Liste der Ermordeten


Folgende Informationen sind von Olimpia Carpi verfügbar:

geboren am 27.03.1940 in Bozen
letzte bekannte Wohnadresse
andere Wohnadresse(n)
Deportation von Meran nach Auschwitz am 16.09.1943
gestorben in Auschwitz am 07.03.1944
Die Recherche wurde von Thomas, 18 Jahre, HTL Innsbruck, übernommen.

Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:

Der Brief an den/die Ermordete/n :

Brixlegg, den 29.04.2003







Liebe Olimpia,



in der heutigen Zeit sind Briefe aus der Mode gekommen, man schreibt sie
eigentlich nur mehr zu Deutsch Schularbeiten oder zu ganz besonderen
Anlässen, dieser ist einer. Leider wirst du diesen Brief nie bekommen, aber
die Gedanken dahinter wirst du sicher erhalten. Wir schreiben heute den
29.4.2003, vor knapp einem Monat hättest du deinen 63.Geburtstag gefeiert,
dazu ist es aber nie gekommen. Geboren wurdest du am 27.3.1940 in Bozen /
Südtirol und nur zu deiner Information, ich komme aus einem kleinen Dorf in
Nordtirol, das ca. eine dreistündige Zugfahrt von dir entfernt liegt. Deiner
Eltern, Renzo und Lucia, wurden beide am 24.Juli geboren, demselben Tag an
dem ich Geburtstag habe. Als du nach Auschwitz gekommen bist warst du noch
sehr klein, vielleicht wirst du dich auch nicht mehr an deine zwei
Geschwister, Albert und Germana erinnern. Vielleicht schildere ich dir jetzt
ein paar Dinge aus deinem Leben, die dir nie bewusst waren oder die du nie
realisieren konntest. Deine Eltern zogen zum Jahrhundertwechsel von Mantua
nach Bozen, wo ihr auch bis zu eurer Deportation gelebt habt. Am 16.09.1943,
wo du gerade drei Jahre alt warst, wurdest du mit deiner Mutter in Bozen
verhaftet und nach Auschwitz gebracht, dein Vater wurde bereits am
09.09.1943 festgenommen und nach Auschwitz gebracht, einen Tag nachdem die
Wehrmacht des dritten Reiches in Südtirol einmarschiert ist. Am 07.03.1944
bist du im KZ Auschwitz verstorben.



Viel hat sich seit damals verändert, die Leute haben aus Ihren Fehlern
gelernt, lernen zum Teil noch immer, die Welt verändert sich ständig in
Bezug auf Toleranz und Völkerverständigung. Auch du, und alle die mit dir
ihr Leben lassen mussten seid nicht umsonst gestorben, nein, niemand, und
keiner der 6 Millionen Opfer wird jemals vergessen werden. Auch du nicht
kleine Olimpia, obwohl du nicht einmal vier warst als du in den Gemäuern von
Auschwitz starbst, wirst vergessen sein, denn ein Teil von dir, und allen
anderen die dem Holocaust zum Opfer gefallen sind, wird immer in unserem
Gedächtnis bleiben, auch noch 60 Jahre danach.





Mit lieben Grüßen,


Thomas

Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):

Toleranz in der heutigen Zeit

Brief an die Zukunft



to|le|ra|bel (erträglich, zulässig); . ab|le Werte;



to|le|rant (duldsam, nachsichtig, weitherzig);



To|le|ranz, die; (Duldung, Duldsamkeit; Technik zulässige Abweichung vom
vorgegebenen Maß)





Toleranz. Toleranz ist zu einem Schlagwort in der heutigen Zeit geworden,
doch in vielen Köpfen bleibt es auch nur ein Wort, ein Wort wie viele andere
im Duden, Seite 743, eingepfercht zwischen Toledo (span. Stadt) und Tolle
(Haarschopf). Alle Welt redet seit Jahren davon dass wir toleranter werden
müssen, "sich neuen Kulturen öffnen", mehr Verständnis zeigen, andere
respektieren, blablabla.



Alles NUR leere Worthülsen.



Intoleranz herrscht noch immer in unserer Zeit, nur wird damit nun anders
umgegangen. Anstatt jeden anders denkenden, anders handelnden Menschen
öffentlich anzuprangern wird er heutzutage dezent ignoriert und beiseite
geschoben, sei es im Alltagsleben oder bei Bewerbungen für Jobs, wir handeln
nach dem Prinzip: besser nichts mit ihnen zu tun haben; bevor ich einen
qualifizierten Türken beschäftige, nehme ich lieber den bodenständigen
Tiroler, da weiß ich wenigstens was ich habe, bei den Ausländern, man weiß
ja nie, die verhalten sich ganz anders und essen nur Knoblauch.



Sie sind schwul? Danke, wir werden uns dann bei Ihnen melden wenn die
Auswahl vorbei ist. Auf Wiedersehen!



Und seien wir nun mal ehrlich, wer kann es dem guten Mann denn verübeln, wer
stellt schon gerne Schwule an die eh nur ständig an Sex denken und tuntig
herumrennen.



Unsere Gesellschaft ist geprägt von Intoleranz u. Rassismus, auch im 21.
Jahrhundert, und man könnte doch fast meinen dass sich das mit der Zeit
ändern würde, man wird ja schließlich vernünftiger und lernt aus den Fehlern
der Zeit, doch auch in der heutigen Zeit, besonders in Tirol, hat sich
nichts, oder nicht viel geändert, da hilft alles schön reden nichts.



Doch allzu gerne wird der Deckmantel der Toleranz über all diese Vorurteile
gelegt. Ich höre doch gerne Elton John und schaue auch gerne Alfred Biolek
beim kochen zu, ICH hab doch nichts gegen Schwule.





Das mag zwar alles schön und gut sein, aber so einfach geht es nun auch
nicht. Denn diese Leute sind weit, weit weg von mir, mit denen hab ich ja
nie was zu tun, solange sie das singen was ich hören will, und das kochen
was ich essen will, sind sie mir lieb, doch wenn mir persönlich ein Schwuler
über den Weg läuft:



Dezent abweisen und den Umgang auf ein Minimum reduzieren, man weiß ja nie
was diesen Verrückten im Kopf haben.



Doch so ist es halt leider bei uns, solange diese ,Anderswertigen' nicht in
unsere Nähe kommen, sollen sie ihr eigenes Süppchen kochen aber ja nicht in
die Nähe von uns ,Normalen' kommen und uns in Ruhe lassen. Dick Cheney zum
Beispiel, der Vizepräsident der Vereinigten Staaten stoppte sämtliche gegen
Homosexuelle gerichtete Initiativen aus dem weißen Haus. Man könnte sich
fragen was einen konservativen Politiker dazu veranlasst solche Schritte zu
setzen, doch die Antwort liegt sehr nah: seine Tochter ist lesbisch und hat
sich geoutet. Siehe da, prompt werden Initiativen gegen Schwule gestoppt;
wenn es einen im eigenen Haus trifft, dann fällt es einem viel schwerer sich
weiter wie ein intolerantes, spießiges, ewiggestriges Arschloch aufzuführen.





Leider schaut die Realität in Bezug auf Toleranz und Akzeptanz so aus, auch
wenn alle das beschönigen. Gott sei Dank hat das die heutige Generation
begriffen, auch wenn es noch einige Ausnahmen gibt, doch der Großteil
unserer Bevölkerung (und damit sind fast alle Leute über 45 Jahren gemeint,
und zwar so gut wie alle) akzeptiert und toleriert Menschen anderen
Glaubens, Herkunft, oder sexuellen Orientierung noch immer nicht, auch wenn
sie vorgeben es zu tun.



Nun sollte ich hier zwar meine Wünsche anbringen, doch ich glaube nicht dass
dies der richtige Weg ist, denn Wünsche sind meist etwas das nicht wahr
wird, Wünsche werden Wünsche bleiben und nichts ändert sich.



Ich habe zwar nicht das Recht (und vor allem nicht die Macht) an eure
(deine) Moral zu appellieren, doch was wir tun müssen ist die alten
Denkmuster abzulegen und endlich verstehen, dass jeder Mensch gleich ist,
egal ob er eine andere Hautfarbe hat, aus dem Ausland kommt, oder anders
denkt.



Egal ob schwarz oder weiß, Jugoslawe oder Österreich, Hindu oder Afrikaner,
hetero oder schwul, Zeuge Jehova oder Protestant, wir sind alles NUR
Menschen die alle miteinander verwandt sind, kein Mensch ist besser als der
andere. Was uns unterscheidet ist nur unsere Denkweise und unser Verhalten,
das macht jeden zu etwas Besondere, und dieses "Besondere" sollte auch
respektiert und verstanden werden, nur wenn dieses Verständnis auch da ist
sind wir auf dem Weg in eine bessere Zukunft.





Falls du, lieber Finder, diesen Brief in den Händen hältst, bist du indirekt
auch Teil des Projektes

"A letter to the stars geworden", ein Projekt, bei dem die Geschichte von
80.000 jüdischen Opfern, die dem Holocaust zum Opfer gefallen sind
recherchiert wurde und noch recherchiert wird. Ein Teil des Projektes
bestand darin, einen Brief an die Zukunft zu richten, den Sie gerade in den
Händen halten.



Ich bitte Sie daher, den Brief an die untenstehende Adresse zu schicken
(vielleicht noch ein paar Gedanken hinzufügen) um das Projekt am Leben zu
erhalten, sie können dabei mithelfen, dass die Briefe einmal im "Haus der
Geschichte" oder im Shoa-Zentrum ausgestellt werden können, und wenn Sie
noch weiters Zeit haben schicken sie mir eine Mail in dem sie Ihre
Reaktionen schildern.

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