//Stimmungsbarometer//
Schoen: "Und wenn ich einmal aelter bin, kaufe ich mir diesen Lotus Elise Sportwagen fuer 500.000 Pfund", sagt der 77jaehrige Walter Kress.
Unschoen: Nach 12 Uhr ist es in London einfacher an Ecstasy oder MDMA zu kommen als an Bier. Vermutlich auch billiger.
auch irgendwie super: kalte Ente in Connys Zimmer
//Die Antwort des Tages//
Es gibt keine Angst, nur zuwenig Wissen
Wenn ich nachts in einer fremden Stadt unterwegs bin, die Sprache nicht spreche, in einer duesteren Gegend, und ich begegne betrunkenen, unberechenbaren Gestalten, dann hab ich meistens ein wenig Angst. In Wien ist das alles kein Problem. In meiner Stadt kann ich Situationen abschaetzen, Menschen einordnen und angemessen reagieren. In Prag oder Paris war das nicht so, in London verstehe ich zumindest meistens die Sprache. Genau aus dieser Angst waechst Rassismus und Antisemitismus, aber auch Fortschritts-, Technik- oder Intellektuellenfeindlichkeit. Das diffuse Gefuehl, das etwas, was man nicht kennt, nicht versteht, in der eigenen Umgebung ueberhand nimmt. Eine Art Machtverlust. Das einzige Gegengift gegen diesen toxischen Angsterreger ist Information. Bescheidwissen ueber das andere. Ein Erdbebenforscher hat keine Angst vor Erdbeben: er kann die tatsaechliche Gefahr benennen oder zumindest abschaetzen. Wenn ich Tschechisch, Franzoesisch oder Indisch koennte, koennte ich beurteilen, dass die grimmigen Burschen im Nachtbus nicht darueber beratschlagen, wie sie mir meine Brieftasche abnehmen koennen, sondern sich nur uebers neue Britney Spears Album unterhalten. Wenn Juden nicht jahrhundertelang ein Leben abseits der Gesellschaft fuehren haetten muessen, wuessten wir alle besser ueber sie bescheid. Die katholische/islamische/whatever Mehrheit der Menschen haette ihren Glauben nicht als geheimniskraemerischen Weltbeherrschungshokuspokus auffassen, sondern als das was er wirklich ist. Sie wuerden juedische Kultur und Eigenheiten als solche zu schaetzen wissen, anstatt Angst vor Verlust der eigenen Identitaet haben und schliesslich zum toedlichen Vernichtungsschlag ausholen. Maechtiger als jede Warnung oder Mahnung ist die Vermittlung von Wissen und Information.
//zwischen den Zeilen//
Das Treffen mit meinem Zeitzeugen, Walter Kress, ist wahrscheinlich untypisch fuer eine Begegnung hier in London. Fahrig, impulsiv und oft aus dem Zusammenhang gerissen, erzaehlt er sich quer durch sein Leben. Von der Kindheit am Laaer Berg ueber die Flucht nach Schottland, seine ersten Liebschaften, seine grosse Leidenschaft das Segeln, seine Frau und seine Kinder. Der 77jaehrige wirkt etwas verwirrt, geht auf Fragen oder meine Geschichten nicht ein. Vielleicht hoert er schlecht, vielleicht faellt es ihm schwer sich zu oeffnen, vielleicht gehe ich ihm auch auf die Nerven. Dabei ist er aber hoechst charmant, ein Draufgaenger - lebensfroh und unzerstoerbar. Wienerisch, Juedisch, Englisch und Schottisch zugleich. "Wenn ich 100.000 der Buecher mit meiner Lebensgeschichte verkaufe, dann kaufe ich einen Maserati. 12 Zylinder Ferrari-Motor!" Walter Kress war KFZ-Mechaniker, fuehrte ein bescheidenes Leben, im Gegensatz zu vielen anderen Survivors hier, die nach erfolgreicher Karriere ihren Lebensabend der Geschichtsaufarbeitung widmen wollen. Die Geschichten von Walter Kress sind die klasischen liebenswerten Erzaehlungen Grossvaetern und Urgrossvaetern in unseren Breiten. Witzige, interessante, unglaubliche und sehr persoenliche Dinge. Geschichten, die mir ein Holocaust-Ueberlebender in London, und nur ein Holocaust-Ueberlebender in London erzaehlen kann, hoere ich von ihm aber wenig.
//Top 5//
Die teuersten Staedte der Welt, laut Economist Intelligence Unit, Stand 2007: (www.eiu.com)
1. Oslo
2. Paris
3. Kopenhagen
4. London
5. Tokio
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