OE1-Beitrag
  • Nikolina Blaskovic, 18, Schülerin am BRG 4 in Wien, ist als Botschafterin der Erinnerung in New York dem
  • Überlebenden Prof. Dr. Gerald Subak-Sharpe, 79, begegnet, der den Holocaust auf einem Kindertransport überleben konnte.

Die Lebensgeschichte von Gerald Subak-Sharpe


Gerald Subak Sharpe wurde am 15. Juni 1925 als Gerhard Subak in Wien geboren. Er hat einen älteren Bruder, Herbert (heute: John), der mit seiner Familie in Glasgow wohnt. Sein Vater, Robert, war Bauingenieur und Gutspächter, und seine Mutter, Nelly, war Mutter und Hausfrau. Sie hatten eine typische Rollenverteilung im Haus: Der Vater hat das Geld verdient und die Mutter hat die beiden Söhne großgezogen.
Gerald besuchte das Kundmann- Gymnasium im dritten Bezirk (heute Landstraßer Gymnasium Kundmanngasse). Schon Generationen vor ihm besuchten diese Schule wie sein Großvater und drei von seinen Onkeln. Umso schlimmer war es für ihn und seinen Bruder, als sie im März 1938 aus der Schule geworfen wurden. Es gab keine Möglichkeit für sie, genau diese schule weiterzubesuchen, denn sie waren Juden.
Nach dem Rauswurf aus der Schule wurde seinen Eltern, Robert und Nelly, schnell klar, dass Österreich keine den beiden Kindern keine Zukunft bringen wird, und so schauten und hörten sie sich nach Wegen um, wie man Österreich, das nun „Nazi Germany“ geworden war, am besten und am schnellsten verlassen könnte. Nach einiger Zeit organisierten sie ihren Kindern doch noch die Ausreise aus Österreich, nämlich durch einen Kindertransportzug, der die Kinder nach England bringen sollte. In England wurden die beiden Brüder von dem Ehepaar Peskin am Bahnhof erwartet und wenn auch nicht sehr liebevoll, aber trotzdem, aufgenommen. Das Ehepaar war kinderlos und sollte Geralds Meinung nach auch nie welche kriegen. Er möchte aber nichts Schlechtes über diese beiden Personen sagen, weil sie ihm und seinem Bruder das Leben gerettet haben. Die Peskins dachten aber, sie nähmen die Kinder nur vorübergehend bei sich auf, da die Eltern doch etwas später nachkämen, doch zu dem ist es nie gekommen. Robert und Nelly schafften es nie aus Österreich zu fliehen. Denn bei der Deportation nach Riga wurden sie in Österreich zwar abgemeldet, wurden aber nie in Riga, das Ziel der Deportation, wieder angemeldet. Es wird vermutet, dass seine Eltern unterwegs nach Riga erschossen wurden, was auch am wahrscheinlichsten ist.
Doch seine Pflegeeltern gingen nicht sehr liebevoll mit ihm und seinem Bruder um. Als sein Bruder „endlich“ 14 Jahre alt war, zögerten die Peskins nicht lange und warfen ihn raus. Ein, zwei Jahre später, als Gerald ebenfalls „endlich“ 14 wurde, geschah dasselbe auch mit ihm. Mr. Und Mrs. Peskin sahen in den beiden Brüdern einfach kein Potenzial. Sie meinten, sie würden es sowieso nicht sehr weit bringen. Doch dieser Meinung waren John und Gerald nicht. Aber es war auch nicht sehr leicht als deutsches Kind ohne Englischkenntnisse, in England zur Schule zu gehen und zu lernen. Und um sich den Anfang etwas leichter zu machen, änderten sie ihre Namen um. Aus seinem Bruder Herbert Subak wurde John Subak-Sharpe und auch Gerhard Subak wurde Gerald Subak- Sharpe. Sie ließen sich von niemandem unterkriegen und wollten es der Welt zeigen. Zuerst holten sie ihre Matura nach und bald darauf ging es mit der nächsten Ausbildung weiter. Vorher ging Gerald aber noch zur britischen Armee, wo er eine Zeit lang diente. Er wollte sich in irgendeiner Weise bei diesem Land bedanken, das ihm und seinem Bruder das Leben gerettet hatte.
Gleich danach studierte er am College electrical engineering und wurde zuerst a research engineer und arbeitete 7 Jahre lang in England. Bei unserem Treffen sagte er, „I was awarded the B.Sc. degree, graduating with First class honors”. So stolz war er auf seine Ausbildung.
Doch kurz darauf beschloss er in die USA auszuwandern, da er dort sicher größerer Chancen hätte, den Beruf auszuüben, den er gelernt hatte.
Er packte also seine wichtigsten Sachen in einen Koffer und nahm 2000 Dollar mit, die er in diesen sieben Jahren zusammengespart hatte. In New York angekommen schlenderte er durch die 8-Millionen-Metropole und suchte sich sofort einen Job; und er wurde fündig. Er arbeitete fünf Jahre lang bei Bell Telephone Laboratories als MTS (Member of Technical Staff). Nach fünf Jahren verließ er die Firma und machte seinen Doktor nach. Und ein Jahr später bekam er zufällig von der Universität in London noch einen Doktortitel verliehen.
Etwas später, als er einen fixen Abschluss hatte, heiratete er. Als wir bei ihm zu Besuch waren erzählte er uns auf was für eine typisch amerikanische, aber auch romantische Art er seine Frau kennen lernte: „ Wir saßen beide im Fugzeug nebeneinander. Wir flogen nach New York zurück. Sie hatte Freunde von sich in Maine besuchte und ich hatte geschäftlich in Maine zu tun. Im Flugzeug kamen wir uns näher, wie tauschten unsere Telefonnummern aus und trafen uns hinterher ein paar Mal. Den Rest könnt ihr euch denken. Heute sind wir schon sehr lange glücklich verheiratet und haben zwei Töchter und einen Sohn, die ebenfalls sehr verstreut auf Welt leben. Die eine Tochter in Maine, die andere in Prag und der Sohn in Hong Kong. Und alle drei Kinder haben selbst schon Kinder. Das jüngste ist vor einer Woche auf die Welt gekommen“. Gerald und seine Frau, Genell, sind noch immer jung und fit. Sie sind wie ein altes junges Ehepaar. Jedes Jahr gehen sie zu den Boston Philharmonics nach Tanglewood, setzen sich auf den Rasen und hören gemeinsam dem Orchester beim Spielen zu. Sie fahren auch jedes Wochenende zum Hudson Valley zu ihrem viktorianischen Landhaus hinaus. Doch genau an dem Wochenende, wo wir zu Besuch waren, gab es ein schweres Gewitter, wodurch es am Hudson Valley zu schneien und regnen begonnen hatte und somit fiel unser Ausflug zum Landhaus sprichwörtlich ins Wasser.

Meine persönlichen Eindrücke



Meine erste Begegnung mit Gerald fand im Museum of Jewish Heritage statt. Wir waren gerade mit unserer Tour durch das Museum fertig, als mir Gregor, ein Wiener Schüler aus unserer Gruppe, sagte, dass mich ein gewisser Herr Gerald Subak suche. Als ich im riesigen Saal war, wo unsere Präsentation stattfand und wo mich Gerald erwartet, wusste ich zuerst nicht, was ich jetzt überhaupt sagen sollte, wie ich mich mit ihm begrüßen sollte usw.
Doch als ich dann vor ihm stand, ging alles von selbst. Wir begrüßten uns und redeten sofort drauf los. Doch ich hatte mir die Zusammenarbeit mit den Überlebenden ganz anders vorgestellt, nicht so emotional und bewegend. Mein Zeitzeuge ist ein Kindertransport-Überlebender. Doch was stellt man sich eigentlich vor, wenn man Kindertransport-Überlebender hört? Vor New York hätte ich noch gesagt, es seien jüdische Kinder, die in jungen Jahren mit dem Zug entweder nach England oder Schottland gebracht worden sind. Dort haben sie eine neue Familie "bekommen", haben gearbeitet, sind in die Schule gegangen und sind in diesen beiden Fällen in die USA ausgewandert. So etwas stellt sich die Gesellschaft unter Kindertransport-Überlebende vor.
Doch niemand weiß, wie schmerzhaft zum Beispiel der Abschied zwischen den Familienmitgliedern war, oder wie liebevoll die Mutter deren Namen in die Sachen gestickt hatte, damit sie nicht verloren gingen. Niemand kennt die Geschichte, als die einzige Tochter eines Mannes, von ihm aus dem Zug wieder herausgezerrt wurde, weil er sie nicht gehen lassen wollte; weil der Schmerz so groß war, sie gehen zu lassen.
Niemand, außer dem Überlebenden selbst, kennt dieses zerreisende Gefühl, wenn man am Bahnhof steht und sich mit der klitzekleinen Hoffnung des Wiedersehens von seinen Eltern verabschiedet. Niemand kennt das Gefühl, wenn man noch als Kind, einen Brief bekommt, worin einem Bescheid gegeben wird, dass seine eigenen Eltern ermordet wurden.
Und dies sind nur wenige, der schrecklichen Situationen und Gefühle, die sehr viele Juden haben durchleben müssen; aber nicht nur Juden, sondern auch Homosexuelle, Roma, Sinti, usw.
Es bringt meiner Meinung nach nichts, einen seitenlangen Aufsatz über die Gefühle von Menschen zu reden, über die man sowieso nicht Bescheid weiß oder zumindest sich diese nicht einmal vorstellen kann. Man kann sie auch nicht nachvollziehen, denn niemand von uns, hat so etwas schon einmal durchgemacht.

Niemand kennt diese Gefühle, bis auf die Überlebenden und auch Verstorbenen selbst!

Und die Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs wünschen wirklich niemandem diese Zeit
durchgemacht zu haben.

Sie wünschen es nicht einmal ihrem schlimmsten Feind!