Die letzten Zeugen - Das Buc

OTTO SALZMANN


 
 

OTTO SALZMANN

geb. 1918-01-06
lebt heute in Haiti


Diese Geschichte wurde im Projekt "Überlebende" erstellt.

Otto Salzmann wurde am 23. Juni 1924 in Wien geboren und lebte mit seiner Familie im 10.Bezirk. Im Jahr 1938 schafften es seine Eltern, ihn in die Tschechoslowakei zu bringen. Ottos Bruder studierte in Kanada und konnte die kanadischen Behörden überzeugen, seine Familie einreisen zu lassen.

Schaulustige gafften, während Nazis das Geschäft leer räumten

Der Schüler Marian Kosz vom BRG Waltergasse hat die Lebensgeschichte von Otto Salzmann recherchiert.

Otto Salzmann wurde am 23. Juni 1924 in Wien geboren und lebte mit seiner Familie in der Quellenstraße 121 im 10.Bezirk. Er hatte zwei Brüder, die sechs und zwölf Jahre älter waren als er. Seine Eltern besaßen ein gut gehendes Schuhgeschäft, sie waren sehr karitativ und daher sehr beliebt. Auch zu ihren Angestellten hatten sie ein gutes Verhältnis, sie pflogen eine gegenseitige Freundschaft, die auch die Nazis nicht zerstören konnten.

Seine erste wirkliche Begegnung mit den Nazis fand eben in diesem Schuhgeschäft statt. Sie kamen mit einem Lkw und beschlagnahmtenalle Schuhe. Otto Salzmann musste als Jüngster den Leuten die Tür aufmachen. Es war für ihn seelisch sehr schwer zu verkraften, die Türe aufzuschließen und dabei von einer Menge Schaulustiger vor dem Geschäft angegafft zu werden, während die Nazis das Geschäft leer räumten. Er ging damals in die 4.b der Ressel-Realschule, dem heutigen BRG 4, Waltergasse, als er von den Nazis gezwungen wurde, wie alle jüdischen Schüler die Schule zu verlassen und nun in das BRG Schottenbastei zu wechseln.

Im Jahre 1938 schafften es seine Eltern, ihn in die Tschechoslowakei zu bringen. Ottos älterer Bruder war zu dieser Zeit in einem KZ, wurde aber nach sechs Monaten wieder freigelassen. Otto Salzmanns Familie versuchte nach Kanada auszuwandern, doch der dortige Immigrationsminister war ein Antisemit, er wollte keine Juden in seinem Land aufnehmen. Sein Leitspruch war: „Keine Juden sind noch zu viele.“ So wurde ihr Asylantrag vorerst abgewiesen. Ottos mittlerer Bruder war aber Student und hielt sich mit einem Studentenvisum in Kanada auf. Er schaffte es schließlich, die kanadischen Behörden davon zu überzeugen, dass die Familie Salzmann eine wirtschaftliche Bereicherung sein würde – und zwar durch die Erzeugung von Sportschuhen. So durfte die Familie nach Kanada emigrieren. Dort gründete sie eine Firma für Skischuhe und andere Sportschuhe.

Im März 1939 verließ Otto die Tschechoslowakei in Richtung Liverpool und im Mai des selben Jahres kam er an Bord der „Duchess of York“ nach Kanada. 1942 machte er den Abschluss an der Highschool in Montreal. Zwischen 1942 und 1945 kämpfte Otto Salzmann in der kanadischen Armee. 1947 schloss er die Universität als Industrieingenieur ab. Nach seinem Universitätsabschluss arbeitete er für eine kleine Firma, bald darauf führte er aber mit seinen Brüdern den Familienbetrieb weiter, der beachtlich expandierte. So kam es, dass er geschäftlich den Fernen Osten und Europa, also auch Deutschland und Österreich, bereiste. Diese zwei Länder, so sagt er, besuchte er mit gemischten Gefühlen. Er hatte Glück, so sagt er, dass sein Vater die Situation nach dem Anschluss richtig abgeschätzt und so der Familie das Leben gerettet habe.

Heute lebt Otto Salzmann mit seiner 52-jährigen Frau und mit seiner Tochter Debbie und seinem Sohn Jim – beide sind Ärzte – in Vancouver. Seine Tochter Nancy – ebenfalls Ärztin – lebt in Paris und sein Sohn David lebt in New Hampshire in den USA. Der heute 80 Jahre alte Otto Salzmann ist noch sehr agil, oft unternimmt er mit seiner Frau lange Wander- und Skitouren in den Bergen von Kanada und den USA. Am liebsten macht er mit seiner Frau aber ausgedehnte Spaziergänge am Pazifik, der nur fünf Minuten von seinem Haus entfernt liegt. Er erinnert sich noch gerne an seine Schulzeit in Österreich, wo er besonders die Skikurse und die Englischstunden genossen hat. Otto Salzmann ist ein sehr optimistischer Mensch, der all die bitteren Erinnerungen schon lange überwunden hat.

Marian Kosz, BRG Waltergasse Wien, 2005


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