Die letzten Zeugen - Das Buc

ALICE ADLER


 
 

Diese Geschichte wurde im Projekt "Botschafter" erstellt.

New York – Eine unvergessliche Reise

Wie Jutta Klikovits ihre Begegnungs-Reise nach New York erlebte.

Meine Nervosität am 10.4. war nicht zu stoppen, tausende Fragen schwirrten mir durch den Kopf. Wie werde ich eine Woche mit meinen Mitreisenden auskommen, freut sich meine Überlebende mich zu sehen? Diese Nervosität machte mir schwer zu schaffen, doch am Flughafen angekommen, wurde ich so herzlich von einer Mitreisenden begrüßt, sodass die ersten Zweifel schnell vergingen und auch die übrigen waren bis zum Abflug bald verschwunden. Den fast neunstündigen Flug überstand ich gut, da ich die meiste Zeit geschlafen habe. In New York angekommen, ging die Reise sofort mit einem Bus weiter zu unserem Hostel. Der erste Anblick des Hostel war nicht gerade überzeugend, denn außer einem riesengroßen Baugerüst und einer weißen Abdeckung konnte man nichts sehen, unsere Jugendherberge wurde nämlich gerade renoviert. Kaum hatten wir unsere Koffer ausgepackt und uns in unseren Zimmern etwas eingerichtet, die entweder Zwölf- oder Sechsbettzimmer waren, machten wir uns mit der ganzen Gruppe auf den Weg zum Times Square. Die erste Nacht war für alle sehr unruhig wegen der Zeitumstellung und alle waren ziemlich froh, dass wir den Mittwochvormittag frei hatten.

Fast den ganzen Nachmittag verbrachten wir dann in einer Synagoge, wo wir Teil eines Treffens von Self-Help waren. Dort waren zirka 40 jüdische Holocaustüberlebende, die uns voller Freude empfingen und uns ihre Geschichten erzählten, wobei sie eher von ihrem heutigen Leben erzählen wollten, als von ihrem damaligen in Österreich. Ich lernte dort drei ältere Männer kennen, die einfach auf mich zugekommen sind, begonnen haben über ihr Leben zu berichten und mit denen ich auch noch nach New York Kontakt habe. Nach dem Aufenthalt bei Self-Help hatten wir einen Vortrag im Leo Baeck Institut, das sich mit dem jüdischen Glauben und mit den Überlebenden auseinandersetzt.

Am darauf folgenden Tag besuchten wir das Museum of Jewish Heritage, wo wir zuerst an einer Führung über die Zeit der Juden im 2.Weltkrieg teilnahmen und danach trafen wir zum ersten Mal unsere Überlebenden bei Kaffee und Kuchen und einem tollen Ausblick auf die Freiheitsstatue. Ich hatte jedoch an diesem Tag nicht das Glück „meine“ Überlebende Alice Adler zu treffen, doch verbrachte ich am nächsten Tag, dem Freitag, den ganzen Nachmittag bei ihr zu Hause, während die übrigen Schüler einen „Jewish Walk“ durch die Lower East Side machten.

Mein Besuch bei Alice war nicht wie ein Besuch bei einer Fremden, sondern viel mehr ein Besuch bei einer Freundin oder meiner Großmutter, die ich zum ersten Mal sehen konnte. Sie begrüßte mich so herzlich und bei einem kleinen Imbiss erzählte sie mir ihre Lebensgeschichte und noch viel lieber erzählte sie mir von ihrem heutigen Leben, ihrem Sohn und ihrer Enkeltochter.

Den Samstag starteten wir mit dem Besuch einer Sabbathfeier, wo Männer und Frauen getrennt saßen, und dabei lauschten wir den jüdischen Gesängen. Im Anschluss an die zweistündige Feier folgte ein koscheres Essen, welches ziemlich lecker war, mit allen, die an der Messe teilgenommen hatten. Nach diesem Aufenthalt, besuchte ich mit vier anderen Schülern Peter Kollisch, den ich einige Tage zuvor kennen gelernt und der mich zu sich nach Hause eingeladen hatte, wo er uns viele lustige und interessante Geschichten aus seiner Jugend in Österreich erzählte. Den Abend verbrachten ein Teil der Gruppe im Marriot Hotel, wo wir in einem drehenden Restaurant Cocktails schlürften und dabei ganz New York betrachten konnten.

Teil der Gedenkfeier der Yom Ha Shoah waren wir am Sonntagnachmittag, doch die Hinreise zu dieser Feier machte uns schwer zu schaffen, denn es schüttete sehr stark und wir waren alle ziemlich nass und erfroren, doch die wunderschöne Gedenkfeier ließ mich die Kälte einigermaßen vergessen und rührte mich auch etwas zu Tränen, da sie mir so ans Herz ging.
Den vorletzten Tag hatten wir ganz für uns allein und konnten ihn so einrichten wie wir wollten. Ein paar Schüler und ich fuhren mit Martin, auch einem Schüler, zu „seinem“ Überlebenden und hatten dort eine Wiener Jause, wo wir mit ihm und einem burgenländischen Überlebenden plaudern konnten. Den letzten gemeinsamen Abend feierten wir in einer Karaokebar bis spät in die Nacht und alle genossen diese gemeinsamen Stunden, auch wenn es die letzten waren.
Am darauf folgenden Dienstag, dem 17.4. war es nun so weit, es hieß Abschied nehmen von New York, denn um elf Uhr mussten wir aus den Zimmern ausziehen. Die restliche Zeit bis zur Abreise zum Flughafen um drei Uhr verbrachte ich mit vier anderen beim Erkunden unserer Gegend und des Central Parks. Nach dieser Erkundungstour ging es dann zum Flughafen, wo wir mit etwas Verspätung um 18:30, statt um 17:55 Uhr abgeflogen sind. Der Heimflug verging nicht ganz ohne Turbulenzen, doch bekam ich von denen nicht viel mit, weil ich wieder einmal die meiste Zeit geschlafen habe. Mehr als acht Stunden später kamen wir dann endlich in Wien an und wurden dort von unseren Eltern schon sehnlichst erwartet.

Auch wenn ich die Zeit in New York genossen habe und gerne noch zwei, drei Tage länger geblieben wäre, um New York noch besser kennen zu lernen, war ich sehr glücklich wieder zu Hause zu sein, österreichisches, gutes Essen zu genießen und mein altes Bett wieder zu haben. Das einzige was mir wirklich sehr abgeht, sind meine neu gewonnen Freunde, die ich jetzt für längere Zeit nicht sehn werde, doch hoffe ich sehr, dass ich auch weiterhin mit ihnen in Kontakt bleibe. Ich bin jedoch nicht nur froh über meine neuen Freunde, ich freue mich auch darüber Alice endlich kennen gelernt zu habe, denn nun bin ich auch ein Teil ihrer Geschichte und werde mich bemühen diese nie zu vergessen und sie auch für die anderen unvergesslich zu machen.

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