Liste der Ermordeten


Folgende Informationen sind von Sidonie Silber verfügbar:

geboren am 25.04.1922 in Wien
letzte bekannte Wohnadresse
andere Wohnadresse(n)
Deportation von Malines nach Auschwitz am 29.08.1942
gestorben in Auschwitz am 30.09.1942
Die Recherche wurde von Judith, 16 Jahre, Bg8, Piaristengymnasium, übernommen.

Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:

Tamara Kernstock und Judith Peham, 5.Juni 2003
„A letter to the stars“

Das Projekt „a letter to the stars“ ist das größte schulische Forschungsprojekt zum Thema Zeitgeschichte. Die Aufgabe bestand darin, die Lebensgeschichte eines Opfers, jener 80 000 Menschen aus Österreich, die dem Holocaust der Nationalsozialisten zum Opfer fielen (wie zum Beispiel Juden, politisch Verfolgte, Roma und Sinti, Behinderte, Homosexuelle, Gläubige...) zu recherchieren.
Aus der anonymen Liste der Opfer des Holocaust wählten wir Sidonie Silber.
Sidonie wurde am 25. April 1922 in Wien geboren. Ihre Mutter hieß Jitte Nadl oder Nadel, mit dem Mädchennamen Silber. Sie wurde am 12. Juni 1893 in Hamisowce, als Tochter der Chaje Perl Silber, geboren und heiratete am 22. Dezember 1912 in Wien den Schneidergehilfen Chaim Marcus Nadel aus Pietniczany. (Sohn der Malka Nadel, geboren am 13. Mai 1886)
Doch da Chaim Marcus Nadel im 2.Weltkrieg verscholl, und 1919 für tot erklärt wurde, ist der Vater von Sidonie somit leider nicht bekannt.

Sidonie flüchtete vor den Nationalsozialisten nach Belgien, da dieses Land damals noch nicht besetzt war. Im Frühjahr 1940 umfaßte die jüdische Bevölkerung in Belgien ca. 90.000 Personen. Die überwiegende Mehrheit von ihnen waren Einwanderer und Neuankömmlinge, die nicht oder noch nicht die belgische Staatsbürgerschaft besaßen - darunter befanden sich etwa 1.000 Flüchtlinge aus Österreich. Der Einmarsch der Deutschen Wehrmacht im Mai 1940 und die darauffolgende Einrichtung einer deutschen Militärverwaltung lösten eine Massenflucht der jüdischen Bevölkerung u. a. nach Frankreich, Großbritannien und Übersee aus, mit dem Ergebnis, daß Ende 1940 nur noch ungefähr 52.000 Juden in Belgien lebten. Die deutsche Militärverwaltung in Brüssel erzwang im Herbst 1940 die ersten antijüdischen Maßnahmen.
Um den Zugriff auf die jüdischen Bürger zu verstärken und die Grundlagen für den wirtschaftlichen Vernichtungsprozeß zu schaffen, erfolgte im Oktober 1940 die Registrierung der Juden. Ein Jahr später wurde das Niederlassungsrecht der jüdischen Bevölkerung auf vier Städte beschränkt: Brüssel, Antwerpen, Lüttich und Charleroi. Die Deportationsvorbereitungen erreichten den Höhepunkt mit der Errichtung zweier Lager: Die Festungsanlage Breendonk, während des Ersten Weltkriegs erbaut, wurde zum Anhaltelager umfunktioniert, verfügte jedoch nur über eine sehr beschränkte Aufnahmekapazität. Als zentrales Sammellager diente Malines/Mechelen, das strategisch äußerst günstig zwischen Antwerpen und Brüssel, den Städten mit dem höchsten jüdischen Einwohneranteil, lag. Sidonie war zuletzt wohnhaft in Antwerpen, als die deutschen Truppen in Belgien, sowie in Österreich und Deutschland die Juden und Jüdinnen festnahmen.

Nachdem die Aufforderungen der Besatzer an die jüdische Bevölkerung, sich zu melden, kaum befolgt worden waren, ergriff die deutsche Militärverwaltung "effizientere" Maßnahmen. Großangelegte Razzien sollten die Durchführung der Deportationen gewährleisten, die in der Folge im Sommer 1942 einsetzten und einen Höhepunkt im September 1943 mit der "Operation Iltis" erreichten, in der Juden belgischer Staatsangehörigkeit, als letzte Gruppe nach den Ausländischen und Staatenlosen, in die Vernichtungslager verschleppt wurden. Sidonie wurde von Malines mit dem 6. Transporter am 29. August 1942 nach Ausschwitz deportiert. Ihre Transportnummer war 6/74.
Die Deportationen gingen bis zum 31. Juli 1944 weiter. Insgesamt verließen ca. 30 Transporte mit etwa 25.000 Menschen das Lager Malines/Mechelen in Richtung Auschwitz - darunter befanden sich auch ungefähr 830 Opfer aus Österreich. Im Frühjahr 1940 wurde nahe der polnischen Stadt Oswiecim mit dem Aufbau des KZ Auschwitz begonnen. Am Gebiet des benachbarten Ortes Brzezinka (Birkenau) wurde ab Herbst 1941 der zweite Teil des Lagers, Auschwitz II/Auschwitz-Birkenau, errichtet, wozu später noch das Lager Monowitz (Auschwitz III) sowie 45 weitere Nebenlager kamen. Erster und letzter Kommandant des Lagers war Rudolf Höß. Die erstmalige Verwendung von Cyanwasserstoffgas zur Menschentötung erfolgte im Herbst 1941 im Block 11, Auschwitz I. Bis Anfang 1942 fiel vor allem eine große Zahl sowjetischer Kriegsgefangener den ab Jänner 1942 im dazu adaptierten Leichenraum des Krematoriums I im Stammlager durchgeführten Morden zum Opfer. Am 26. März 1942 erreichte der erste vom Reichssicherheitshauptamt (RSHA) im Zuge der "Endlösung der Judenfrage" organisierte jüdische Sammeltransport das KZ Auschwitz. Ab dem Sommer 1942 wurden bei sogenannten Selektionen durch SS-Ärzte noch arbeitsfähige Menschen zur Arbeitsleistung ausgewählt, alle Übrigen, vor allem alte Menschen und Kinder, wurden sofort in die Gaskammern gebracht.
Im Frühjahr und Sommer 1942 fanden die Morde in zwei - als Bunker 1 und 2 bezeichneten - ehemaligen Bauernhäusern im Lager Birkenau statt. Im Laufe des Jahres 1943 wurden in Birkenau vier neue Krematorien mit angeschlossenen Gaskammern errichtet, wo dann nach von der SS selbst errechneten Werten täglich 4.756 Leichen verbrannt werden konnten. Mit dem Näherrücken der Front wollte Himmler die Spuren der Morde verwischen. Nachdem das Krematorium IV im Zuge eines Häftlingsaufstandes am 7. Oktober 1944 gesprengt worden war, wurden die übrigen Krematorien ab November 1944 demontiert. Die Mehrheit der noch vorhandenen Häftlinge wurde in geschlossenen Märschen aus dem Lager Richtung Westen getrieben. Bei der Befreiung am 27. Jänner 1945 fand die Rote Armee noch 7.500 Häftlinge vor. Forschungen der letzten Jahre geben die Mindestzahl der Opfer von Auschwitz mit 1,35 Millionen Juden, rund 20.000 Roma und Sinti, 11.700 sowjetischen Kriegsgefangenen und weiteren 83.000 aus politischen und anderen Gründen nach Auschwitz Deportierten an. Unter diesen Opfern waren auch Juden aus Österreich.
Der am 17. Juli 1942 von Wien abgehende 32. Transport mit ungefähr 1.000 Menschen führte direkt nach Auschwitz. Ungefähr 4.000 Österreicher wurden von Theresienstadt, ca. 500 Personen in Einzeltransporten dorthin transportiert. Weiters wurden etwa 2.700 österreichische Juden aus Frankreich und 350 aus Italien nach Auschwitz gebracht. Wie viele Österreicher aus anderen Ländern dorthin deportiert wurden, kann nicht genau festgestellt werden, so daß auch keine Gesamtzahl der österreichischen Opfer in Auschwitz angegeben werden kann.
Vom Großteil der in Auschwitz Angekommenen gibt es kein Sterbedatum, da sie gleich bei der Ankunft „selektiert“ und anschließend vergast wurden. Da von Sidonie ein Sterbedatum existiert, ihr Tod also im Auschwitz sterbe Index vermerkt ist, bedeutet das, dass sie in Auschwitz arbeiten musste. So lebte Sidonie noch etwa 1 Monat in Auschwitz, ehe sie an Erschöpfung und Krankheit am 30. September 1942 in Auschwitz starb. Ein Monat als Arbeitskraft zu überleben, war der Durchschnitt. Meist wurden die Arbeitskräfte dann durch „Frische“ ausgetauscht und die Anderen vergast.

Leider gab es auch einige Schwierigkeiten, die uns die Recherche enorm erschwerten. Zum Beispiel die Tatsache, dass Silber ein sehr häufiger Name ist, und sich so Familienzusammenhänge nicht erkennen lassen oder Sidonie alleine deportiert wurde und wir somit sehr wenig über Ihre Angehörigen wissen.
Doch Dank folgender Informationsquellen konnten wir zumindest einen Teil des tragischen Lebens von Sidonie Silber in Erfahrung bringen:
• Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau (Sterbebücher)
• „A letter to the stars“-Team
• Israelitische Kultusgemeinde
• Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes


Als Höhepunkt dieses Projektes trafen sich die Schüler am 5. Mai 2003, dem nationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, auf dem Wiener Heldenplatz. Ein Brief zu den Sternen wurde, an einem weißen Luftballon befestigt, zu den Sternen geschickt, um den zahlreichen Opfern zu gedenken.


Gedenkveranstaltung für die 80 000 Opfer des Holocaust am 5. Mai 2003 am Heldenplatz:






Tamara Kernstock und Judith Peham am 5. Juni 2003

Der Brief an den/die Ermordete/n :


Brief zu den Sternen...



Dieser Brief wurde zu Ehren Sidonie Silbers geschrieben. Sie starb schon in jungen Jahren am 30.09.1942 in Auschwitz. In diesen 20 Jahren erlebte sie viel Leid und viel Grausames. Sie wurde am 25.04.1922 in Wien als Jüdin geboren. Ihre Mutter hieß Jitte Nadel. Über ihren Vater gibt es leider keine Informationen. Sidonie flüchtete als junges Mädchen vor den Nationalsozialisten nach Belgien, doch schon bald marschierten auch dort die deutschen Truppen ein und nahmen sie fest. Sidonie wurde mit dem 6.Transporter am 29.08.1942 nach Auschwitz deportiert. Doch mehr über ihr Leben und ihr Schicksal wissen nur die Sterne. Zum Glück konnten wir trotz allem einiges über Sidonie in Erfahrung bringen, sodass sie nicht ganz in Vergessenheit gerät...
Falls sie diesen Brief finden sollten, schicken Sie ihn bitte an:
„A letter to the stars“
Mariahilferstraße 123/38
Oder benachrichtigen sie uns per e-mail:
Tamara_kernstock@hotmail.com

Alle Mitwirkende des Projektes „A letter to the stars“ wären Ihnen sehr dankbar, und Sie würden dazu beitragen, dass nicht nur die Sterne Sidonies Schicksal kennen.

Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):

Zurück zur Übersicht