Folgende Informationen sind von
Berl Lemler verfügbar:
geboren am |
04.11.1890 in |
letzte bekannte Wohnadresse |
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andere Wohnadresse(n) |
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Deportation |
von Wien nach Theresienstadt am 01.10.1942 |
gestorben |
- Todesdatum unbekannt -
|
Die Recherche wurde von
Agnieszka, 17 Jahre,
übernommen.
Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:
Theresienstadt
Theresienstadt - Hier wurde in der Zeit des Nationalsozialismus ein Ghetto gegründet.
140 000 Juden wurden hier konzentriert, die meist aus Böhmen und Möhren stammen und Juden aus Westeuropa mit besonderen Verdiensten, wie zum Beispeil Kriegsauszeichnungen.
Die Menschen wurden nacheinander aus Theresienstadt plangemäß in die Vernichtungslager deportiert.
Die Übrigen lebten in ständiger Angst.
Ein Altestenrat der Juden der durch die SS eingesetzt wurde, hatte die Pflicht die Namenslisten für die Deportationen zusammenzustellen, ansonste hatten sie aber keine wirkliche Macht.
Die Arbeitsbedingungen der Häftlinge waren denkbar schlecht: jeden Tag mussten die Menschen bis zu 15 Stunden schuften und bekamen zu wenig Nahrung, manchmal sogar verdorbenes Essen. Das hatte zahlreiche Krankheiten zufolge, an denen viele starben.
In Theresienstadt gab es aber auch "kulturelles Leben". Dieses wurde aber vor allem zur Täuschung nach außen benutzt.
Diese wurde 1944 umso verstärkt, da ein Besuch von dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz erwartet wurde. Diesem wurde eine normale Stadt vorgeführt mit Scheingeschäften, Kaffeehäusern, Kindergärten, einer Schule und einer Bank. Nach diesem Besuch hatte sich aber nichts an dem Ghetto verändert. |
Der Brief an den/die Ermordete/n :
Lieber Berl Lemler
Lemler Berl wurde am 4.11.1890 geboren. Seine letzte Wohnadresse war Wien 11., Simmeringer Hauptstrape 238. Er wurde am 1.10.1942 mit dem Transport 43/207 nach Theresienstadt deportiert. Es gibt ein Vermerk von 15.5.1944, dass er an einen unbekannten Ort in Polen deportiert wurde. Wahrscheinlich in ein Vernichtungslager.
An der gleichen Adresse wohnte auch eine Lemler Liba (geb. am 15.6.1895) dei mit demselben Transport anch Theresienstadt deportiert wurde. Sie ist am 22.10.1943 in Theresienstadt verstorben.
..... wenige Stichwörter, die nicht mehr als eine trockene Faktenaufzählung sind. Berl Lemler ? wer warst du ? Hattest du eine Familie ? Einen Beruf ? Hobbies ? Warst du glücklich ?
Ich soll an dich einnen Brief schreiben, dir Worte zusenden, mit dir sprchen. Ich soll dir dein Gesicht zurückgeben, deine Würde zurückfordern.
Wie sehr ich auch von desem Vorhaben angetan war, so fürchtete ich mich auch zu versagen. Denn auch, wenn sie die wenigen Daten deines Lebens zunächst zimlich emotionslos aufnehmen lassen, so versürte ich gleich Respekt vor dieser Person, die ich hinter diesem Namen "Berl Lemler" wage wrmutete. Doch wie sollte ich am Besten anfangen ? Ich war mit meiner Verantwortung bewusst, doch sah ich lange nicht den richtigen Weg für mein Vorgehen, für mein Ziel dir nahe zu sein; und wie gesagt, ich hatte Angst.
Ich beschloss schließlich, mich mit dem Nationalsozialismus zu beschöftgen und mich speziell über Theresienstadt zu informieren, wo du ja einige Zeit inhaftiert warst. Je mehr ich mich dieser hasserfüllten Welt zuwandte, desto stärker wurde nicht nur die Ohnmacht, die ich empfand, sondern imr wurde auch dein Schicksal bewusster. dadruch fühlt e ich mich dir immer näher, und ich empfand immer stärker das Bedürfnis mit dir zu sprechen.
Auch du bist am 4.11 geboren wie ich, das ist auch der Grund, warum ich dich ausgewählt habe - irgendwie haben die Zahlen einen Bezug geschaffen, auf dem ich weiter aufgebaut habe.
Dein Geburtsjahr ist 1890 und liegt somit ca. 100 Jahre vor meinem.
Ich frage mich, wie du wohl deine Kindheit verbracht ahst, deine Jugend, wie du Liba kennengelernt hast ? Welchen Beruf du wohl erlent hast ?
Ich weiß ja, dass du in Wien, genauer gesagt in Simmering, gelebt hast, zusammen mit Liba Lemler, wahrscheinlich deiner Ehefrau.
Ich hoffe, dasss eure Liebe stark und innig gewesen ist. Wie jedes verlibte Paar habt ihr wahrscheinlich viele emotionale Momente erlebt; vielleicht seid ihr oft mitanander Händchen haltend durch einen Park spaziert, habt dann auf einmal Lust auf ein Eis bekommen und am Ende hat ihr auch lange, die Eistüten vernaschend, in einer angenehmen Atmosphäre, voller zutrauchlicher Schweigsamkeit auf einer Parkbank geruht.
Vielleicht habt ihr auch ein Lieblingslokal gehabt, in dem ihr jede Woche eure Lieblingsgetränke bestellt habt und voller Elan miteinander geredet habt. Und du hast jedesmal darauf gewartet, bis Liba wieder von ihrem Getränk zu hinaufblickt und dich anlächelt. Dich anlächelt, wenn denn sonst ? So wie sie immer gelächelt hat: zunächst etwas schüchtern und geheimnisvoll aber dann umso liebevoller und herzlicher. Und obwohl du ideses Lächeln schon so gut gekannt hast, ja wahrscheinlich schon tausend Mal gesehen hast, so bist du jedesmal von Neuem verzaubert gewesen und in diesen Momenten von der restlichen Welt abgeschottet.
Andererseits konnte sie dich bestimmt zum Wahnsinn treiben mit ihren kleinen Tricks, wie zum Beispiel mit ihrer häufig gestellten Frage, die sie nach jeder Erzhlung stellte: "Hab ich nicht Recht, Berl ?", oder innerhalb der Erzählung das kurze "Stimmt´s ?"
NIcht zu ergessen, ihre Angewohnheit, jedesmal mindestens zehmal nachzuprüfen, ob alles ausgeschaltet wurde, wann immer ihr auch weggehen wolltet.
Doch auch diese kleinen Ticks machten Liba aus, die Frau, die du so sehr geliebt hast.
Wie auch immer dein Leben ausgesehen hat, an einem Tag hat sich alles verändert:
Sie kamen zu dir, dragnen in deine Wohnung ein, in dein Wohnzimmer mit der alten Tapete, die du ja bald durch eine neue ersetzen wolltet, und dem gemütlichen Sofa, auf dem du oft nach langen Lesen einzuschlafen, gewohnt warst, sie weckten dich auf, schimpften etwas von wegen "Scheiß Jud !
Die sind ja alle so faul." und zehrten dich aus dem Wohnzimmer, von Liba, aus dem Haus, aus Simmering, aus Wien und schließlich auch aus Österreich. 1.10.1942: An diesem Tag wurdest du nach Theresienstadt gebracht. Theresienstadt -nordwestlich von Prag- ein Ghetto.
Auch Liba wurde mit demselben Transport in dieses Gehtto gebracht.
Von nun an hörte alles auf. Alles war weit weg: der Park, das Lieblingslokal, die Eistüten, die alte Tapete aber vor allem hast du Libas Lächeln vermisst.
Du hast sie zwar noch im Ghetto manchmal gesprochen, aber viel öfter vorbeigehen sehen. Sie war vor vieler Arbeit so erschöpft und im Inneren voller Hoffnungslosigkeit, dass sie nicht einmal ihren Blick auf dich lenkte.
Von nun an galtest du nicht mehr als Berl Lemler, sondern warst eine Zahl, eine unter vielen.
Jeden Tag hörtest du als erstes nicht die Stimme Libas, die dich sonst immer in den Tag geweckt hatte, sondern strenge harte Worte, die wie Nadelstiche auf dich einwirkten. Heute Arbeit hier, später dort - Befehle waren das Häufigste, was du zu hören bekamst.
Hunger, Durst, Kälte waren noch die am leichtesten zu überstehenden Empfindungen. Immer wieder musstest du erleben, wie andere Häftlinge zugrunde gingen: wegen zu harter Arbeit, verdorbenen Essens oder Hoffnungslosigkeit.
Das alles konnte auch das "kulturelle Leben", das sich durch einige Juden entwickelt hatte und für die Nazis den Zweck des Scheins einer "normalen Stadt" nach außen hatte, nicht aufwiegen.
Du besuchtest manchmal so ein Lokal - spärlich eingerichtet zwar, aber Musik gab es hier; Albert, ein junger Intellektueller gab Gedichte, die er einst auswendig gelernt hatte, von sich. Du lerntest ihn kennen. Du verstandest nicht, wozu er all das tat: diese vielen Gedichte, MUsik, Theater - für dich hatte alles seinen Sinn verloren. Man hatte diralles weggenommen: deine Stadt, deine Wohnung, deine iebe; al das, was du kanntest, so viele Jahre gewohnt warst, aber vor allem hast du den Sinn des Lebens verloren, die Hoffnung, die Würde und deine Freiheit. Das sagtest du Albert auch und Albert blickte scharf in deine gerührten Augen und meinte, dass man dir vieles entrissen hast. Doch wenn du das hier überleben möchtest, darfst du nicht dein Selbst verleieren. Gehe alles im Geiste durch, was du n der Schule gelernt hast: das einmaleins, zähle die Flüsse Österreichs auf, wiederhole all die Wege, die du in deiner Stadt gegangen bist. Sie können dir deine Kleidung, dein Geld und sogar deine Frau nehmen, doch über deine Freiheit bestimmst nur du. Du hast ncht deine Feiheit verloren, solagne du deine Persönlichkeit bewahrst.
Albert starb wenig später an Ruhr.
Liba starb am 22.10.1943 in Theresienstadt.
Du wurdest am 14.05.1944 nach Polen deportiert - wahrscheinlich in ein Vernichtungslager.
Agnieszka |
Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):
Was wünsche ich mir für die Zukunft ?
Ich hoffe und wünsche mir, dass es nie wieder zu solchem Hass, so einer Vernichtung von Menschenleben und Entreißung von Würde kommt.
Ich wünsche mir, dass wir unsere Ängste nicht als Wut und Gewalt zu anderen äußern, sondern lernen mit ihr umzugehen.
Ich wünsche mir, dass wir unseren Persönlichkeiten die Freiheit lassen sich zu entfalten und uns die Mölgickeiten geben aus ihnen Hoffnung und Kraft zu schöpfen.
Ich offe, dass wir lernen uns selbst zu lieben und mit anderen unsere Liebe zu teilen.
Ich hoffe, dass lernen werden einander zu tolerieren und respektieren ohne jegliche Einschränkungen.
Die Nationalsozialisten haben incht nur Juden vernichtet. Diese hatten noch die Freiheit ihrer Selbst bewusst zu sein und auch wenn sie im Krieg sterben mussten, so waren sie am Ende nicht ohne Gesicht fortgegangen.
Die Nationalsozialisten hatten jedoch alles verloren. Sie haben sich selbst um ihre Werte gbracht, vor allem um ihre Freiheit, ihre Persönlichkeiten. Alles, was ihnen blieb, war Hass.
Am Ende hatten sie sich selbst zerstört. |
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