Liste der Ermordeten


Folgende Informationen sind von Salomon Neuner verfügbar:

geboren am 17.02.1878 in Lunz am See, NÖ
letzte bekannte Wohnadresse
andere Wohnadresse(n)
Deportation von Dachau nach am 25.06.1938
gestorben - Todesdatum unbekannt -
Die Recherche wurde von Barbara, 13 Jahre, GRG1 Stubenbastei, übernommen.

Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:

Siehe Brief an das Opfer.

Der Brief an den/die Ermordete/n :

Lieber Heinrich!

Ich weiß, dein richtiger Name ist Salomon, aber ich weiß auch, dass du dich lieber Heinrich nanntest. Du kommst aus Lunz am See, und deine Familie ist dort jedem in bester Erinnerung geblieben. Dort, wo einst dein Gemischtwarenhandel war, die genaue Adresse lautete Lunzdorf 31, ist heute der Parkplatz der Lunzer Sparkasse. Bei dir und deiner Familie, den Neuners, hat man wirklich alles bekommen. Weißt du, was meine Urgroßmutter, eine geborene Lunzerin, immer zu ihrer Tochter, meiner Großmama, gesagt hat? “Wenn du die besten, die feinsten Stoffe brauchst, dann geh zu den Neuners.”
Erinnerst du dich noch an Frau Grubmayr, Frau Scheuchl und Frau Leichtfried?
Ich habe diese drei überaus netten Frauen vor kurzem getroffen, und sie haben mir alle nur das Beste über dich und deine Frau berichtet. Du musst ein wahnsinnig gutaussehender junger Mann gewesen sein, denn Frau Leichtfried hat mir erzählt, wie sehr sie dich mit deinem immer glänzendem Feuerwehrhelm bewundert hat. Man hat mir viele Male beteuert, dass du der Gemeinde Lunz immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden bist, und wirklich überall beliebt warst. Bei der freiwilligen Feuerwehr hattest du eine höhere Stellung, du warst Feuerwehrhauptmann, und ich konnte dich auf einem Foto bewundern, dass bei meinem Onkel zu Hause hängt.
Deine Frau und du, ihr wart immer ein Herz und eine Seele, und gute fromme Leute. Ihr habt überall dort geholfen, wo in dieser schweren Zeit Hilfe nötig war. So hast du, zum Beispiel, keine Sekunde gezögert, wenn es darum ging, Geld an die weniger Reichen zu verborgen, und es war dir nie wichtig, wann sie es wieder zurück zahlen konnten. Die drei Frauen haben mir außerdem erzählt, dass deine Frau sie im Winter öfters in euer Geschäft eingeladen hat, damit sich die Kinde, in dieser bitterkalten Jahreszeit, aufwärmen konnten.
Auch hat deine Frau den jungen Mädchen Büstenhalter und Ähnliches besorgt, wenn diese es sich nicht leisten konnten.
Wenn man mitten in der Nacht etwas brauchte, dann habt ihr auch hier Hilfe geleistet. So gab es in eurem Haus eine Hintertür, die zu jeder Zeit, auch in der Nacht, unverschlossen war, so dass jeder die Möglichkeit hatte, noch schnell das Nötigste zu besorgen. Frau Leichtfried erzählte mir, dass ihr auch einen Hund hattet; ein großes Tier, das auf den Namen Blitz hörte. Dieses Hundes wegen hat sie sich manchmal nicht getraut nach Geschäftsschluss euer Haus aufzusuchen, aber sie war ja damals auch noch klein.
Auch euer Sohn wurde als guter, netter Junge beschrieben, der allseits beliebt war. In eurem Haus wohnte außerdem euer Dienstmädchen Gertrude Hödl. Sie war sehr lange bei euch beschäftigt. Man erzählte mir, dass ihr einen großen Garten mit vielen Blumen hattet. In jungen Jahre, besuchte Frau Scheuchl einen Tanzkurs. Auch du warst dort und mir wurde erzählt, dass du beim Tanzen sehr gut führen konntest, weshalb alle Mädchen sich um dich rissen.
Dein Bruder betrieb eine Gärberei in Göstling . Er überlebte den Holocaust und verstarb erst vor wenigen Jahren. Kurz vor seinem Tod ist er noch oft an den Lunzer See baden gekommen!
Deine Mitgliedschaft im Lunzer Eisstockschützenverein ermöglichte es mir, ein Bild von dir zu bekommen, welches in einem Bildband alter Lunzer Ansichten enthalten ist. Das Foto stammt aus dem Jahre 1924.In einem alten Lunzer Prospekt ist euer Haus unter den ”Zimmer Vermietenden” angegeben. Über euer Verschwinden waren wirklich alle Lunzer schockier, und konnten nicht verstehen, wie ihr, einfach so von einem Tag auf den anderen, wie vom Erdboden verschluckt, zu sein schient. Davor wussten viele gar nicht, dass ihr jüdischer Abstammung seid, und wirklich alle Leute trauerten euch nach. Einige vermuteten, dass es euch gelungen sei zu fliehen. Wie es genau war, weiß ich leider auch nicht, das Einzige was ich über dein Verschwinden heraus gefunden habe ist, dass man dich irgendwann ins Konzentrationslager Dachau gebracht hat.
Es wird immer die Frage offen bleiben, warum das alles geschehen musste. Und wieso es gerade so hilfsbereite, liebe Leute wie euch treffen musste. Man kann Vergangenes nicht ändern, aber man kann, man muss sehr wohl versuchen, die Zukunft zu so zu gestalten, dass Niemandem mehr das selbe Schicksal wie der Familie Neuner und vielen Tausenden anderen Holocaustopfern widerfahren muss.
Diesen Brief schreibe ich in Gedenken an euch, an Heinrich Neuner und seiner Familie aus Lunz am See. An euch, die jedem als herzensgute Menschen in Erinnerung geblieben sind.

Barbara Kovar

P.S.: Ich danke allen die mir bei meinen Recherchen tatkräftig zur Seite gestanden haben. Ganz besonders danke ich Herrn Dipl. Ing. Peter Kupelwieserund den drei reizenden Frauen Frau Grubmayr, Frau Leichtfried und Frau Scheuchl.













Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):

Siehe Brief an das Opfer.

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