Insel der Seligen

Oft spricht man von Österreich als Insel der Seligen. Dass diese Behauptung geographisch nur sinnbildlich gemeint sein kann dürfte klar sein. Aber auch deren inhaltlich symbolische Dimension hat seit meiner gestrigen Begegnung, die auf einer tatsächlichen Insel, ... [mehr]

Wer ein Menschenleben rettet, rettet die ganze Menschheit ...

... heißt es im Judentum. Dass die jungen „Botschafter der Erinnerung“ nicht wettmachen können, was vor rund siebzig Jahren in Nazi-Österreich geschehen ist, ist eine Tatsache. Aber sie gehen täglich mit offenen Herzen und Ohren durch ein New York, das für sie im Rahmen von „A Letter to the Stars“ rund um die Thematik des Holocaust, jene der Überlebenden sowie jene des Judentums gezimmert wurde und tun dabei das, wozu das offizielle Österreich all die Jahre nicht fähig gewesen ist: Sie betreiben aktiv Vergangenheitsbewältigung. Man kann beinahe minütlich feststellen, wie behutsam und vorsichtig aber gleichermaßen auch neugierig und forsch mit Fragen zu Juden, der Shoah und der österreichischen Geschichte umgegangen wird. Heute etwa wollte eine Schülerin von mir wissen, weshalb und woher ich über den jüdischen Shabbat Bescheid wisse. Sie hat ganz zögerlich und vorsichtig gefragt – sensibilisiert durch die bisherige Reise und die entsprechenden Eindrücke. Als ich ihr verraten habe, dass ich selbst Jüdin sei, blickte ich in große Augen. Augen, die sich zu solidarisieren versuchen und damit beweisen, dass sie verstehen. Ein Blick rettet kein Menschenleben. Aber für mich war es dennoch irgendwie „lebensrettend“, dass sich ein nichtjüdisches Mädchen im Jahre 2007 mit dem Erbe, das heute auf den Schultern junger Juden lastet, identifizieren kann.