Die letzten Zeugen - Das Buc

LISA SARETZKY


 
 

LISA SARETZKY

(früher Rubin)
geb. 1925-02-28
lebt heute in den USA


Diese Geschichte wurde im Projekt "Botschafter" erstellt.

  • Katharina Huber, 16, Schülerin am ABZ St. Josef in Salzburg, begegnet als Botschafterin der Erinnerung in New York der
  • Überlebenden Lisa Saretzky, 82, die auf dem letzten Kindertransport nach England entkommen konnte.
Die Bilder sowie der Film der Begegnung werden in den kommenden Wochen online gestellt.

Die Lebensgeschichte:

Lisa Saretzky - eine Überlebende der Judenverfolgung des 2. Weltkrieges.

Sie war eine von wenigen Juden, die den 2. Weltkrieg überlebt haben. 6 Millionen Juden mussten im 2. Weltkrieg und durch Hitler, weil er gesagt hat, Juden seien etwas „Böses“, sie gehören weg, sterben. Familien, Babys, Kinder, Mütter, Väter, ältere Leute mussten deshalb sterben. Plötzlich wurden alle Juden gehasst. Wenige gab es, die ihnen geholfen haben, doch retten konnten sie auch nur einige wenige. Viele kamen in KZ’s und mussten arbeiten bis sie starben, viele wurden sofort umgebracht. Niemand durfte Hitler widersprechen, sonst musste er mit dem Leben bezahlen. Doch Lisa Saretzky überlebte. Das Projekt „A Letter to the Stars“ befasst sich mit den Opfern des Holocaust. „A Letter to the Stars“ gibt es bereits seit vier Jahren und es wurden schon mehrer Projekte durchgeführt. Der Ermordeten gedenken, Luftballons mit Briefen an die Zukunft steigen lassen, Blumen an die letzten Adressen der NS-Opfer bringen, Kerzen vor dem KZ-Mauthausen entzünden.

Das jetzige Projekt heißt „Botschafter der Erinnerung“

30 SchülerInnen aus ganz Österreich, ich darunter, hatten die Chance nach New York zu fliegen, um Holocaust-Überlebende zu treffen, mit ihnen zu reden, ihre Geschichte zu hören um diese an die nächsten Generationen weiterzugeben.

"Meine Überlebende" ist Lisa Saretzky, geb. Rubin, eine Jüdin aus Wien, die 1939 aus Österreich vertrieben wurde. So nahm ich, bevor ich nach New York flog, Kontakt mit ihr auf. Ich schrieb ihr einen Brief und erzählte von mir. Auch telefonierten wir miteinander. Wir freuten uns auf unser Kennenlernen.

Am 10. April 2007 flogen wir nach New York, um einige der Überlebenden zu treffen. Wir stellten alle ein Paket der Erinnerung für die Überlebenden zusammen. Erinnerungen an Wien, persönliches von uns, Fotos, alle bekamen ein Buch über das Projekt „A Letter to the Stars“ für ihre Überlebenden.

Am 12. April 2007 war es soweit, ich durfte LISA SARETZKY endlich treffen. Ich war so aufgeregt und nervös, fragte mich, wie sie wohl aussehen wird, ob ich Fragen stellen sollte oder sie einfach erzählt, wie sie auf mich reagieren wird.

Doch ich musste mir keine Sorgen machen. Als ich sie im Museum of Jewish Heritage traf, war ich total glücklich. Wir stellten uns vor, setzen uns, aßen etwas und tranken Kaffee. Ihre beiden Töchter waren mitgekommen, weil sie mich auch kennen lernen wollten. Ich übergab ihr mein Paket und sie hat sich total gefreut. Auch ich bekam etwas und für meine Mutter hatte sie auch ein Geschenk. Wir haben zuerst über andere Dinge geredet. Dann fragte sie mich, was ich wissen wolle. Ich fragte, wie die Zeit für sie vor dem 2. Weltkrieg gewesen sei. Dann fing sie an mir ihre Geschichte zu erzählen.

Lisa würde 1925 in Wien geboren. Sie lebte mit ihren Eltern, ihrem Bruder in der Müllnergasse, im 9. Bezirk und besuchte die Schubertschule, eine Volksschule. Sie ging gerne zur Schule. Sie war nicht anders als jeder Mensch auf der Welt. Sie hatten bloß eine andere Religion, trotzdem war sie gleich wie ich, du oder wie jeder andere Mensch. Eines Tages während der Nacht veränderte sich das Leben aller Juden, so auch ihres. Plötzlich wurden sie gehasst, nicht jüdische Nachbarn hassten sie. Sie durften nicht mehr in die Schule gehen und auch in die Synagogen durften sie nicht mehr. Sämtliche Synagogen wurden zerstört. Die Menschen wurden gedemütigt, verachtet und bespuckt. Es tat ihr sehr weh. Freunde von ihr hassten sie plötzlich. Ihre Familie tauchte bei ihrem Onkel unter und überlegte, wie sie fliehen könnten. Ihr Vater wollte sie nicht gehen lassen, er hat oft versucht sich umzubringen. Er meinte „Lieber sterbe ich, als leiden zu müssen!“ Sein Onkel hat noch zu ihm gesagt: „Wenn du sie liebst, lass sie gehen!“

Für ihren Vater war es echt sehr schwer, auch für ihre restliche Familie, doch sie ließen Lisa gehen. 1939, im Alter von 14 Jahren, gaben sie ihre Eltern dem letzten Kindertransport nach England mit. Lisa und viele andere Kinder waren im Transport. Sie erzählte mir, dass eine Frau ihr einen Korb entgegen hielt und Lisa nahm ihn in die Hand, es waren 2 Babys darin. Lisa konnte fliehen.
In England angekommen, nahmen englische Familien all diese Kinder auf, nur Lisa Saretzky wollte keiner. Aber dann entschloss sich eine Familie, sie doch zu nehmen. Lisa erzählte mir, dass diese Familie, in der sie war, sie zwar nicht wirklich gut behandelt hatte, aber sie war ihnen trotzdem dankbar. Nach 9 Monaten verließ sie diese Familie, um nach New York zu gehen.
Lisa ist ein Mensch, der gibt, aber nicht nehmen will. In diesen 9 Monaten konnte auch ihr Bruder von Österreich nach New York fliehen. Auch ihre Mutter konnte nach New York fliehen. In New York fanden die drei wieder zusammen. Sie hoffte auch den Vater wieder zu sehen. Ein nicht jüdischer Freund wollte ihrem Vater helfen, aus Österreich weg zu kommen und mit seiner Familie wieder zusammen zu sein. Ihr Vater ging mit ihm in die Stefanskirche um zu beten. Sie zündeten Kerzen an und sein Freund betete für ihn, dass er zu seiner Familie komme. An diesem Tag sagte er: „Wenn ich meine Familie nie wieder sehe, bringe ich mich um.“ Eines Tages hatte auch er die Chance zu fliehen. Mit einem Transport kam er raus aus Österreich. Doch plötzlich gab es ein Problem, der Zug wurde mehrmals von Nazis kontrolliert. Sie spielten immer das Spiel 1,2,3 weg, 4,5,6 weg usw. Lisas Vater war niemals der 3. oder 6., immer wieder hatte er Glück und kam durch. Er konnte fliehen.
In New York fand sich die ganze Familie wieder. Sie lebten glücklich weiter, aber vergessen konnten sie die schreckliche Zeit niemals. Lisa hatte viele Probleme in der Zeit zwischen ihrer Flucht und dem Zusammentreffen mit ihrer Familie. Lisa lernte einen Mann kennen, den sie dann auch geheiratet hat. Nach ein paar glücklichen Ehejahren starb ihr Mann an Krebs. Später lernte sie wieder einen Mann kennen, heiratete ihn und hatte mit ihm 3 Kinder, 2 Töchter und einen Sohn. Sie führen ein glückliches Familienleben. Ihr Mann wird bald 100 Jahre alt und lebt in einem Altenheim. Lisa liebt ihren Mann noch immer, besucht ihn jeden Tag und ist sehr glücklich. Mittlerweile hat sie eine Katze - damit sie nicht so allein in so einem großen Haus leben muss. Alle ihre Kinder sind verheiratet und haben selbst auch Kinder. Sie erzählte mir, dass ihr Sohn eine nicht jüdische Frau liebt, doch Lisa ist trotzdem glücklich mit ihrer Schwiegertochter. Sie mag sie total gerne und stört es überhaupt nicht, dass sie keine Jüdin ist. Eines Tages erzählte sie ihr ihre Geschichte, wo und wie sie in Wien gelebt hat und flog mit ihr und ihrem Sohn extra nach Wien um ihr einiges zu zeigen. Die Freundin des Sohnes war so erstaunt, da sie dies alles nicht wirklich genau wusste und hat kurz darauf beschlossen Jüdin zu werden. Für all die 6 Millionen Juden-, die sterben mussten, wollte sie Jüdin werden, damit auch ihre Kinder Juden sind. Das hat mich total berührt.

Meine Meinung dazu: All das - was damals passiert ist - ist so schrecklich, dass es sich niemand vorstellen kann. Was in den Geschichtsbüchern steht bzw. im Unterricht erzählt wird klingt gar nicht so schlimm, oder geht einem nicht so nahe. Aber wenn man eine Holocaust- Überlebende trifft und sie erzählt, was sie erlebt hat, da begreift man erst das unermessliche Leid, das diese Menschen erfahren mussten. Dass es überhaupt Menschen wie Hitler geben kann, konnte ich mir anfangs nicht vorstellen, aber jetzt schon. Ein Mensch, der mal so nebenbei von heute auf morgen sagt, dass Juden nichts Wert seien und weggehören, ist echt kriminell. Das ist krank! Jeder Mensch ist gleich, keiner hat das Recht dazu andere schlecht zu behandeln, wirklich niemand. 6 Millionen Juden mussten wegen Hitler und dem 2. Weltkrieg sterben. Ich hoffe, dass so etwas nie wieder passieren wird. Es gibt überall Menschen, die sich nicht verstehen, aber man sollte sich trotzdem akzeptieren.

Ich traf auch einige andere Überlebende und einer sagte zu uns, dass er zwar uns und unsere Eltern nicht hasst, aber unsere Großeltern/Urgroßeltern. Er meinte auch, er wolle es ihnen nie verzeihen, was sie ihm damals angetan haben. Das hat viele von uns verletzt. Ich weiß, - er hat damals viel Schreckliches erlebt, auch andere, aber niemand hat das Recht zu sagen unsere Großeltern/Urgroßeltern seien „schuld“. Denn viele von den Österreichern und Deutschen mussten diese grausamen Dinge mitmachen, weil sie keine andere Wahl hatten. Ich meine Menschen, die sich einem Befehl widersetzten, mussten dies mit dem Leben bezahlen. Deshalb haben nur wenige „Mutige“ sich getraut zu widersprechen. Ich würde sagen, die konnten auch nicht anders Es war eine schreckliche Zeit damals, aber jetzt ist es vorbei. Viele sagen, es wird wieder kommen so eine schreckliche Zeit, viele sagen, so etwas passiert nie wieder. Es ist aus und vorbei, doch im Herzen ist es ein großer Schmerz und Trauer.

Doch Österreich hat sich nicht wirklich verändert:

Es gibt noch viele - die Ausländer, Juden hassen.

Viele, die diese demütigen!

Viele Neo-Nazis, die das gefährliche Gedankengut wieder aufleben lassen.

Noch so viel Hass . . . .

Ich wünsche mir, dass es nie wieder Kriege gibt und dass alle Kriege auf der ganzen Welt aufhören sollen.

Österreich ist nicht das beste Land, es hat seine Fehler und Makel, aber ich bin froh eine Österreicherin zu sein und ich bin dankbar, dass ich Lisa Saretzky und ihre Lebensgeschichte kennen lernen durfte.

Zum Abschluss ein Gedicht:

Ich hoffe, dass es nie mehr so einen Menschen wie Hitler gibt, der Konzentrationslager einführt und Menschen für sich sterben lässt!
Ich wünsche mir, dass es nie wieder Kriege gibt!
Ich hoffe, dass die Menschen aus ihren Fehlern lernen!
Ich wünsche mir, dass es keine Terroristen, Diebe oder Mörder mehr gibt!
Ich hoffe, dass in Zukunft keine Menschen und auch keine Tiere mehr sinnlos getötet oder ermordet werden!
Ich wünsche mir, dass alle Menschen friedlich miteinander leben, egal von welchem Volk sie abstammen!
Ich wünsche mir eine Regierung, die die Wünsche der Menschen auch erfüllen kann und die nicht immer nur an Krieg denkt!
Ich hoffe, dass die Kriege, die zurzeit stattfinden, bald wieder aufhören und nie wieder anfangen!

Wenn ihr alle das gleiche seht,
doch keiner es versteht,
würdest du darüber lachen?
Oder ganz andere Sachen machen?
Die, denen vor lauter Hunger und Not,
sie schon erwartet der frühe Tod!
Würdest du ihnen zu essen geben?
Um ihnen zu retten ihr trauriges Leben?

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