Liste der Ermordeten


Folgende Informationen sind von Lisette Grünberg verfügbar:

geboren am 05.05.1930 in Wien
letzte bekannte Wohnadresse
andere Wohnadresse(n)
Deportation von Malines nach Auschwitz am 01.09.1942
gestorben - Todesdatum unbekannt -
Die Recherche wurde von Veronika, 14 Jahre, BG Zwettl, übernommen.

Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:

Lisette Gertrude Grünberg wurde am 5.5.1930 in Wien geboren. Mit etwa 10 Jahren flüchtete sie gemeinsam mit ihrer Mutter nach Antwerpen. 1942, im Alter von 12 Jahren, wurde sie gemeinsam mit ihrer Mutter mit dem Transport 7/890 von Malines/ Mechelen nach Auschwitz deportiert, mit einem der ersten Transporte. Man weiß, dass 1935 ca. 100 000 Juden in Belgien lebten, vielen gelang die Flucht noch vor der deutschen Invasion. Die Hilfsbereitschaft der Belgier war ungewöhnlich gross, trotzdem wurden während der deutschen Besatzung ca. 26.000 Juden deportiert, die meisten wurden ermordet.

Der Brief an den/die Ermordete/n :

LIEBE LISETTE!

Wir schreiben diesen Brief um sicherzugehen, dass du und dein Schicksal, deine Familie und Bekannten nicht vergessen werden. Wir, Katrin, Sabine und Veronika, wissen schon einiges über dich, aber das meiste können wir nur vermuten. Du warst eines von den ca. 80.000 österreichischen Opfern, die der 2.Weltkrieg gefordert hat, obwohl du erst ein Kind von 12 Jahren warst; du warst also etwas jünger als wir zur Zeit sind. Es ist schwer, sich vorzustellen, dass du bereits so jung gestorben bist. Was hast du gedacht und wie hast du dich gefühlt, als du erfahren hast, dass der 2.Weltkrieg beginnt? Hast du dir den Krieg so grausam vorgestellt? Was/Wie hast du über Hitler gedacht?
In der Zeit, in der wir über dich recherchiert haben, bist du für uns eine gute Freundin geworden, die wir sicherlich nie vergessen werden, wir wollen dich und das Andenken an dich immer in unseren Herzen bewahren. Deshalb ist uns auch besonders daran gelegen, dass dein Schicksal nicht in Vergessenheit gerät:
Als Jüdin wurdest du am 05.05.1930 in Wien geboren und zu Beginn des Krieges flüchtetest du mit deiner Mutter Johanna, geborene Stern, die am 03.08.1891 geboren wurde, nach Antwerpen. Wie lange du dort gelebt hast und in welchen Verhältnissen wissen wir leider nicht. Musstet ihr auch dort jederzeit damit rechnen, abgeholt zu werden oder wähntet ihr euch in Sicherheit? Hast du gewusst, dass von etwa 100.000 belgischen Juden 26.000 getötet wurden? Denn obwohl die Hilfsbereitschaft der Belgier außergewöhnlich groß war, konnten viele Juden nicht gerettet werden. Auch du konntest dem Nationalsozialismus nicht entkommen. War es Schicksal, dass du am 01.09.1942 vom Durchgangslager Malines/Mechelen mit dem 7.Transport 890 nach Auschwitz deportiert wurdest? Wie wurdet ihr in dieser Zeit dort behandelt? Wart ihr verletzt? Hast du noch Hoffnung gehabt, dass du das alles überleben könntest? Es gibt so viele Fragen, auf die wir nie eine Antwort finden werden.
Mechelen ist heute eine wunderschöne Stadt nahe bei Antwerpen, und die meisten Einwohner haben vermutlich schon vergessen, was vor etwa 50 Jahren dort geschehen ist. War es dein Schicksal, in Auschwitz brutal umgebracht, vermutlich vergast zu werden? Warum musstest du eines von mehr als 1.100.000 jüdischen Opfern sein, die dort einer Massenvernichtung zugeführt wurden? Du hattest noch dein ganzes Leben vor dir. Es gab noch so viel zu entdecken und erleben. Du wirst dir sicher schon einmal Gedanken über deine Zukunft gemacht haben. Was wolltest du einmal werden?
Wärest du nur zweieinhalb Jahre später nach Auschwitz gebracht worden, könntest du heute noch leben, denn am 27.01.1945 wurde das Vernichtungslager Auschwitz mit seinen Gefangenen von den Soldaten der Roten Armee befreit. Und ob du es glaubst oder nicht, heute findet man dort, wo zu deiner Zeit so viele Menschen auf grausamste Art ermordet wurden, das Staatliche Museum Auschwitz-Birkenau! Es ist unfassbar, was in den Leuten damals vorgegangen sein muss, als sie auf die Idee kamen, aus einem Vernichtungslager ein Museum zu machen. Dennoch bin ich froh darüber, da auf diese Weise das Gedenken an dich und deine Leidensgenossen aufrecht erhalten wird.
Eine von uns, Veronika, ist deshalb an deinem Leben interessiert, weil sie ebenfalls am 05.05 Geburtstag hat. Aber auch Katrin und Sabine haben sich bei der Recherche sehr viel Mühe gegeben. Wir alle haben versucht, so viel wie nur möglich über dich und dein Leben herauszufinden, aber der Großteil deiner Lebensgeschichte wird wohl für immer dein Geheimnis bleiben, da es schwierig ist, über jemanden, der schon lange tot ist und den man nicht kennt, zu recherchieren. Vielleicht werden wir dich aber doch einmal kennenlernen. Dann, wenn auch wir in das Reich Gottes kommen.
Wir hoffen, dass du dich trotzdem über unsere Bemühungen freust, obwohl sie kaum etwas ergeben haben und sicher nur einen Bruchteil deiner Geschichte darstellen!

Liebe Grüße aus dem Jahr 2003
Katrin, Sabine und Veronika!

P.S.: Liebe Lisette: Warst du noch klein, mach dir nichts draus,
dein Herz war bestimmt groß und das macht´s aus!

Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):

Liebe Zukunft!
Wir schreiben diesen Brief um sicherzugehen, dass die Vergangenheit, und auch wir, die wir bald Vergangenheit sein könnten, nicht vergessen werden. Es ist gerade das Jahr 2003 nach Christus und wir, Sabine, Katrin und Veronika, sind 14 Jahre alt. Wir schreiben auch deshalb, um niemanden vergessen zu lassen, dass es ohne Vergangenheit auch keine Zukunft geben kann, denn ohne einige andere Generationen gäbe es keine neue, junge Generation. Und wir finden, dass das nie vergessen werden sollte.
Vor etwa 50 Jahren gab es in unserem Land Krieg, den sogenannten 2.Weltkrieg. Damals kamen allein in Österreich über 80.000 Juden, Roma, Sinti und Zigeuner um. Doch trotz dieser riesigen Menge an Opfern wurden nach Kriegsende die Geschehnisse so rasch wie möglich verdrängt und heute denkt beinahe niemand mehr daran. Wir finden das nicht gut, da wir denken, dass 80.000 Leute nicht so einfach vergessen werden sollten. Wer weiß, wieviele andere Jugendliche wir heute noch kennen könnten, wenn all die Nicht-Arier damals nicht ermordet worden wären! Wir sind der Meinung, dass auch das nicht so einfach verdrängt bzw. nicht einfach nicht beachtet werden sollte. Wir können nicht wissen, was uns in unseren Leben noch widerfahren wird und wir haben keine Ahnung, ob und wie wir das Weltgeschehen nach unserem Tod verändern werden. Woher sollen wir wissen, was in dieser Welt nach unserem Ableben noch geschehen wird? Wie können wir je erfahren, was unsere Nachfahren bewirken werden oder wie lange die Welt noch existieren wird? Man baut immer mehr Fabriken und Straßen, wir hoffen, dass unsere Erde noch lange erhalten bleibt und dass wir und unsere Nachfahren, also die nächste Generation nie wieder so einen schrecklichen Krieg erleben wie den 2.Weltkrieg. Wir waren zwar selbst, Gott sei Dank, nicht dabei, doch Dank der vielen Überlieferungen können wir uns ein wenig vorstellen, wie es damals war. Man sollte diesen Krieg nie vergessen, da er viel zu viele Opfer gefordert hat, wie natürlich jeder Krieg.
Wir hoffen sehr, dass sich schlussendlich doch noch alles zum Guten wenden wird. Doch wer kann das schon sagen? Aber das Wichtigste ist, dass wir lernen, für den Moment zu leben, das Leben zu genießen. Wir meinen damit aber nicht, dass man überhaupt nicht an die Zukunft denken sollte, denn das wäre falsch. Man muss, wie so oft im Leben, den Mittelweg finden. Denn nur wer sich jetzt richtig verhält, tut auch etwas für die Zukunft! Wir sollten auch immer an unsere Nachfahren denken, bei allem was wir tun. So hoffen wir doch auch, dass sie sich an uns erinnern und vielleicht auch so einen Brief schreiben! Vielleicht könnten die Menschen, falls es wieder so einen grausamen Krieg gibt, Daten über sich selbst aufschreiben, damit es ihren Nachfahren, falls es wieder so ein Projekt wie "A Letter to the Stars" gibt, leichter fällt, über sie zu recherchieren.
Aber wer weiß schon, wie es in der Zukunft aussieht? Vielleicht gibt es fliegende Autos oder schwimmende Fahrräder. Die Technik wird sich sicher weiter entwickeln und es wäre schade, wenn unsere Zeit dann vergessen wird! Unsere Zeit, in der Mode, Essen, Technik und Freizeit anders waren als sie in der Zukunft sein werden.
Und um einiges davon zu bewahren schreiben wir diesen Brief.
Liebe Grüße aus dem Jahr 2003
Veronika, Katrin und Sabine

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