Die letzten Zeugen - Das Buc

HANS SPIELMANN


 
 

HANS
SPIELMANN

(früher Spielmann)
geb. 1929-09-06
lebt heute in Großbritannien


Diese Geschichte wurde im Projekt "Botschafter" erstellt.

  • Veronika Rad, Schülerin, traff als Botschafterin der Erinnerung im Oktober 2007 den
  • Überlebenden Hans Spielmann in London.

Das Leben von Hans Spielmann


niedergeschrieben von Veronika Rad


Hans Spielmann wurde 1929 in Himberg bei Wien geboren. Sein Vater war Zahnarzt und hatte ein Atelier in Himberg. Er stammte aus Wien. Seine Mutter was aus Tulln. Hans hatte eine gute Beziehung zu seinem Großvater aus Tulln. Dieser hatte ein Geschäft und war sehr beliebt bei der Bevölkerung von Tulln. Durch ein Schreiben des Gauleiters durfte er sein Geschäft sogar nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten behalten, aber trotzdem hatte die Bevölkerung nicht den Mut, bei ihm einzukaufen und so wurde das Geschäft von anderen übernommen.
Hans besuchte bis 1938 die Schule in Himberg. Er hatte viele Freunde, denn sein Vater war ein angesehener Mann. Doch nach dem Einmarsch der Nazis wurde sein Vater gezwungen das Atelier zu verlassen und zog nach Wien. Die Familie musste auch ihre Wohnung hergeben und Hans und seine Mutter zogen dann auch nach Wien in den 2. Bezirk. Dort wohnten sie in der Krummbaumgasse 1. Hans sollte dort in die Schule gehen, doch jedes Mal wenn er aus dem Haus ging, bewarfen ihn andere Jungen mit Steinen oder ähnlichem. So wurde es bald zu gefährlich, das Haus zu verlassen. Trotzdem ging seine Mutter manchmal auf den Markt, um Lebensmittel zu besorgen, doch das war nicht leicht, denn viele Menschen wollten ihr nichts verkaufen oder sie musste den doppelten Preis bezahlen.
Einmal begleitete Hans seine Mutter und wurde am Markt von einem Bub angepinkelt. Er durfte auch nicht beim Fenster hinausschauen, denn die Gefahr von der Gestapo erschossen zu werden war zu groß. Doch eines Tages hörte Hans großen Lärm und er spähte vorsichtig aus dem Fenster. Er sah, wie ein alter Mann, der eine Sardinendose am Randstein aufmachen wollte, von SS-Männern zu Tode getreten wurde.
In der Kristallnacht kamen Soldaten in das Haus in dem Hans Spielmann mit seiner Mutter und seinen Großeltern wohnte, und klopften an ihre Türe. Die Tür war aber vergittert und so konnte die SS sie nicht aufbrechen. Bei der Familie nebenan war kein Gitter vor der Tür, so konnten die Soldaten in die Wohnung. Am nächsten Tag schauten die Spielmanns nach, wie es ihren Nachbarn ging. Ein Bild ist Hans Spielmann besonders im Gedächtnis geblieben: Inmitten all den Scherben kniete der Nachbar und betete.
Eines Tages wurde Hans' Vater von zwei Buben der Hitlerjugend aufgefordert mit ihnen mitzukommen, doch er weigerte sich und sagte ihnen: "Für euch habe ich im letzten Krieg gekämpft!" und zeigte ihnen seine Medaillen. Die Buben wussten nicht, was sie tun sollten und meinten, dass sie am Abend wiederkommen würden. Natürlich wartete sein Vater nicht bis am Abend, sondern floh mit einem Freund über die italienische Grenze und von dort nach Brasilien zu seinen Brüdern, die schon im Jahr 1933 ausgewandert waren. Hans' Vater wollte eigentlich die ganze Familie nach Brasilien holen, doch irgendwann brach er den Kontakt ab, vermutlich hatte er eine neue Familie in Brasilien gegründet. Hans sah seinen Vater, der 1971 in Brasilien starb, nie wieder.
Die Schwester von Hans Spielmanns Mutter studierte in den 1920er Jahren in Cambridge und hatte dort auch Freunde. Diese konnten für Hans' Mutter und seine Großeltern bürgen.
Zuerst kam Hans, der damals 9 ½ Jahre alt war mit einem Kindertransport nach einer zweitägigen Reise nach England. Er wohnte zunächst bei seiner Tante und kam dann zu einer Familie, die drei Töchter hatte. Seine Mutter kam später, im August 1938. Sie arbeitete als Haushälterin bei dieser Familie. Auch die Großeltern schafften es, nach England zu kommen.
Weil Hans nicht Englisch konnte, kam er in der Schule zu den Mädchen. Er lernte dann langsam die englische Sprache. Insgesamt besuchte er in England 11 Schulen.
Dann kam der Krieg. Hans' Großeltern wurden interniert und kamen dann beide auf die Isle of Man. Hans, seine Mutter, Freunde von ihnen und eine Cousine überlebten den Blitz in London, indem sie sich in den U-Bahn Stationen versteckten. Nach dem Ende des Krieges kamen die Großeltern von der Isle of Man zurück. Hans und seine Mutter zogen mehrmals um und kauften sich schließlich eine eigene Wohnung. Nachdem Hans mit der Schule fertig war machte er vier Jahre lang eine Lehre als Zahntechniker, da sie zu dieser Zeit noch hofften zu seinem Vater nach Brasilien zu kommen.
Später bekam Hans einen Platz in der Firma eines Bekannten. Dort arbeitete er sich langsam nach oben bis er schließlich Projektleiter einer neuen Abteilung wurde. Auch hier fing er wieder ganz klein an - heute ist dieses "Projekt" eine große Firma ("Elliott Automation").
Hans Spielmann übte in seinem Leben 25 Berufe aus, wobei er für fast keinen dieser Berufe eine Ausbildung gemacht hat. Er arbeitete unter anderem als Taxifahrer, in der Schmuckbranche, hatte eine Zeit lang ein Restaurant und war in vielen Firmen tätig. Auch nach seiner Pensionierung arbeitete er noch 10 Jahre lang als Berater für elektrische Geräte und führte Reparaturen in Häusern durch.
Er wohnt jetzt in Harrow mit seiner Frau und hat einen 48 Jahre alten Sohn und eine Tochter, die 45 Jahre alt ist. Von beiden hat er 5 Enkelkinder.

Erlebnisbericht Londonreise Oktober 2007


Ich hab mich so gefreut, als ich erfahren habe, dass ich nach London mitfahren darf. Doch erst als ich dann am Flughafen war, habe ich realisiert, dass ich wirklich nach London fliege. Vorher hat sich das alles einfach so unglaublich angehört.
Vor dem ersten Treffen als ganze Gruppe hatte ich einige Bedenken, wie das so sein würde mit den anderen, doch schon danach und erst recht dann in London verschwanden meine Sorgen. Wir verstanden uns alle so gut und das ist echt etwas Besonderes.

Wir sollten ja schon vorher mit dem Überlebenden, den wir treffen würden Kontakt aufnehmen und nachdem ich Herrn Spielmanns Antwort auf meine E-Mails nicht erhielt, rief ich ihn an. Ich war so nervös wie schon lange nicht mehr, doch als ich schließlich mit Herrn Spielmann sprach und merkte, wie nett er zu mir war und wie sehr er sich freute von mir zu hören, verflog meine Angst. Wir schrieben uns schon vor meinem Besuch einige E-Mails, doch als ich ihn dann zum ersten Mal treffen sollte, war ich wieder ziemlich aufgeregt. Aber das verflog wieder schnell. Als ich Herrn Spielmann zum ersten Mal sah, wusste ich sofort, dass das etwas Besonderes war - der Beginn einer ganz besonderen Freundschaft. Herr Spielmann und seine Frau Edna haben mich wie eine Enkeltochter aufgenommen. Ich bin so froh, dass ich die beiden kennenlernen durfte und ich freue mich schon auf die Osterferien, wo ich nach London fliege und sie besuche und auf Mai, wo die beiden nach Österreich kommen.



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