Liste der Ermordeten


Folgende Informationen sind von Hermine Greger verfügbar:

geboren am 14.07.1892 in Amstetten, NÖ
letzte bekannte Wohnadresse
andere Wohnadresse(n)
Deportation von Wien nach Maly Trostinec am 27.05.1942
gestorben in Maly Trostinec am 01.06.1942
Die Recherche wurde von Julia, 14 Jahre, BG Amstetten, übernommen.

Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:

Lebenslauf: Hermine Greger

Hermine Greger wurde als Kind von Adolf (geb. 1862) und Rosa (geb. 1870) am 14. Juli 1892 in Erlauf( Bezirk Melk) geboren. Sie war die Älteste von 5 Kindern.
Am 20. Februar 1916 zog die Familie nach Amstetten, wo sie am Adolf-Hitlerplatz (Hauptplatz) 36 wohnten. Hermine arbeitete im Familienbetrieb ihrer Eltern als Verkäuferin.
Am 1. August 1939 wurde Hermine mit ihren Eltern nach Wien „transportiert“. Deportiert wurde sie am 27. Mai 1942 nach Maly Trostinec (bei Minsk). Hermine starb am 1.6. 1942 in Maly Trostinec.
Ihre Eltern wurden am 10.Juli nach Theresienstadt deportiert. Im September 1942 wurden sie nach Treblinka gebracht, wo sie wahrscheinlich auch ermordet wurden.

Geschwister:
Wilhelm Greger: geb. 13.4.1895 in Erlauf; Kaufmann in Amstetten; Emigration nach Shanghai (Schuhhandel); Rückkehr 1946 nach Wien; † 1948
Anton Greger: geb. 27.3.1900 in Erlauf; Kaufmann in Amstetten; Emigration nach Palästina; Rückkehr 26.8.1949 aus Tel Aviv nach Amstetten; † 21.10.1973
Dr. Ernst Greger: geb. 22.5.1902 in Erlauf; Arzt; Emigration in die USA; † 8.5.1986 in Santa Monica
Friedrich Greger: geb. 14.6.1906 in Erlauf; Kaufmann in Amstetten; Emigration nach Palästina; Rückkehr 23.11.1954; † 26.5.1975

Quellen:

Freihammer, Josef: Das Schicksal der Amstettner Juden. – Amstetten 1989

Referat Dr. Zeillinger, Februar 2003 in St. Pölten

NÖ Landesarchiv: Verzeichnis über das Vermögen der Juden 1938. Hermine Greger 42178

Referat Altbürgermeister Freihammer, 15. 03. 2003 in der 4b Klasse

Der Brief an den/die Ermordete/n :

Amstetten, am 5. Mai 2003

Liebe Hermine!

Mein Name ist Julia Deinhofer und ich gehe in die 4. Klasse des Bundesgymnasiums in Amstetten. In diesem Schuljahr befassen wir uns auch in Geschichte intensiv mit dem Thema Nationalsozialismus und den Opfern, die diese schreckliche Zeit forderte. So passte auch das Projekt „A Letter To The Stars“ dazu.
Meine Gruppe und ich recherchierten mit Unterstützung unseres Professors nach deinem Lebenslauf. Wir interviewten Zeitzeugen, befragten Experten und stöberten im Niederösterreichischen Landesarchiv.
Das alles gibt uns aber nur grobe Informationen über dein Leben. Ich kann mir nur aus Berichten vorstellen, wie schlimm das Leben damals als Jüdin war. Und natürlich war es noch viel brutaler, als man es so beschreiben könnte. Ich kann nicht wirklich nachvollziehen, was du alles durchmachen musstest und wie du behandelt wurdest.

Du bist in Erlauf geboren und mit deiner Familie, deinen vier Brüdern und deinen Eltern, nach Amstetten gezogen. Deine Eltern Rosa und Adolf hatten ein Geschäft in Amstetten und galten- aus einem Zeitzeugenbericht- als sehr großzügig und freundlich. Sie entsprachen also nicht dem weit verbreiteten Bild des ewig geizigen und hinterlistigen Juden.
Im Familienbetrieb hast du auch mitgearbeitet.
Deine vier jüngeren Brüder emigrierten rechzeitig nach Palästina, USA oder Shanghai. Warum bist du trotz der politischen Veränderungen in Österreich geblieben? Haben deine Eltern und du die drohende Gefahr nicht erkannt? Und wenn, warum hast du dich aufgeopfert, um deine alten Eltern zu pflegen und ihnen beizustehen?

Was kann Menschen dazu bringen, ganze Volksgruppen ausrotten zu wollen und sie auf grausamste Art und Weise zu töten? Warum können Menschen Menschen, die anders denken, aber trotzdem wie du und ich sind, verurteilen und hassen? Was und wer gab ihnen das Recht dazu, Menschen umbringen zu lassen und warum schauten viele einfach zu, ohne irgendetwas dagegen zu unternehmen? Warum vertraten viele Hitlers Meinung? Man fragt sich fast, ob manche Leute damals blind gewesen waren, jemanden wie Hitler an die Macht zu lassen, der größenwahnsinnig und geistig gestört war, der Kranke, verhaltensauffällige Kinder und Behinderte in Anstalten überweisen ließ, wo sie für Versuche misshandelt und getötet wurden und diese Gräueltaten als Euthanasie (schöner bzw. süßer Tod) tarnte.
Jemanden, der seinesgleichen als „die Herrenrasse“ (Arier) ernannte und Juden, Roma und Sinti, Slawische Völker, usw. als Minderwertige bezeichnete. Solche sollten auf ihr ganzes Hab und Gut „freiwillig“ verzichten, weil sie ja Juden,... sind. (Arisierung)
Sie wurden auf Karteikarten wie Verbrecher notiert, bekamen Nummern und galten nur mehr als solche.
Sie wurden zu Konzentrationslagern in den Osten (Auschwitz,...) in Viehwaggons eingepfercht deportiert, mussten dort entweder hart arbeiten oder werden gleich vergast. Man kam dorthin und verließ Auschwitz durch den Schornstein und als Seife, die aus Haut und Haaren gefertigt wurde.

Nun frage ich mich: Haben wir denn überhaupt nichts aus dieser schrecklichen Zeit gelernt? Hat es nicht schon genug Leid auf dieser Erde gegeben? Juden wurden schon Jahrhunderte lang diskriminiert und als Sündenböcke dargestellt. Soll es nicht endlich Frieden geben?
Wenn ich heute Neonazis sehe, werde ich wütend. Wie können sie leugnen, dass Millionen Juden umgebracht wurden?
Eine dieser Jüdinnen und Juden warst du, Hermine und du konntest, wie alle anderen nichts dafür, du hast nichts getan! Das macht die ganze Sache noch schlimmer.
Es ist gefährlich, solche Lügen nicht richtigzustellen und in Vergessenheit geraten zu lassen. Ich werde dich und deine Geschichte nie vergessen und verspreche dir, dass ich nicht nur zusehen werde, wenn etwas Ungerechtes passiert.

Denn so etwas, wie der Holocaust darf NIE wieder entstehen!!

Deine Julia


Liebe Hermine!



Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie es dir damals ergangen ist. Juden haben es definitiv nicht leicht gehabt. Ständige Verfolgungen und Ermordungen prägten das Leben der Juden.
Du hast eigentlich niemals ein ruhiges Leben führen können. Deine Brüder wanderten nach Palästina aus, nur du und deine Eltern blieben in Amstetten. Dies musste für dich einen ziemlich schwere Zeit sein!
Ich glaube, vielen Menschen ist es nicht bewusst, dass es für Juden eine große Belastung war, immer verfolgt zu werden und sich vor der Ermordung zu fürchten. Gott sei Dank kann man in Österreich heute ein friedliches Leben führen, doch leider herrscht zur Zeit Krieg zwischen dem Irak und den USA. Muss man gleich immer Krieg führen? Krieg ist doch keine Lösung! Das wirst du ziemlich gut wissen. Hoffentlich geschieht nicht das Gleiche wie damals.
Juden mussten immer fleißig arbeiten, hatten wegen der ständigen Verfolgungen keine Privatsphäre und wurden auch von vielen Menschen verachtet.
Symbolisch wurden Juden mit einer sehr großen Nase dargestellt. Angeblich sollte man Juden an der Nase erkennen. Juden waren unter der Regierungszeit Hitlers keineswegs beliebt.
Kannst du dich noch an die Reichspogromnacht (Reichskristallnacht) erinnern in der Nationalsozialisten Synagogen/ Gebetsräume der Juden anzündeten. Wie hast du diese Zeit erlebt?
Es muss ja schrecklich gewesen sein, als die Nationalsozialisten die Fenster einschlugen und eure Wohnung verwüsteten. Wenn ich mir vorstelle, dass fremde Menschen in mein Haus eindringen und mich von zu Hause verjagen, bekomme ich Gänsehaut. Es muss schrecklich gewesen sein!
Hast du überhaupt deine Jugend genießen können? Ständig musstest du um dein Leben kämpfen. Wie konnte man als Jude in einer nationalsozialistischen Zeit eigentlich überleben? Hast du nicht oft mit deiner Entscheidung nicht ausgewandert zu sein gehadert? Hat deine Familie auch Verwandte besucht, hast du in deiner Freizeit mit Freunden spielen können? Ich würde gerne näheres über deinen Tagesablauf wissen.
Habt ihr euch mit den anderen Juden, welche in Amstetten wohnten, unterhalten, oder mochtet ihr euch nicht?
Hast du dir auch schon mal die Frage: „Es kann doch nicht so einen judenfeindlichen Menschen wie Hitler geben“, gestellt? Doch es hat ihn leider gegeben und du hast seine Macht kennen gelernt!
Wussten Juden damals eigentlich, dass sie keine Chance hatten in Frieden in der Stadt zu leben, oder hofften sie, dass sie verschont werden und daher in der Stadt blieben? Vielleicht haben es deine Brüder geahnt und sind daher geflohen. Laut unseren Recherchen blieben sie im Ausland verschont.
Wieso hat Hitler Juden nur so gehasst? Sie sind genauso Menschen, disparat ist nur die Kultur und die Religion. Nur wegen diesen Ungleichheiten hat sie Hitler so gehasst und gefoltert?
Ein Teil meiner Klasse wollte zwar noch deinen Neffen zum Thema Juden im Nationalsozialismus interviewen, doch aus gesundheitlichen Gründen konnte er sich nicht bereit erklären das Interview durchzuführen.
Wir haben schon so viel über das Schicksal der Juden im Nationalsozialismus gehört, denn unser Klassenvorstand behandelte dieses Thema besonders ausführlich.
Außerdem holten wir uns Informationen von einer Zeitzeugin und auch ein Experte zu diesem Thema gab uns in den Alltag der Juden einen Einblick.
Darum kann ich mir jetzt richtig gut vorstellen wie es dir, liebe Hermine, damals erging.
Ich hoffe, dass so eine schlimme Zeit nie wieder kommen wird.
Jürgen

Liebe Hermine Greger!

In unserer Klasse durfte sich jeder den Namen eines Juden der zur NS-Zeit gestorben ist, aussuchen. Ich habe dich gewählt. Ich beschreibe nun deine Lebensgeschichte:
Du bist am 14. Juli 1892 in Erlauf (Bez. Melk) geboren, deine Eltern hießen Adolf und Rosa Greger. Du warst die Älteste von deinen 4 Geschwistern Wilhelm Greger, Anton Greger, Dr. Ernst Greger, Friedrich Greger. Du warst Handelsangestellte und zogst am 20. Februar 1916 nach Amstetten zu. Im Jahre 1938 bist du in die Wiener Straße weggezogen. Am 1. August 1939 wurdest du mit deinen Eltern nach Wien abgeschoben. Du wurdest am 27. Mai 1942 nach Maly Trostinec deportiert und starbst am 8.5.1945.
Meine Quellen über deine Lebensgeschichte, dein Erlittenes und die Schicksale anderer Juden waren:
Freihammer, Josef: Das Schicksal der Amstettner Juden. – Amstetten 1989
Zeillinger Gerhard: Gedenken an die Jüdische Kultusgemeinde von Amstetten (1881-1939) und ihre Opfer. In: Unsere Heimat Heft 4 1999. S. 305 f.
Zeillinger Gerhard: Juden in Amstetten. Seit wann? – Die Zeitschrift für Amstettner. Februar 1997
Zeillinger, Gerhard: George Wozasek: Fremdsein 1938 in Amstetten. – Die Zeitschrift für Amstetten. Oktober 1997
Referat Dr. Zeillinger Februar 2003 in St. Pölten
Referat Altbürgermeister Freihammer 15. 3. 2003 in der 4b Klasse.
Interview mit Frau Dirridl (Hausmädchen der Fam. Wozasek 1934-38, heute 93 Jahre) März 2003-04-29 NÖ Landesarchiv: Verzeichnis über das Vermögen von Juden 1938. Hermine Greger 42178.
Es war sehr interessant über dich zu recherchieren und über dich etwas herauszufinden. Vor diesem Projekt wusste ich gar nicht so viel über Juden während der NS-Zeit. Ich konnte auch sozusagen eine gewisse Bindung zu dir herstellen. Nun weiß ich wirklich viel mehr über das was du ertragen musstest und ich hoffe, dass dieses Projekt zeigt, dass so etwas nie wieder sein darf.

Clemens
clemens.sturm@jet2web.cc

Bitte schicken sie diesen Brief an das „Projektbüro ,A Letter To The Stars’, 1060 Wien, Mariahilferstraße 123/3/38“. Sie unterstützen damit die Weiterführung des Projekts. Wir wollen damit mithelfen, dass die Originalbriefe einmal im „Haus der Geschichte“ und/oder im Shoa-Zentrum ausgestellt werden können.

Liebe Hermine!

Meine Freunde/Freundin durften beim Projekt „A Letter To The Stars“ über dein Leben recherchieren. Es war sehr interessant über eine Jüdin im Nationalsozialismus zu lesen. Ich finde es sehr tapfer von dir, dass du bei deinen alten Eltern geblieben bist und sie nicht im Stich gelassen hast! Das war wirklich eine tolle Leistung von dir. Du hast dich praktisch für deine armen Eltern aufgeopfert und das nur, um ihnen in so einer schrecklichen Zeit, wie sie damals war, beizustehen. Sie waren sicher sehr, sehr stolz auf dich!
Waren deine Eltern eigentlich der einzige Grund, warum du Amstetten nicht wie alle anderen verlassen hast? Gab es in deinem Leben vielleicht einen Freund von dem niemand wusste?
Im übrigen: Die meisten unserer KlassenkameradInnen sind ein bisschen neidisch auf uns, weil es von dir so viele Informationen gibt. Bei manchen anderen gibt es nicht einmal ein genaues Sterbe- oder Geburtsdatum. Wir sind wirklich froh, dich gewählt zu haben. Du wirst dich sicher fragen, warum wir ausgerechnet DICH gewählt haben, hab ich recht?
Ganz einfach: 1. Von dir waren alle notwendigen Daten vorhanden und 2. weil sich dein Name so bekannt angehört hat.
Ein Neffe von dir, Hermann „Harry“ Greger, von dem du sicher nichts mehr gehört hast, da er nach 1945 in Israel geboren wurde. Er zog außerdem erst 1954 nach Amstetten. Heute der noch einzig lebende Jude hier in Amstetten.
Wir alle sind wirklich froh, dass es dieses wundervolle Projekt gibt. Über das Leben eines völlig Fremden zu recherchieren, war sehr interessant. Je länger wir dein Lebern erforschen, desto mehr fühlen wir uns mit auf eine Art und Weise mit dir verbunden. Du bist für uns schon so eine Art Freundin geworden, obwohl wir dich gar nicht persönlich kennen!

Mir freundlichen Grüßen


Isabella Kunz, 4b – BG-Amstetten


PS: Bitte schicken Sie diesen Brief an das „ Projektbüro ,A Letter To The Stars’,1060 Wien, Mariahilferstarße 123/3/38“.
Sie unterstützen damit die Weiterführung des Projekts. Wir wollen damit mithelfen, dass die Original-Briefe einmal im „Haus der Geschichte“ und/oder im Shoa-Zentrum ausgestellt werden können.





Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):

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