernommen.

Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:

Der Brief an den/die Ermordete/n :

Ein toter Mensch ist eine Tragödie,
aber tausend tote Menschen eine Statistik!
(aus einem Song vom Marilyn Manson)

Klara!

Es ist schwer, sich eine Person vorzustellen, die man nicht kennt. Eine Person vorzustellen, die man nie gekannt haben kann.
Aber uns beide verbindet etwas, so absurd es klingen mag, so grotesk. Es ist nicht etwa unser Schicksal, unser Name, oder irgendetwas Persönliches. Nein! Du, liebe Klara, bist genau hundert Jahre älter als ich.
Ich weiß nicht, wie ich mir dich vorstellen soll, aber da du auch Wassermann bist, weiß ich so ungefähr, wie ich mir dich vorstelle:
Auf jeden Fall in irgendeiner Weise kreativ!
Wenn du hundert Jahre später geboren wärst, wärst du vielleicht auch Bon Jovi Fan, wer weiß. ;-)
Ich weiß fast nichts über dich, ich weiß nicht, wie du gelebt hast, ich weiß nicht, wie deine Kindheit war, wie du aufgewachsen oder warum du nach Wien gegangen bist.
Ich habe nur ein paar persönliche Daten, die mir zugeschickt wurden. Aber so weiß ich wenigstens, dass du ein Magister der Philosophie warst! Ich finde das cool, weil ich habe auch schon einmal überlegt, ob ich nicht vielleicht Philosophie studieren will... Aber dann hab ich mir gedacht, dass es doch nicht wirklich das Richtige für mich ist.
Ich würde ja so gerne einmal ein Gespräch mit dir führen, weil ich würde so gerne wissen, was du dachtest, und einfach, wie du gelebt hast.
Früher hab ich mich zwar schon für den Holocaust interessiert, aber nicht so richtig darüber bescheid gewusst. Klar, ich wusste das, was jeder weiß. Irgendwann kam dann das Interesse und ich wollte mehr wissen, aber ich konnte mir das nie so wirklich vorstellen. Wie auch. Aber dann sah ich Filme, las Bücher (die aber nur indirekt damit zu tun hatten), und ich konnte mir wenigstens einen Teil dessen vorstellen. Aber ich denke, ich bin nicht alleine mit meiner Unwissenheit, denn nenn mir einen, der sich das vorstellen kann. Ich meine vorstellen, ohne, dass er selbst in einem KZ war! Ich denke, niemand kann das, weil es muss so schrecklich gewesen sein. Ich weiß nicht, wie die Hölle ist (ehrlich gesagt, glaube ich auch nicht an die Hölle, und, soweit ich weiß, ihr Juden auch nicht), aber ich denke, dass nur ein Tag in einem KZ schlimmer gewesen sein muss, als eine Ewigkeit in der Hölle.
Ich habe von Leuten gelesen, die in einem Kriegsgefangenlager in Russland (oder in anderen Ländern) waren, wie sie unter unmenschlichten Bedingungen gelebt haben, aber – sie haben überlebt! Du leider nicht, du wurdest umgebracht. Umgebracht, wie ein Tier, das einem lästig ist.
Letztes Jahr habe ich mir darüber Gedanken gemacht, ob der Mensch eigentlich das Recht dazu hat, Tiere, die ihm „nur“ lästig sind (wie zum Beispiel Ameisen) zu töten. Eben nur, weil sie ihm lästig sind.
Wenn ich jetzt so nachdenke, dann spiegelt dieser Gedanke eigentlich die
Menschenvernichtung im Zweiten Weltkrieg wider (ich habe jetzt bewusst das Wort „Mensch“ gewählt, weil ja nicht nur Juden vernichtet wurden).
Nehmen wir euch als Beispiel (weil du ja auch eine Jüdin bist), und nehmen wir einmal an, alle Juden sind Ameisen (ich weiß, dieser Gedanke ist absurd, aber nehmen wir einfach einmal an).
Ihr ward Hitler lästig, obwohl ihr im nichts getan habt, und so hat er euch vernichtet, vernichtet wie Ameisen. Einfach nur so, aus. Nur wenn ich noch einmal darüber nachdenke, dann gibt es einen großen Unterschied – die meisten Ameisen werden getötet, indem man sie zusammen steigt, kurz und bündig!
Aber ihr Holocaustopfer - wie habt ihr gelitten! Ihr wurdet auf engstem Raum zusammen gepferchtet, in ein KZ gebracht (mit dem Wissen, dass ihr sterben werdet?), dort wurdet ihr vergast, oder ihr habt auch zu Tode gearbeitet. Vielleicht seid ihr auch verhungert, an einer Krankheit gestorben, oder habt Selbstmord gemacht?
Früher war einmal „Eine himmlische Familie“ meine Lieblingsserie, und da gibt es eine Folge, in der eine Frau von einem KZ erzählt (es ist eine wahre Geschichte, nur der Name wurde geändert), und ich fand es schrecklich. Vor allem ein Zitat hat mich geschockt, und es hat mir sehr zu denken gegeben. Ich weiß den genauen Wortlaut nicht mehr, aber es lautet so ungefähr:
Auschwitz verlässt ihr nur durch den Kamin!(Zitat von einem Aufseher)
Ich hab einmal einen Bericht gesehen, in dem die Menschen, die in der Nähe eines KZs wohnten, berichteten, dass der Himmel immer schwarz war – von der Asche der Juden (und den anderen, die „entsorgt“ wurden). Und dann habe ich noch gehört, dass später die Juden gar nicht mehr verbrannt, sondern nur noch in den Wäldern um das KZ begraben wurden (um Geld zu sparen). Ich weiß nicht, ob das stimmt, weil man hört ja so vieles, aber ich finde es schrecklich.
Ich weiß nicht, was mit dir war. Wurdest du verbrannt, vergraben? Kamst du überhaupt in einer Gaskammer um? Ich habe versucht, mir das vorzustellen, aber dazu reicht meine Phantasie nicht aus. Und ich muss ehrlich zugeben, dass ich mir das gar nicht vorstellen will. Es muss so schrecklich gewesen sein.
Eine Historikerin (ich habe ihren Namen vergessen) hat gesagt:
Wenn man Saddam Hussein mit Hitler vergleicht, macht man Saddam nicht schlechter sondern Hitler besser!
Ich habe von Saddams Aktionen nicht so viel gehört (nur das, was so ziemlich jeder weiß), trotzdem denke ich, dass diese Historikerin recht hat.
Gerade ist mir der Gedanke durch den Kopf geschossen, dass Hitler feig war, weil er Selbstmord begangen hat. Mein zweiter Gedanke aber war, dass es gut so ist, weil so wurden wenigstens ein paar Menschen (vergleichsweise) befreit, sonst wäre es vielleicht noch Jahre so weiter gegangen und noch viel mehr Menschen wären zu beklagen.
In meiner Stadt (es ist aber nur eine ganz kleine) gibt es einen Park, und da war (oder ist?) ein Schild, auf dem steht geschrieben: Rassenreinheit!
(Ich weiß nicht, ob es dieses Schild noch immer gibt, weil ich es noch nie gesehen habe, oder wann es weg kam – ich kenne es nur aus Erzählungen)
Ich habe mit jemandem darüber diskutiert (und dieses Schild als Anlass genommen), und dieser Jemand sagte mit, dass dies ein Teil der österreichischen Geschichte ist, und dass man die Vergangenheit ruhen lassen soll. Als ich erwiderte, dass es wohl das schrecklichste Kapitel unsere Geschichte ist, zuckte die Person nur mit den Schultern und sagte, dass es sicher Schrecklicheres gegeben hat. Mag sein, aber wenn, dann weiß ich es nicht...
Was mich aber am meistens schockiert hat, war die Gleichgültigkeit, mit der diese Person mir das sagte.
Und dann dachte ich mir, dass ich vielleicht wenig über den Holocaust weiß, aber mein Gesprächspartner weiß gar nichts!
Klara, du magst grausam umgekommen sein, aber solange sich nur eine Person an dich erinnert, lebst du weiter!

Grüße die Sterne von mir!

Brief von Eva-Maria Pfandlsteiner

Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):

Zurück zur Übersicht