OE1-Beitrag
Lilly Bick wurde am 29. 7. 1928 in Wien geboren. 1938 musste sie im Alter von zehn Jahren nach Shanghai auswandern.
Andrea Kocher, Marion Rohregger, Sarah Christine Kürsten, Theresa Strobl, BG St. Johann im Pongau, schrieben ihre Geschichte nieder.

Leider hat unser Brief Frau Lilly Bick nicht mehr erreicht ...

Sehr geehrte Frau Lilly Bick!

Wir sind vier Schülerinnen aus dem Gymnasium St. Johann/Pongau und beteiligen uns an dem Projekt "A Letter To The Stars". In diesem Projekt geht es darum, mit Menschen, die den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust überlebt haben, Kontakt aufzunehmen.
Ich heiße Andrea Kocher. Ich mache bei diesem Projekt mit, weil es mich interessiert, wie es den Leuten zu dieser Zeit erging.
Mein Name ist Marion Rohregger. Ich nehme an diesem Projekt teil, weil ich es interessant finde und gut, dass man mittlerweile über den Zweiten Weltkrieg offen spricht
Ich heiße Sarah Christine Kürsten. Ich mache beim Projekt "A Letter To The Stars" mit, weil wir in der Schule an diesem Projekt teilnehmen und ich gerne etwas über die damalige Zeit wissen möchte. Mich interessiert es sehr, und ich hoffe, Sie können mir und meinen Freundinnen wichtige Informationen schreiben.
Mein Name ist Theresa Strobl. Ich freue mich sehr, Sie kennen zu lernen und mit Ihnen in Kontakt zu treten.
Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns eine Antwort auf diesen Brief schicken!
Mit freundlichen Grüßen, Andrea, Marion, Sarah & Theresa

Leider hat unser Brief Frau Lilly Bick nicht mehr erreicht, denn sie ist im Jänner 2004 gestorben. Aber Henry Bick, der mit Lilly 50 Jahre verheiratet war, erklärte sich bereit, uns über das Leben seiner Frau zu erzählen.
Henry Bick ist gebürtiger Berliner, war in sechs verschiedenen Konzentrationslagern in Deutschland und Polen, verlor seine gesamte Familie und kam 1947 mit 18 Jahren ganz allein nach New York.
Dort lernte er Lilly kennen und lieben, sie heirateten 1953.
Lilly Bick (mit dem Geburtsnamen Teri)  kam am 27. Juli 1928 in Wien zur Welt und lebte mit ihrer Familie in der Köstlergasse 1.
Ihr Vater Richard Teri arbeitete bei der Creditanstalt und wurde, da er Jude war, 1938 entlassen. Die Familie beschloss im Dezember 1938 auszuwandern, hatte damals aber keine große Auswahl, denn ohne Visum konnte man nur nach China gehen.
Lilly war zehn Jahre alt, als sie in Shanghai ankam, und da sie keine englischen Sprachkenntnisse hatte, musste sie eine Schule mit vier- bis sechsjährigen Kindern besuchen, um die Sprache zu erlernen.
Die Verhältnisse in Shanghai waren entsetzlich, Menschen verhungerten, zu fünft lebten die Leute in einem Zimmer ohne Toilette und Wasser. Wenn man kochen wollte, musste man auf die Straße gehen, um von den Chinesen heißes Wasser zu kaufen.
Nach der Schule arbeitete Lilly, da die Eltern sehr besorgt darüber waren, dass sie einen Beruf erlernt. Man hatte ja gewusst, dass man nicht das ganze Leben in Shanghai verbringen wird. Als gegen Ende des Krieges die Amerikaner nach China kamen, hatte Lilly für die Armee gearbeitet. Sie sprach perfekt Englisch und war sehr gut in Kurzschrift.
Mit der Machtübernahme Chinas durch die Kommunisten mussten alle Flüchtlinge das Land verlassen. Da die österreichische Einwanderungsquote sehr klein war, gingen fast alle nach Palästina. Das Leben dort war sehr schwer, da die Engländer so viel mit den Arabern zu tun hatten, waren sie nicht in der Lage, den Shanghai-Flüchtlingen zu helfen. Diese lebten in Zelten in der Wüste und hatten fast nichts zu essen.
Zwei Jahre später, im Jahre 1949, kehrte Lilly mit ihrer Familie nach Wien zurück und ihr Vater erhielt bei der Creditanstalt wieder seine Stelle, die ein Nazi innegehabt hatte.
Lilly arbeitete bei der International Refugee Organisation IRO und da in Wien kaum jüngere jüdische Männer lebten, hatte sie 1951 die Idee, nach New York auszuwandern.
Ihre Eltern blieben in Wien und wohnten in der Spitalgasse.
In New York hatte sie viele Freunde aus Shanghai, es bildete sich eine Gruppe von Shanghaiern (ca. 20 Personen), die bis heute zusammenhalten. Fast alle zwei Jahre haben die Shanghaier ein Treffen in verschiedenen Städten. Lilly lebte mit ihrer Freundin Dita in einer Wohnung und bekam sofort eine Stellung im Office.
Henry Bick lernte Lilly in New York kennen, sie heirateten 1953, gründeten eine Familie und kauften sich ein sehr schönes Haus.
Sie kamen oft, mindestens 35 Mal, zu Lillys Eltern nach Wien und fuhren mit ihnen auf Urlaub nach Italien, Deutschland, Paris etc. Die Eltern starben 1996.
Henry vermisst Lilly sehr, "denn wir zwei waren wie eine Person".

Andrea Kocher, Marion Rohregger,
Sarah Christine Kürsten, Theresa Strobl, BG St. Johann im Pongau