Liste der Ermordeten


Folgende Informationen sind von Otto Neufeld verfügbar:

geboren am 24.12.1900 in Wien
letzte bekannte Wohnadresse
andere Wohnadresse(n)
Deportation von Wien nach Maly Trostinec am 20.05.1942
gestorben in Maly Trostinec am 26.05.1942
Die Recherche wurde von Konrad 7b, 17 Jahre, BRG XV, Henriettenplatz 6, übernommen.

Die Lebensgeschichte und wie die Recherche verlaufen ist:

Recherchenverlauf: Ich konnte keine näheren Informationen zu meinem Opfer finden. Die in den Briefen enthaltenen Informationen stammen aus den zur Verfügung gestellten
Hintergrundinformationen

Der Brief an den/die Ermordete/n :

Wien, 5. Mai 2003
Sehr geehrter Herr Neufeld,

viel weiß ich nicht über Sie – nicht einmal, ob Sie von den Nazis deportiert und ermordet wurden, weil sie Jude waren, oder Sozialist, oder aus irgendeinem anderen Grund. Ich weiß nur, dass Sie mit dem Transport 22/641 am 20. Mai vor sechzig Jahren aus der Sechshauserstraße in Wien in einem Güterzug nach Maly Trostinec in der Nähe von Minsk transportiert und dort erschossen oder vergast wurden und in einem der Massengräber ihre letzte Ruhe fanden. Dieser Transport war einer von 16, die zwischen Mai und Oktober 1942 bestens organisiert aus Wien, Königsberg, Theresienstadt und Köln nach Minsk durchgeführt wurden, um 15.000 Menschen „möglichst kurzfristig und reibungslos“ zu vernichten.
Ich habe mir die Fahrtroute auf der Europakarte angesehen, die Sie zusammengepfercht mit vielen Leidensgenossen zurücklegen mussten - über 1200 Kilometer -, bevor Sie im Alter von 42 Jahren Ihr schreckliches Ende fanden. Wir können uns nicht vorstellen, was Menschen dazu bringt, andere so zu behandeln. Obwohl - vor einigen wenigen Jahren haben sich nicht weit entfernt von Ihrem und meinem Heimatort ähnlich schreckliche Dinge ereignet, die wir sogar im Fernsehen sehen konnten. Dennoch ist eine so perfekt durchorganisierte Vernichtung von Millionen von Menschen, zu denen auch Sie zählen, unvorstellbar.
Diese ersten Maitage 2003 sind wunderschön. Wir können sie genießen, es geht uns gut. Sie und ihre Frau und Ihre Freunde hätten den Mai vor sechzig Jahren auch genießen können sollen.

Hochachtungsvoll
Konrad Lainer

Der Brief an die Zukunft (stieg am 5. Mai 2003 an einem Luftballon gebunden in den Himmel):

Brief an die Zukunft

Wir würden alle gerne wissen, was uns die Zukunft bringt. Unsere Absicherungsversuche für die Zukunft nimmt einen wichtigen Platz in unserem Leben ein – siehe die derzeitigen Auseinandersetzungen um die Pensionsreform.
Obwohl oder gerade weil es uns gut geht, haben wir große Angst, etwas von dem zu verlieren, was wir heute als selbstverständlich ansehen: unseren Lebensstandard. Keiner will etwas von dem hergeben, was ihm „zusteht“.
Für uns junge Menschen sind heute vor allem die Aussichten auf unser Berufsleben sehr ungewiss. Wir haben zwar viele Bildungschancen, aber ob wir auch einmal im Wirtschaftsleben gebraucht werden, ist eine andere Frage. Es ist aber eine sehr wichtige Frage. Wir wissen heute, dass Hitler keine Chancen gehabt hätte, wenn es den Menschen in den Dreißigerjahren nicht so schlecht gegangen wäre. Wer kein Geld verdienen kann, dem kann man alles Mögliche einreden. Wenn Menschen verzweifelt sind, kann man sie leicht ausnützen.
Sehr viele sagen, man soll die „alten Dinge“ nicht immer wieder aufwärmen. Aber wir merken doch auf Schritt und Tritt, dass die Vergangenheit noch gar nicht vorbei ist. Es leben sogar noch Überlebende des Holocaust. Und wenn sie gestorben sind, leben noch ihre Nachfahren, die davon ja auch betroffen sind. So viele Jahre können gar nicht vergehen, dass so schreckliche Dinge, wie sie damals geschahen, „vorbei“ sein können.
Was vielleicht am schwierigsten ist: heute verhält sich die Regierung Israels, eines Landes, in dem viele Überlebende des Holocaust eine Heimat fanden, furchtbar gegenüber den Palästinensern, denen sie nicht einmal ein eigenes Land gelassen haben. Ich bin kein Antisemit, wenn ich gegen die Politik der israelischen Regierung bin. Das wird in Zukunft immer wichtiger werden: die Unterschiede zwischen den Ländern, Völkern, Menschen, Religionen, Weltanschauungen kennen zu lernen und damit leben zu können, denn die Welt ist klein geworden.
Die Zukunft ist nichts Strahlendes. Sie ist eher eine Herausforderung – aber auch eine Chance: dass wir durch die Verbrechen und Fehler unserer Vorfahren lernen und es vielleicht doch besser machen.

Zurück zur Übersicht