OE1-Beitrag

Dieser Brief stieg im Mai 2003 in den Himmel

Liebe Johanna Fischer, Der Nationalsozialismus hat viele Opfer gefordert– zu viele !!! Wir bedauern, dass du dich unter diesen leidenden Menschen befunden hast. In dieser Zeit wurden viele Familien zerrüttet, Mütter, Väter und auch Kinder wurden zum Teil grauenvoll aus der Gesellschaft ausgeschlossen, gefangen genommen, gedemütigt, gefoltert und anschließend auf grausame und brutale Weise getötet. Natürlich brauchen wir dir das nicht zu erzählen; du hast es ja selber erleben müssen. Wir hoffen, dass du in den ersten 50 Jahren deines Lebens viel Freude hattest und dass dein Sohn Karl (der überlebt hat) dir alle Ehre gemacht hat. Leider wissen wir nicht, ob er noch lebt, geschweige denn, wie es ihm erging oder was er arbeitete. Wir hörten, dass du in den letzten Jahren in Wien gewohnt hast. Wahrscheinlich hofftest du, wie viele andere auch, dich entweder zu verstecken oder andernfalls auswandern zu können. Auch wenn es für dich kein Trost ist, du hast dein Schicksal mit vielen Tausenden geteilt. Hoffentlich geht es dir gut im Himmel! Die Wege des Herrn sind unergründlich, wie es in der Bibel geschrieben steht. Vielleicht war es dir vorbestimmt, so zu sterben. In tiefster Demut und Trauer wünschen wir, Georg und Christian, dir viel Glück im Himmel!