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Josef Andersch
Geburtsdatum: in
Letzter bekannter Wohnort:
Floridsdorf,
Geschichte des Opfers
Josef Andersch war 9, als sein Vater hingerichtet wurde.
Josef Andersch aus Ebenthal bei Gänserndorf ist Zeitzeuge des NS-Regimes. Die Familie Andersch lebte in Floridsdorf in einer Stadtrandsiedlung. Heute ist dort die Großfeldsiedlung. Vater Josef war viele Jahre arbeitslos. Ende der 30er Jahre erhielt er eine Arbeit als Werkstätten-Kontrollor in der Automobilfabrik Austro-Fiat. Mutter Hildegard ging „zur Aushilfe“ in das Lebensmittelgeschäft Konsum. Der Vater war politisch aktiv. Bis zum Jahr 1934 war er Mitglied der Sozialdemokraten, nach dem Verbot der politischen Linken wurde er ein illegales Mitglied der Kommunisten. Neben seiner Arbeit sammelte er Geld für Angehörige von bereits festgenommenen Gesinnungsfreunden. Den Nazis galten sie als „Verräter“. Als Josef sieben Jahre alt war, wurde sein Vater wegen dieser Hilfestellungen von der Gestapo verhaftet.
Eine Nacht zuvor hatte Josef einen Traum, in dem das Geschehen vorweggenommen wurde. In diesem Traum sah er, dass sein Vater von vielen uniformierten Männern abgeführt wurde, die auch die persönlichen Sachen durchwühlten. Tatsächlich waren es Männer in Zivil, die das Haus nach Hinweisen auf sogenannte Widerstandsgruppen durchsuchten und seinen Vater abführten. Nach zwei Jahren Haft im Wiener Landesgericht und zahlreichen Verhören durch die Gestapo in derem berüchtigten Hauptquartier, dem Hotel Metropol am Morzinplatz, wurde er am 18. November 1942, mit 39 Jahren, am Schafott hingerichtet. In diesen zwei Jahren Haft durfte Josef Andersch seinen Vater nicht besuchen. Das letzte Mal sah er ihn in einem kleinen, vergitterten Wagen, in dem sein Vater zurück von einem Verhör ins Landesgericht gebracht wurde. „Meine Mutter hat von einem Wärter erfahren, dass mein Vater an diesem bestimmten Tag unterwegs sein wird.“ Die Mutter durfte den Vater kurz besuchen, Sohn Josef erhaschte allerdings nur einen „allerletzten Augenblick“, als der Transport das Gefängnistor passierte. „Diesen kurzen Moment trage ich noch heute in mir.“ Ansonsten blieben ihm kaum Erinnerungen. „Er war ein ruhiger Mensch. Er hat nie mit mir geschimpft, obwohl ich sicher ein richtiger Lausbub war. Und er hat fast immer eine blaue Montur getragen.“
Nach der Ermordung des Vaters wurden auch Mutter und Sohn in der gewohnten Umgebung nicht mehr geduldet. „Es war eine heimtückische Taktik der Nazis, dass sie Angehörige von Gegnern aus ihrem sozialen Umfeld rissen, damit nur ja kein Solidarisierungseffekt entsteht.“ Die Familie musste ihr einziges Hab und Gut, das Siedlungshaus, aufgeben. „Meine Muttter wurde
gezwungen ein Inserat zu schalten, dass sie das Haus gegen eine Wohnung tauschen möchte.“ Viele haben sich gemeldet. Viele haben,
als sie von den Umständen erfuhren, davon Abstand genommen. Bis dann ein „eingeschriebener Nazi“ kam und auf eine Übernahme
bestand. „Wir haben dafür 6.000 Reichsmark bekommen, die aber, weil ich Erbe war, zu meinen Gunsten gesperrt wurden. Wir haben freilich von diesem Geld nie mehr etwas gesehen.“ So begaben sie sich auf Wohnungssuche, als „Aussätzige“ der Nazi-Gesellschaft. Endlich
nahm eine pensionierte Lehrerin, eine strenge Katholikin, Mutter und Sohn in Obhut. Dort, in der Leopoldauerstraße, erlebte der junge Josef
Andersch das Leid der Opfer hautnah mit, weil er Tag für Tag die geplagten jüdischen Arbeiter sah, die an der Wohnung vorbei und hin zu einer Chemiefabrik marschierten. „Um fünf Uhr früh hörte ich sie immer. Es war das Klappern der Holzpantoffel, von dem ich aufgewacht
bin.“ Oft legten die Anrainer Lebensmittel auf die Fensterbretter, um die vorbeiziehenden jüdischen Zwangsarbeiter zu unterstützen. Jedoch
wurde diese Hilfestellung sehr schnell von den Soldaten bemerkt, und die Gefangenen wurden gezwungen, auf der Mitte der Straße zu gehen, um die Lebensmittelzufuhr abzuschneiden. Als die Rote Armee nach Wien kam – „für mich war es eine Befreiung, kein Einmarsch“ –,
durften Mutter und Sohn Andersch wieder in ihre vertraute Umgebung nach Floridsdorf zurück. Jedoch war das Haus vollkommen
heruntergekommen und geplündert, der Garten so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass sie kein Gemüse anbauen konnten. „Wir waren lange Zeit auf die Hilfe der Nachbarn angewiesen.“
Auch mussten sie um das Haus kämpfen, da die Frau des Nazis, der ihnen das Haus weggenommen hatte, den Anspruch auf das Haus
nicht aufgeben wollte. Diese Verhandlungen zogen sich bis ins Jahr 1957, als ein Gericht entschied, dass sie das Haus wiederbekommen, wenn sie 10.000 Schilling an die Frau bezahlten. Als „Rückvergütung“ für die nie erhaltenen 6.000 Reichsmark …
SchülerInnen der Montessori-Schulen Wien
Josef Andersch aus Ebenthal bei Gänserndorf ist Zeitzeuge des NS-Regimes. Die Familie Andersch lebte in Floridsdorf in einer Stadtrandsiedlung. Heute ist dort die Großfeldsiedlung. Vater Josef war viele Jahre arbeitslos. Ende der 30er Jahre erhielt er eine Arbeit als Werkstätten-Kontrollor in der Automobilfabrik Austro-Fiat. Mutter Hildegard ging „zur Aushilfe“ in das Lebensmittelgeschäft Konsum. Der Vater war politisch aktiv. Bis zum Jahr 1934 war er Mitglied der Sozialdemokraten, nach dem Verbot der politischen Linken wurde er ein illegales Mitglied der Kommunisten. Neben seiner Arbeit sammelte er Geld für Angehörige von bereits festgenommenen Gesinnungsfreunden. Den Nazis galten sie als „Verräter“. Als Josef sieben Jahre alt war, wurde sein Vater wegen dieser Hilfestellungen von der Gestapo verhaftet.
Eine Nacht zuvor hatte Josef einen Traum, in dem das Geschehen vorweggenommen wurde. In diesem Traum sah er, dass sein Vater von vielen uniformierten Männern abgeführt wurde, die auch die persönlichen Sachen durchwühlten. Tatsächlich waren es Männer in Zivil, die das Haus nach Hinweisen auf sogenannte Widerstandsgruppen durchsuchten und seinen Vater abführten. Nach zwei Jahren Haft im Wiener Landesgericht und zahlreichen Verhören durch die Gestapo in derem berüchtigten Hauptquartier, dem Hotel Metropol am Morzinplatz, wurde er am 18. November 1942, mit 39 Jahren, am Schafott hingerichtet. In diesen zwei Jahren Haft durfte Josef Andersch seinen Vater nicht besuchen. Das letzte Mal sah er ihn in einem kleinen, vergitterten Wagen, in dem sein Vater zurück von einem Verhör ins Landesgericht gebracht wurde. „Meine Mutter hat von einem Wärter erfahren, dass mein Vater an diesem bestimmten Tag unterwegs sein wird.“ Die Mutter durfte den Vater kurz besuchen, Sohn Josef erhaschte allerdings nur einen „allerletzten Augenblick“, als der Transport das Gefängnistor passierte. „Diesen kurzen Moment trage ich noch heute in mir.“ Ansonsten blieben ihm kaum Erinnerungen. „Er war ein ruhiger Mensch. Er hat nie mit mir geschimpft, obwohl ich sicher ein richtiger Lausbub war. Und er hat fast immer eine blaue Montur getragen.“
Nach der Ermordung des Vaters wurden auch Mutter und Sohn in der gewohnten Umgebung nicht mehr geduldet. „Es war eine heimtückische Taktik der Nazis, dass sie Angehörige von Gegnern aus ihrem sozialen Umfeld rissen, damit nur ja kein Solidarisierungseffekt entsteht.“ Die Familie musste ihr einziges Hab und Gut, das Siedlungshaus, aufgeben. „Meine Muttter wurde
gezwungen ein Inserat zu schalten, dass sie das Haus gegen eine Wohnung tauschen möchte.“ Viele haben sich gemeldet. Viele haben,
als sie von den Umständen erfuhren, davon Abstand genommen. Bis dann ein „eingeschriebener Nazi“ kam und auf eine Übernahme
bestand. „Wir haben dafür 6.000 Reichsmark bekommen, die aber, weil ich Erbe war, zu meinen Gunsten gesperrt wurden. Wir haben freilich von diesem Geld nie mehr etwas gesehen.“ So begaben sie sich auf Wohnungssuche, als „Aussätzige“ der Nazi-Gesellschaft. Endlich
nahm eine pensionierte Lehrerin, eine strenge Katholikin, Mutter und Sohn in Obhut. Dort, in der Leopoldauerstraße, erlebte der junge Josef
Andersch das Leid der Opfer hautnah mit, weil er Tag für Tag die geplagten jüdischen Arbeiter sah, die an der Wohnung vorbei und hin zu einer Chemiefabrik marschierten. „Um fünf Uhr früh hörte ich sie immer. Es war das Klappern der Holzpantoffel, von dem ich aufgewacht
bin.“ Oft legten die Anrainer Lebensmittel auf die Fensterbretter, um die vorbeiziehenden jüdischen Zwangsarbeiter zu unterstützen. Jedoch
wurde diese Hilfestellung sehr schnell von den Soldaten bemerkt, und die Gefangenen wurden gezwungen, auf der Mitte der Straße zu gehen, um die Lebensmittelzufuhr abzuschneiden. Als die Rote Armee nach Wien kam – „für mich war es eine Befreiung, kein Einmarsch“ –,
durften Mutter und Sohn Andersch wieder in ihre vertraute Umgebung nach Floridsdorf zurück. Jedoch war das Haus vollkommen
heruntergekommen und geplündert, der Garten so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass sie kein Gemüse anbauen konnten. „Wir waren lange Zeit auf die Hilfe der Nachbarn angewiesen.“
Auch mussten sie um das Haus kämpfen, da die Frau des Nazis, der ihnen das Haus weggenommen hatte, den Anspruch auf das Haus
nicht aufgeben wollte. Diese Verhandlungen zogen sich bis ins Jahr 1957, als ein Gericht entschied, dass sie das Haus wiederbekommen, wenn sie 10.000 Schilling an die Frau bezahlten. Als „Rückvergütung“ für die nie erhaltenen 6.000 Reichsmark …
SchülerInnen der Montessori-Schulen Wien