Die letzten Zeugen - Das Buc

DEBORA BARTFELD


 
 

Diese Geschichte wurde im Projekt "Die Letzten Zeugen" erstellt.

Eine wunderbare Woche mit Debora Bartfeld

Spät aber doch ein Bericht über meine unvergessliche Woche mit Deborah Bartfeld, die in ihrem Leben in Wien vor dem zweiten Weltkrieg eigentlich Valerie, von allen Walli genannt, hieß! So wird sie noch immer von ihrem in Wien lebenden Bruder Ernst Fettner und dessen Familie genannt!

Für Deborah, Dvora oder einfach Walli.

Es war eine wunderbare Woche mit Frau Bartfeld und ihrer Tochter Rachel. Die vielen Erzählungen über ihr Leben, ihre Familie, ihr gestern und ihr heute haben mich bewegt. Sie ist unglaublich lebendig, flexibel und jung geblieben, bei all dem Leid, das sie und ihre Familie erlebt hat.

Schon beim ersten Telefonat war sie mir vertraut. Doch als ich sie am Flugplatz sah, passte ihr Äußeres zu ihrer Stimme. Ihre Sprache nach all den Jahren - unglaublich flüssig und mit der Wiener Klangfärbung, die so unverkennbar ist. Die vielen Ausdrücke drin, die ich von meinen Omis kenne. Aber dafür - ihre Interessen so vielfältig, wie bei vielen ganz jungen Menschen nicht! Beim Programm hab‘ ich aus dem Vollen geschöpft. Es gibt so Vieles, was ihr Freude macht. Sie geht mit wachem Blick und offenen Augen durch die Welt.
Auch der kleine Unfall am ersten Tag und das schrecklich blaue Auge für den Rest ihres Wien-Aufenthaltes minderten ihre Energie nicht! Aber wir hatten im AKH die Möglichkeit einander wirklich gleich richtig nahe zu kommen!

Deborah ließ mich an den folgenden Tagen an ihren persönlichsten Erinnerungen teilhaben, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Besonders das Vertrauen mir die letzten Briefe ihrer umgekommenen Lieben zum Lesen zu geben, hat mich sehr gefreut, die Briefe haben mich sehr berührt.

Ich bin dankbar für ihre Geschichten und gleichzeitig machten sie mich nachdenklich und traurig: Zum Beispiel ihr Erlebnis auf der Parkbank, im Stadtpark, gleich neben dem Strauß-Denkmal am Tag vor dem Anschluss. So unvorstellbar heute im für alle offenen Park, dass jemand das Recht friedlich auf einer Bank zu sitzen, verwehrt wurde!

…als sie ihren Großvater beim Straße Bürsten sah und nicht wagte hinzusehen oder etwas zu sagen, aus Angst, dass man zu ihm dann noch brutaler ist,….so grausam….

Besonders schön war der gemeinsame Besuch von Frau Bartfelds erster Volksschule in Kaltenleutgeben, wo sie nach 81 Jahren das erste Mal war. Was für ein Glück, dass es noch fast so aussieht, wie sie es in Erinnerung hatte. Und was für ein Glück, dass auch ich  zu Kaltenleutgeben eine tiefe Beziehung habe, das kann kein Zufall sein.

Es war auch nett dass ich ihren Bruder kennenlernen durfte, der die Lücken aus ihren Erzählungen bei mir noch schloss und mir mit Begeisterung seinen Weg aus Österreich nach England mit 17 sowie seine Erlebnisse mit „Young Austria“ schilderte. Auch er ist nicht verbittert. Er saß dann am Heldenplatz am 8.Mai 2008 neben ihr. Wir sind Freunde geworden!

Ein Wunder, dass Deborah nicht unversöhnlich ist gegen ihre Heimat, dass sie diese wieder ein ganz kleines bisschen lieb hat, obwohl sie Deborah-Walli und die ihren verraten hat.
Ich habe auch Frau Bartfelds Tochter Rachel lieb gewonnen – haben wir doch viele gemeinsame Interessen, ich mag ihren trockenen Humor….ich mag auch die Gefühle, die sie nicht sofort zeigt….die Gefühle der Generation nach der Schoa, die kein Deutsch spricht, die die Sprache des Landes, das ihre Eltern verraten hat, nie gelernt hat. Rachel kam noch während des Zweiten Weltkrieges bereits in Israel zur Welt.
Nie vergessen werde ich die Andacht gemeinsam mit Familie Bartfeld und Fettner vor unserem Denkmal. Es war wie ein Grabstein für ihre Lieben, den sie ja nie hatten. Eine Kopie unseres Posters hat Deborah in ihre Heimat Israel  mitgenommen. Die Feier am Heldenplatz war für sie wohl das wichtigste und berührendste Ereignis ihres Aufenthaltes.

Ich konnte mir bei ihrer Abreise nicht vorstellen, wie die nächste Woche ohne sie sein wird.
Aber, jetzt hab ich dafür eine „Omi“ in Israel, mit der mich eine schöne Woche verbindet.
Sicher komme ich sie bald besuchen in Israel. Ich möchte doch sehen wie sie lebt in „Erez“, wie ihr Vater immer sagte.


Unser Denk.Mal bestand aus einem Poster - es war unser gemeinsames Denk.Mal, denn es wurde persönlich, telefonisch vorher von mir inhaltlich mit Frau Debora Bartfeld zwischen Wien und Israel abgestimmt:

Für Abraham, Rosa, Sigmund, Herbert und Karoline Fettner

Eure Valerie, die jetzt seit 69 Jahren Deborah heißt,
hätte euch gerne in ihrer neuen Heimat Israel in die Arme geschlossen.
Es konnte und wollte nicht sein,
sie wird es nie verstehen…….
Sie hat euch nie vergessen und sie ist hier
für euch mit Erde und einem Olivenzweig aus Jerez Israel!
Das Kaddish für euch endet nie…

Möge der große Name,
dessen Begehren das Universum gebar,
in der Schöpfung widerhallen. Jetzt.
Möge diese große Gegenwart
euer Leben und euren Tag lenken und alles Leben unserer Welt.
Und sagt: Ja. Amen
Segen, Segen diesem großen Namen.
Jetzt und immer.
So segnen und loben wir Deinen Namen,
preisen und erheben ihn.
Dein Name: Heiliger, Gesegneter,
Du gehst weit über unser Lob,
unser Lied hinaus,
lässt alle Worte, mit denen wir uns helfen,
weit hinter Dir.
Und sagt: Ja. Amen.
Lasst Gottes Namen großen Frieden und großes Leben gebären.
Für uns und alle.
Und sagt: Ja. Amen.
Der, der ein Universum des Friedens geschenkt hat,
schenke uns Frieden, uns allen, das heißt: Israel.
Und sagt: Ja. Amen.

Abraham, Rosa, Sigmund, Herbert und Karoline Fettner


……sowie einer Box mit Erde aus Israel und einem Olivenzweig aus Israel als Dach, mitgebracht von Deborah aus Erez…..

Alles Liebe, Martina Wenger

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